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„Horsemen“ ist zur Abwechslung mal kein Remake eines Horrorfilmklassikers (ob „The Hitcher“ nun unbedingt in das Horrorgenre gehört oder nicht, kann natürlich diskutiert werden) von Michael Bays „Platinum Dunes“- Produktionsfirma, sondern wildert in den reichlich ausgetretenen Pfaden postmoderner Serienkillerfilme wie „Se7en“. Finchers exzellenter Film, selbst schon zum Archetypen des Subgenres geworden, verband biblische Motive (die den Täter antrieben) mit einer ausgesprochen düsteren Bildsprache und „inspirierte“ damit etliche Nachzügler, die aber allesamt nicht die Finesse des großen Vorbildes erreichten. In dieser Tradition steht nun auch „Horsemen“, der, seiner offensichtlichen Reminiszenzen an „Se7en“ und Co. zum Trotz, immerhin der, bezogen auf Erzählung und Pointe, bislang eigenständigste Film von „Platinum Dunes“ geworden ist. Leider bedeutet das nicht, dass Jonas Äkerlunds („Spun“) Thriller nun ein besonders guter Film geworden wäre. Es gibt so einiges, was in „Horsemen“ durchaus funktioniert, bedauerlicherweise stellt sich Autor Dave Callaham aber reichlich ungeschickt bei dem Versuch an, die Story plausibel voranzubringen und v.a. auch zu einem schlüssigen Ende zu bringen.

Die Grundidee, dass ein Serienkiller, nach der Offenbarung von Johannes, die apokalyptischen Reiter und ihre zentralen, biblischen Motive wie „Krieg“ und „Tod“ verwendet, um seiner Ansicht nach schlechte Menschen zu foltern und schließlich zu töten, ist gar nicht übel. Hauptdarsteller Dennis Quaid als zuständiger Forensiker bzw. Ermittler ist auch nicht die schlechteste Wahl: Obwohl Quaid nie zu den besten Schauspielern gehörte, ist er dennoch eine markante Persönlichkeit, die seinen Rollen stets die nötige Glaubwürdigkeit und Emotionalität verleiht. Ein sehr guter Routinier halt, der selbst in Blockbuster-Schrott wie „G.I. Joe“ immer die nötige Würde bewahrt. Ziyi Zhang in der Rolle eines (vermeintlichen?) Opfers gefällt auch, insbesondere da ihr Charakter eine Schlüsselposition einnimmt, die dem Film schließlich seine unerwartete Wendung beschert.

Gedreht im winterlich verschneiten Zentral-Kanada, gefällt die Motivauswahl ebenso, wie die visuelle und handwerkliche Gestaltung: Reduzierte Farben, hervorragende Licht- und Raumgestaltung, übersichtliche Kameraarbeit, solider Score und gut gesetzte Schnitte – alles doch sehr o.k.

Der Film beginnt wunderbar stimmungsvoll mit dem Fund von offensichtlich gewaltsam entfernten Zähnen, die in der tiefverschneiten Landschaft Spekulationen darüber auslösen, ob das Opfer noch am Leben ist (eine Leiche wird nämlich zunächst nicht gefunden). Quaids Protagonist Aidan Breslin stürzt sich sofort in die Ermittlungen, sehr zum Verdruss seiner beiden vernachlässigten Söhne, die immer noch unter dem tragischen Tod ihrer Mutter leiden. Auch Breslin hat den Verlust seiner Frau noch nicht überwunden und versucht, die Trauer mit seiner Arbeit zu kompensieren.

Nachdem eine Leiche gefunden wird, die offensichtlich zu Tode gefoltert wurde, und Breslin den biblischen Spruch „Come and see“ am Tatort vorfindet, kommt die Handlung in Gang, schlägt dabei aber im weiteren Verlauf manche Haken, die der Plausibilität nicht immer dienlich sind.

Da ich nicht spoilern will (in der Tat würde man dem Streifen mit dem Vorabwissen um seinen Twist einer seiner wenigen Stärken berauben), verzichte ich hier auf die Erwähnung von Handlungselementen. Nur so viel: Während man am Anfang von „Horsemen“ noch von einem typischen Psychopathen ausgehen kann, der für die Taten verantwortlich zeichnet, erlaubt sich der Film ab dem Zeitpunkt der Verhaftung des vermeintlichen Täters eine zunächst erstaunliche Ambivalenz in der Motivation des (?) Killers. Und im weiteren Verlauf merkt man dann, dass die Macher nicht nur genrekonforme Spannung erzeugen, sondern auch ein Statement zu einem besonders gesellschaftsrelevanten Thema abgeben wollten (was im übrigen in der blutigsten Szene des Films gipfelt). Als Rezipient ist man hier erstmal erstaunt über soviel Hintergründigkeit und verbucht den Twist und seine Folgen als Gewinn für den Film.

Anstatt aber auf die Wirkung dieser Aussagen zu setzen und den Film in aller nötigen Konsequenz zu Ende zu bringen, treten plötzlich vermehrt Plotholes zum Vorschein, wird bei der Ergreifung des eigentlichen Killers auch mal gerne öfter „Komissar Zufall“ angewendet und der Zuschauer ahnt zu früh, auf welche Pointe das Ganze letztendlich hinausläuft. In diesem Zusammenhang ist es besonders störend, dass der Film auch Familiendrama sein will, sich also nicht damit zufrieden gibt, ein sehr solider, intelligent erzählter Thriller zu sein. Breslins Privatleben, die alltäglichen Reibereien mit seinem ältesten Sohn – diese Szenen sind platt und symbolisch so überfrachtet inszeniert, dass man irgendwann nur noch Eins und Eins zusammenzählen muss, um das Ende zu erahnen. „The Horsemen“ sitzt hier zwischen allen Stühlen: Der private Handlungsstrang bremst die Krimihandlung aus, während das Whodunit um den Mörder nicht voranzukommen scheint.

Zum Haare raufen ist dann das angeklebte „Happy End“, dass die Intention des Films nahezu komplett verrät und in seiner kalkulierten Versöhnungsgestik genau das darstellt, was an Hollywood-Filmen oft so sauer aufstößt: Das Publikum wird hier regelrecht für dumm verkauft!

Unterm Strich bleibt also ein solide gespielter, handwerklich gelungener Thriller, der sein Potential leichtfertig verspielt und - leider- als Enttäuschung gesehen werden muss.

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