Was für eine Granate. Mist, ich finde keinen passenden Einstieg, um über Vidocq zu schreiben. Ups, da isser ja. Habe mir am Wochenende die Blu-ray angeschaut und der Film ist einfach spitze. Wenn man ihn filmisch zerlegt, weißt er sicher einige Schwächen auf, aber als Gesamtkonzept ist dies einer der konsequentesten Filme überhaupt.
Vor allem visuell ist Vidocq eine Wucht. Natürlich ist es verständlich, wenn dem Betrachter die visuelle Überfrachtung irgendwann zu viel ist, aber ich konnte mich kaum satt dran sehen. Der Film ist wie ein Eis, von dem man sich wünscht, das es nie alle wird. Erst wenn der Bilderrausch zu Ende ist und das Bild schwarz wird, kommt man doch langsam auf den Trichter, dass es genug war.
Das Bild der Bluray ist knackig scharf, sehr plastsch und unterstützt die digitale Technik hervorragend. Pitof braucht kein Drehbuch, um diesen Film von anderen abzuheben, das übernimmt alleine die Optik. Auch der Schnitt passt hervorragend zum Spiel mit Farben und Kameraeinstellungen. Ok, einige Nahaufnahmen der Gesichter hätte man sich schenken können - dennoch, so etwas wie Vidoqc gabs zumindest auf meiner Leinwand noch nicht zu sehen.
Einige bemängeln hier das eher schwache Drehbuch oder die lustlosen Schauspieler. Dem kann ich nicht beipflichten, doch selbst wenn es so wäre, das Bild (Form) macht hier den Inhalt tatsächlich wett. Dennoch: Ich fand den Film sehr spannend. Bis zum Ende bleibt es relativ offen, wer der Mörder ist, nur wenige Hinweise (und das nach etlichen Sherlock-Holmes und Hercule-Poirot-Filmen) lassen erahnen, wer sich hinter der Maske des Alchimisten versteckt. Dabei spielt das Motiv für die Morde und der gesamte Hintergrund des Alchimisten die kleinste Rolle. Das entpuppt sich vielleicht als größte Schwäche des Films: Der Alchimist und seine Anhänger suchen die ewige Jugend, naja, blablabla. Hierin ist kaum ein Hinweis auf den Mörder zu finden, eher darin, wer was und wie viel wissen möchte.
Eingebettet wird die Story in die Unruhen in Paris. Das verstärkt das unruhige Gefühl, das auch durch die Inszenierung erzeugt wird und lenkt ein wenig von der reinen Krimihandlung ab und erklärt, weshalb die Polizei relativ halbherzig den Mörder Vidoqcs sucht.
Vidocq ist ein toller Bilderrausch, der es vermeidet, durch ein zu anspruchsvolles Drehbuch von sich abzulenken. Der Film ist spannend bis zum Schluss und hält auch einige Twists bereit. Die CGI-Effekte empfand ich nicht als störend, weil sie sich in die teilweise surreale Bildgestaltung gut einfügen, denn in Vidocq wirkt sowieso nichts wie in der "Realität". Tolles Unterhaltungskino in brillanter Optik, die den Sehrnerv auch gerne mal an seine Grenzen bringt. Auch der überzeugende Cast macht Vidocq zu einem tollen französischen Filmerlebnis.
8,5/10