Vive Vidocq!
Für mich ein ganz klares Highlight des Filmjahres 2002. Sicher, der Schwerpunkt liegt hier mehr auf Style als auf Story. Aber da auch die Story an sich einiges hergibt und vor allem gut erzählt wird, unterhält der Film blendend - im wahrsten Sinne des Wortes, denn vom Visuellen her ist VIDOCQ ein einziger Rausch. Phantastische, teils epische Einstellungen, rasante Schnitte und Fahrten, wirklich grandiose Bauten: jede einzelne Szene des Films wirkt wie ein lebendes Kunstwerk.
In der Eröffnungssequenz sehen wir, wie Vidocq (Gerard "Ich bin zwei Öltanks" Depardieu) in einen tiefen, feuerspeienden Schacht stürzt, nachdem das mysteriöse Phantom in der Spiegelmaske, der ALCHEMIST, ihm endlich seine Identität offenbart hat. Frankreich ist geschockt, hat es mit Vidocq doch einen Volkshelden verloren, dessen Karriere (vom gesuchten Verbrecher über den Einstieg bei der Polizei bis zu seiner Entlassung und Gründung einer Privatdetektei) und unkonventionelle Ermittlungsmethoden seit dem Beginn der Revolution Thema von Frankreichs Schlagzeilen war. Und er schien der einzige zu sein, der in der Lage war, das Rätsel um die mysteriösen Morde, die das Spiegel-Phantom begeht, zu lösen.
Unmittelbar nach seinem Tod macht sich ein junger Kerl, Typ Landei, der an einer Vidocq-Biographie arbeitet, auf, die Hintergründe seines jüngsten Falles und seines Todes zu klären. Dazu befragt er die unterschiedlichsten Personen, die hier eine Rolle spielten - von Vidocqs Ex-Partner über skurrile Zeugen hin zu Tatverdächtigen. Die Geschichten, die diese Personen erzählen, erleben wir als voneinander unabhängige Rückblicke, dazwischengeschnitten immer wieder der Rechercheweg des jungen Schreiberlings. Diese Erzählweise tut dem Film gut, denn sie beleuchtet das Geschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln, verschafft dem Zuschauer immer wieder eine Atempause, und bietet die Möglichkeit, viele verschiedene Charaktere einzuführen, die aufgrund ihrer subjektiven Perspektive, die der Film jeweils übernimmt, allesamt in gleichem Maße (un)verdächtig erscheinen, das Phantom zu sein.
Im großen Finale erfährt dann auch der Zuschauer endlich, was hinter dem Mysterium steckt - und auf dem Weg dorthin erleben wir Special Effect auf Special Effect, Kampfszene auf Kampfszene, Rätsel, Geheimnisse, Spannung und Action in atemberaubenden Settings.
Der Pulsschlag des Films ist wirklich extrem hoch - und gäbe es nicht die Story und die interessante Art der Erzählung, so könnte man fast an Reizüberflutung eingehen. So aber ist VIDOCQ Unterhaltung der Güteklasse A: rauschhaft, schnell, wunderschön, spannend und extrem unterhaltsam. Falls irgend möglich: im Kino sehen. Der Film braucht die große Leinwand.