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Unsäglich viele Kriegshelden hat das US-amerikanische Kino schon hervorgebracht, - durchzogen von schier unantastbarem Patriotismus und ausschweifendem Pathos.
Da kommt ausgerechnet eine Frau in Form von Kathryn Bigelow und zeigt auf Grundlage des Kriegsjournalisten Mark Boal, wie so ein Streifen über den Einsatz im Irak auszusehen hat: Ungeschönt und ohne Partei zu ergreifen.

Die Erzählung über das amerikanische Bombenräumkommando anno 2004 in Bagdad hat es wahrlich in sich, denn anhand der Spezialisten Sanborn (Anthony Mackie) und Eldridge (Brian Geragthy) wird deutlich, wie wichtig Teamplay in so einer Einheit ist und ihr neuer Vorgesetzter William James (Jeremy Renner) ist alles andere teamfähig…

Bigelow wirft den Zuschauer geradewegs ins Kriegsgeschehen zur Entschärfung einer Bombe mit ferngesteuertem Roboter. Als dieser versagt, wird innerhalb weniger Momente deutlich, dass die pure Angst der ständige Begleiter der Soldaten ist.
Ohne sich länger in unnötige Nebenhandlungen zu verstricken, gelingt eine recht präzise Charakterisierung der drei Hauptfiguren, welche aus dem Zusammenspiel untereinander hervorgeht. Und vor allem aus den durchweg prekären Situationen im Kriegsalltag.
Dabei gehen alle drei als Sympathieträger durch, weil ihr jeweiliges Verhalten aus den Erfahrungen in lebensgefährlichen Situationen resultiert und man niemanden einen Vorwurf machen kann, die eine oder andere Entscheidung zu fällen, die ein Kamerad vielleicht anders getroffen hätte.

Anhand von Gruppenführer William James wird deutlich, dass die Bombenentschärfungseinsätze zur Isolation führen und es kaum mehr möglich machen, ein Leben in der Welt außerhalb des Kriegstreibens aufzunehmen. Das wird ferner durch eine Sequenz unterstrichen, in der James im Alleingang Nachforschungen antritt und sich inmitten der befremdlich anmutenden Zivilisation wieder findet.
Man könnte auch sagen: Sobald es für die Soldaten persönlich wird, laufen sie Gefahr außerhalb des Teams und ihrer Entschärfungsarbeiten die Kontrolle zu verlieren.
Treffend heißt es da zum Einstieg: Krieg ist eine Droge.

Wie stark man als Zuschauer in den Sog der Kriegsschauplätze gerät, unterstreicht vor allem die erstklassige Kamera, die oftmals die Sicht der Soldaten einnimmt und daraus seine intensive Spannung schöpft.
Ein Beobachter auf einem Turm, - ein harmloser Zivilist oder vielleicht ein Aufständischer mit Handy in der Tasche, der per Fernzünder eine Bombe aktivieren könnte. Potentielle Feinde lauern an allen Ecken und undurchsichtigen Winkeln. Jeder könnte ein Selbstmordattentäter sein und Kamera, als auch Schnitt verstehen es, diese hektischen Blicke der Protagonisten adäquat zu übermitteln.
Selbst wenn der Gegner in der Wüste rund 800 Meter entfernt in einem kleinen Gebäude lauert, fängt die Kamera die Fliege im Gesicht des Scharfschützen ein und visualisiert die mit schonungsloser Detailverliebtheit eingefangene Authentizität der Kriegseinsätze.

Man ist also mittendrin und es gibt kein Gut und Böse, sondern nur die Brutalität des Krieges, dessen latenter Adrenalinrausch sich unweigerlich auf den Zuschauer überträgt.
Somit ist Bigelow mit ihrem Team ein kleiner Geniestreich gelungen, denn mit präzisem Handwerk in Kombination mit einer unpathetischen Vorlage ist man ganz nah bei den Helden, die eigentlich keine sind. Und dennoch fiebert man dauerhaft mit, da jede Bewegung, jede schnell getroffene Entscheidung die letzte sein könnte.
Überzeugend gespielt, dicht inszeniert und mit viel Wucht auf den Punkt gebracht,
8,5 von 10

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