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Zu Martin Scorseses besten Werken gehören fast ausnahmslos die, bei denen er mit „seinem“ Star Robert de Niro die Hauptrolle besetzen konnte. Ob „Taxi Driver“, „Raging Bull“, „Goodfellas“ oder später „Casino“, für seinen filmischen Ziehvater und Förderer lief de Niro regelmäßig zur Höchstform auf. Mit „Cape Fear“ versuchte sich der Regisseur etwas untypisch an einem Remake, stellte aber auch hier wieder sein Können unter Beweis.

Die von der ersten Sekunde an dichte und fesselnde Atmosphäre dieses nicht sonderlich einfallsreichen, aber extrem gut gespielten Thriller, entwickelt sich vor allem dank des Scores (Hey, Score und Scorsese... *gg*), der, ohne den Ton großartig während des Films zu variieren, ständig Unheil und Gefahr heraus posaunt. Dieses Unheil heißt Max Cady (Robert de Niro) und es ist mächtig sauer, intelligent und gerissen. Allein schon dank der Szene, in der er das Gefängnis verlässt, im Hintergrund ein Gewitter tobt und Max direkt in die Kamera läuft, dürfte Gänsehaut beim Zuschauer vorprogrammiert sein. Es wird etwas passieren, etwas Furchtbares, nur was?

Das fragt sich auch Anwalt Sam Bowden (Nick Nolte), der, trotz kriselnder Ehe und Seitensprung, ein passables Leben führt und zunächst gar nicht realisiert, wie Cady sich ihm nähert. Einst vertrat er den ehemaligen Häftling vor Gericht, unterschlug dabei entlastendes Material und war somit für die 14jährige Haftstrafe Cadys verantwortlich. Nun ist aus dem damals ungebildeten Analphabeten im Knast, wo er viel Zeit zum Lesen hatte, ein Gegenspieler geworden, der sich ebenfalls mit Gesetzen auskennt, sich selbst verteidigte und dabei auf Bowdens Unterschlagung stieß.

Robert de Niro war selten besser. Seinen Körper hatte er vor Drehbeginn extra mit Tattoos (Bibelzitate, religiöse Symbolik) verzieren lassen (natürlich später wieder entfernbar), sich Muskeln antrainiert und seine Zähne vom Zahnarzt behandeln lassen. Er studierte seine Rolle, versetzte sich in die Rolle eines Vergewaltigers und liefert im Film wohl eine der beeindruckendsten Bedrohungen der Filmgeschichte. Der Knast hat ihn hart gemacht, nichts scheint ihn mehr klein zu kriegen. Er zitiert, zelebriert und ist nicht zimperlich in der Durchführung seines Plans.

Noch bedrohlicher ist allerdings seine Intelligenz, denn Max Cady will Bowden zeigen was Verlust und Entbehrung heißt, überschreitet dabei aber nicht das Gesetz. Weder die Vergiftung des Hundes, noch die Vergewaltigung von Bowdens Geliebter kann man ihm nachweisen. Stattdessen treibt er Bowden selbst zum Äußeren, nämlich zum Übertreten des Gesetzes, trickst ihn aus und lässt ihn vor Gericht dumm dastehen. Er erschleicht sich das Vertrauen seiner Tochter (Der Dialog im Theatersaal ist genial), betreibt nächtlichen Psychoterror, beobachtet und observiert die Familie. Trotz scheinbar steter Präsenz ist diesem leibhaftigen Teufel einfach nicht beizukommen. Ganz im Gegenteil, er kommt der Familie Bowden zu nahe. Da kann auch kein Privatdetektiv helfen.

Neben einem famosen Robert de Niro darf Nick Nolte langsam die Kontrolle über die Situation verlieren und gerät dabei in einen Gewissenskonflikt, da der als Anwalt, um sich zu schützen, das Gesetz, was er eigentlich vertritt, überschreiten muss. Dabei überlässt er de Niro, der natürlich die weit beeindruckendere Rolle hat, weitestgehend das Feld und begnügt sich mit der Rolle des nervösen Familienoberhaupts, der alles versucht um seine Familie zu retten. Während Jessica Lange nicht weiter auffällt, ist es vor allem die junge, naiv spielende Juliette Lewis, die hier punkten kann. Da die Eltern zerstritten sind und sie nicht verstehen wollen kommt Max als verständnisvoller Zuhörer wie gelegen. In weiteren Rollen sind übrigens auch Robert Mitchum und Gregory Peck, die beide im Original wirkten, zu sehen.

Auf das Finale zulaufend dreht Scorsese noch mal gewaltig an der Spannungsschraube, lässt christliche Symboliken einfließen, spielt mit ungewöhnlichen Kameraperspektiven und montiert Negativaufnahmen in den Film. Das Adrenalinfinale auf dem Hausboot, ein Kampf auf Leben und Tod, ist nicht zuletzt dank Cadys improvisiertem Prozess denkwürdig. Hier kommt endlich sein wahrer Charakter zum Vorschein – wie passend zu einem gewaltigen Gewitter.

Fazit:
So simpel das Skript eines Rache nehmenden Ex-Häftlings auch ist, Martin Scorsese zaubert hieraus einen inszenatorisch recht altmodischen, beklemmenden Thriller, dessen Musik wohl unvergesslich ist. Robert de Niro liefert dabei einer seiner beeindruckendsten Leistungen ab und spielt dabei alles an die Wand. Unheimlich, spannend und sicher kein Film zum Einschlafen, wenn man Angst vorm schwarzen Mann hat. Impressive…

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