Review

Ich mag keine Blindkäufe und tätige sie daher nur sehr selten. Meistens weiß ich nach was für Filmen ich gucken will. Als es aber neulich ans umtauschen eines Weihnachtsgeschenks ging waren vorher wohl plündernde Horden im Laden, denn das Angebot an guten Filmen war überschaubar.
2009 hatte ich mal einen Bericht über Tödliches Kommando gesehen und demnach sollte der Film wohl so etwas wie eine kleine Perle sein. Also die DVD mit einem etwas mulmigen Gefühl mitgenommen.

Tödliches Kommando, das erinnert mich vom Titel her an die B-Actionfilme der 80er Jahre und ich erwarte nicht unbedingt einen – ich sage es schon vorab – extrem fesselnden Kriegsfilm dahinter.

Wir brauchen keine neuen Anti-Kriegsfilme mehr die uns sagen das Krieg verwerflich ist, davon gibt es seit Jahrzehnten mehr als genug. Das dachte sich wohl auch Kathryn Bigelow, die bereits Spitzenfilme wie Gefährliche Brandung oder Strange Days hervorgebracht hat, als sie die Berichte des Drehbuchautors und Reporters Mark Boal hörte und daraufhin beschloss diesen Film zu drehen.
Besagter Mark Boal war, wie man aus dem Bonusmaterial erfährt, selbst für einige Zeit im Irak und wirklich an der Seite eines solchen Bombenkommandos. Von daher kann man diesem Film eine gewisse Authentizität gewiss nicht absprechen.
Es wurde schon kritisiert, der Film hätte keine richtige Aussage. Doch, die hat er schon. Es ist nur nicht die übliche bei solch Filmen, wo hoch trabend die Moralkeule geschwungen oder man auch als Nicht-Ami unweigerlich die Nationalhymne singen möchte, weil der Film vor Patriotismus trieft und ich glaube man hat dem Zuschauer auch einen gewissen Interpretationsspielraum gelassen.
Der Film zeigt wie sich Männer, oder generell Menschen, in und durch ständige Extremsituationen verändern, welch geistige Wandlung sie durchleben und wie Gefahr zu einer Droge werden kann von der sie nicht mehr los kommen, sich immer wieder selbst neu beweisen müssen weil sie dies im richtigen Leben nicht können und dort nun eben nur kleine Lichter unter vielen sind.
Er stellt sich auch nicht auf eine bestimmte Seite sondern beleuchtet das Szenario Nahost-Konflikt ausgewogen. Tödliches Kommando zeigt die Dinge so wie sie sind: Das eben nicht alle Araber schlecht und auch das die Bewohner der westlichen Welt, in dem fall die Amerikaner, nicht immer die strahlenden Helden sondern teilweise miese Schweine und kaputte Hunde sind.

Die Hauptcharaktere sind völlig klischeefrei und erfrischend nah am normalen Mann. Jeremy Renner (S.W.A.T., 28 Weeks Later) bringt den anfänglich völlig verrückt gewordenen James exzellent rüber. Anthony Mackie (Eagle Eye) ist der Mustersoldat Sanborn, der einfach nur seine Zeit im Irak überleben möchte. Brian Geraghty (Jarhead, Bobby) dagegen ist der jüngste von den dreien und kommt mit dem Tod und der Gewalt die er jeden Tag erleben muss nicht mehr klar und ist insbesondere nach dem indirekt verschuldeten Tod eines Kameraden ein seelisches Wrack, was jedoch anfangs niemand weiß.
Nach und nach zeigen sich durch Gespräche in dem Wohncontainer auch bei den anderen beiden die tiefen abgründe die der Stress und die Angst hinterlassen haben. Dies merkt man auch als Zuschauer. Und insbesondere durch eben diese Ängste und Probleme, weil sie so normal und so nachvollziehbar sind, wirken die Figuren so glaubwürdig.

Starke Nebendarsteller, die sonst eher selbst nur als Hauptdarsteller vor der Kamera stehen, wie Ralph Fiennes, Guy Pearce und David Morse runden die Sache ab. Evangeline Lilly, am besten bekannt als Kate Austen aus der Serie „Lost“, hat hier wenigstens einen Kurzauftritt am Ende.

Man sieht dem Film an einigen stellen an das er kein Mega-Budget (ca. 11 Mio $) hatte. Beispielsweise sieht man vom Camp immer die gleichen Orte in den gleichen Einstellungen (Wohncontainer, Markt)
Dafür wirken die Dinge auf die es in erster Linie ankommt, wie Uniformen, Ausrüstung, die Außenkulissen, hundertprozentig authentisch. Wozu hundert Millionen verbraten wenn man auch mit relativ wenig etwas so gutes zaubern kann?

An Spannung mangelt es Tödliches Kommando gewiss nicht. Zwar fragt man sich nach der dritten Bombe ob das denn jetzt den ganzen Film über so geht, dass nur eine komplizierte Bombe zu entschärfen ist und dann weiter zur nächsten. Aber man wird dann doch angenehm überrascht. Zwar werden natürlich noch weitere Bomben im lauf des Films entschärft aber das drum herum wird weitaus dramatischer und dazwischen gibt es noch aufeinandertreffen mit Kopfgeldjägern, ein Scharfschützenduell und manches mehr wobei ich erstaunt war das man so viel in knapp 120 Minuten Film gequetscht hat, denn der Streifen kommt einem wesentlich länger vor. Dies liegt wohl auch daran das man als Zuschauer aufgrund der Perspektive in dem Film so mitgeht, auch aufgrund bereits erwähnter Ängste die jeder nachempfinden kann. Einheimische die auf einer Straße halt machen wirken sofort verdächtig und können bei zu langem zögern, wie zu Anfang im Film gezeigt, das Todesurteil für einen selbst oder die Kameraden sein.


Das Steelbook, in welchem sich die einzelne DVD befindet, finde ich leider nicht sonderlich schön, nicht nur wegen des dicken „FSK ab 16 freigegeben“ Aufdrucks sondern vom ganzen Frontdesign.
Das vorhandene Bonusmaterial ist Gut, man erfährt so manches über die Hintergründe und die Entstehung.

Fazit: Gelungener Kriegs-Thriller der zwar nicht als erster aber auf richtig gute weise den Menschen an sich während eines Krieges beleuchtet.

9/10

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