Man könnte jetzt einen brutalen Verriß starten, aber seien wir doch mal hölich und...honorieren den Versuch.
Es gehört schon ein bißchen Mut dazu, eine relativ unspektakuläre Reihe äußerst populärer Teenager- und Jungleserliteratur in eine Filmversion umzumodeln, dabei auf gängige Blockbusterschemata a la „Harry Potter“ zu verzichten und zu hoffen, daß die zahllosen Fans von Stephanie Meyer trotzdem die Kinos stürmen.
Rein finanziell hat sich das Risiko ausgezahlt, denn der Film ist definitiv der Kassenschlager des Jahres, gemessen an Budget und Erwartungen und wird mit Sicherheit als Start einer Filmreihe fungieren.
Für den „Chapeau!“ mangelt es leider an vielen Ecken und Enden, aber wie der Film sich eher „hinter die Stühle setzt“, ist schon beachtenswert.
Die Story an sich ist „Schmachtfetzen mit Horrortouch im Rausch der Gefühle“ pur: ungewöhnliche Teenagerin zieht zu ihrem Dad in ein wolkenverhangenes Nest am Meer und verknallt sich in einen gutaussehenden Vampir, der samt seiner Familie den blutsaugerischen Vegetarismus zelebriert, d.h. es werden nur Tiere gerissen. Der Galan ist schnieke, ziemlich bleich, verzichtet auf die Eckzähne und funkelt im Sonnenlicht wie eine Dose „Poliboy“, weswegen Schlechtwetter bei der Family auch so angesagt ist. Und Menschenkind und Vampir machen natürlich sofort eine „Endless-Love“-Kiste auf – wieso auch nicht.
So einen süßen Schmonz kann man nur hochglanzpoliert vermarkten oder – wenn man Eier hat – nimmt man sein 37-Mio.-Budget und investiert es mal ganz anders, nämlich mit einem brachialen Realismus.
Natürlich-ausgebleicht kommen die Bilder daher, untypisch das Verhalten sämtlicher amerikanischen Teenager, die wie in Wirklichkeit im Hormonrausch eher nach Wort- und Satzfetzen suchen, anstatt sich pointierte Dialoge an den Kopf zu werfen, sperrig die Bilder, langsam die Erzählweise, nur behutsam gesetzt der Humor. Eine volle Stunde (von zwei) nimmt sich die Story Zeit, um (selbst bei Buchunkenntnis) das Offensichtliche endlich mal auszuformulieren: Edward ist ein Vampir und die Beziehung darob höchst gefährdet. Das Teenagerleben ist nun mal nicht leicht und weil der Freund nicht schläft, anders ißt und Gedanken liest, muß man sich schon mal umstellen.
Das ist nicht schlecht, wenn die Story vielleicht noch ein wenig mehr hergegeben hätte, ein bißchen mehr Plot, mehr Action, mehr Bedrohung. Letztere taucht zwar zwischendurch und dann in der zweiten Hälfte mal auf, aber von dem unheiligen Trio echter beißfreudiger Lutscher verabschiedet sich einer dann doch auf französisch, eine wird für Teil 2 warmgehalten und der Dritte im Bunde ist für einen derart postmodern-unspektakulären Höhepunkt verantwortlich, daß man auf die Pinkelpause verzichten sollte, will man seinen Abgang miterleben.
„Twilight“ ist da noch ganz Figuren- und Situationseinführung, der ganze Film wirkt wie eine Menagerie-Etablierung für kommende Stories.
Aber wenn wir von „Buffy“ verwöhnten Vampirliebhaber uns schon auf so eine sperrige Simpel-Story einlassen, dann wollen wir auch was geboten bekommen. Und „Twilight“ liefert einfach nicht so recht. Wirklich Spannung läßt der dürftige Plot ja nicht zu, richtig in Bedrängnis gerät die nette Familie vielleicht eine knappe halbe Stunde und am Ausgang zweifelt man zu keiner Sekunde.
Aber viel enttäuschender wirken sich Mängel in dem Bereich aus, der als Hauptauszeichnung fungieren sollte: der Romanze.
Geradezu beeindruckend hölzern, gestelzt und lächerlich eckig kommen die „leidenschaftlichen“ Wortwechsel daher, ewige Pause, bedeutungsschwangere Phrasen, die von der Story und den Figuren schlicht und ergreifend nicht mit Leben erfüllt werden können. Da ist keine Spannung, keine echte Emotion, es wird uns nur erzählt, daß sie sich verliebt haben – allein glauben kann und will man es nicht.
Das verhindert schon das Voiceover von Bella, das die interessantesten Details vorwegnimmt und in der künstlichen Darstellung des Realen gab es offenbar die umfassende und dauerhafte Regieanweisung, in JEDER Gesprächsszene dem jeweiligen Gegenüber mit halb offenem Mund zu lauschen.
Das soll wohl Leidenschaft, Hingerissenheit, Atemlosigkeit simulieren, wirkt aber nach fünf Minuten leider nur noch ein bißchen grenzdebil bis zurückgeblieben und nervt in akuter Zähigkeit mit jeder Sekunde mehr.
Dazu funktioniert trotz aller Mühe bei der Schauspielerwahl ausgerechnet „Heartthrob“ Edward nur zeitweise.
Wenn er das erste Mal aus dem Auto steigt und sich dem Publikum als eine Mischung aus Gothic-Look, James-Dean-Lookalike und David Bowie in seiner schwulen Phase zeigt und eine Mitschülerin über sein gutes Aussehen skandiert, provoziert das bei allen im Publikum über 16 mit großer Wahrscheinlichkeit ein brüllendes Gelächter. So sorgfältig anders die Vampire daherkommen, es ist die meiste Zeit zu sehr „gewollt“ und Robert Pattinsons („Cedric Diggory“ im vierten Harry-Potter-Film) bewegtes Mienenspiel (aka Mundverziehe und Augengerolle) ist kaum zu Höchstleistungen angetan. Nur gut, daß bei dem schrägen Look kein Backfisch darauf achten wird – Mädels, die Poster gehören übers Bett!
Man will dem Film trotzdem nicht recht böse sein, gerade das Abseitige wird den Teenagern gefallen wie nichts Gutes und die interessiert eine Filmkritik so wenig wie der Nahostkonflikt. Ab dem Alter der Volljährigkeit dünnt das fanatische Publikum aber vermutlich erheblich aus und was vorher zu Herzen geht, wirkt einfach nur noch bemüht und albern. Zu sparsam geht man den mäßigen Spezialeffekten um (jede TV-Episode hat heutzutage mehr und bessere), zu wenig Action (außer etwas Herumgespringe und Wirework), zu wenig Drive und Frische für die Masse.
An der Kasse werden der Film und seine Fortsetzungen trotzdem keinen Schaden nehmen, aber vorgewarnt sollte man sein: 8/10 für Jugendliche, für Erwachsene die Hälfte. Verkehrte Welt, so haben’s die Macher wohl auch geplant. (4/10)