Ahhh, wo soll ich anfangen?
Der Film ist nicht gut, aber auch nicht schlecht. Er ist eigentlich gar nichts, aber auch nicht wirklich. Er fängt quasi bei jeder Szene neu an um dann nach Attentat / Verhaftung / Besprechung / Flucht sofort aufzuhören um zur nächsten historischen Szene überzuspringen. Der Film handelt von 10 Jahren RAF, die so wie sie einem vorgeführt werden auch in einem Jahr hätten stattfinden können. Der Zuschauer bekommt überhaupt kein Zeitgefühl vermittelt, ausser, dass die Autos sich verändern, tut sich nichts.
Der Film an sich ist sehr konsenslastig inszeniert, er wird sicherlich niemandem sauer aufstossen, ausser Stefan Aust, aber dazu später mehr.
Der Komplex beginnt 1967 auf Sylt, wo die Töchter von Ulrike Meinhof und KlausRöhl (konkret - Chef) am FKK-Strand baden (soviel zu den Chancen in den USA, frontal nudity von Kinden). Die Mutter liest eine Neue Revue, Titelstory: Der Besuch des Schahs und seiner Frau.
Die Kinder wollen wissen, was schlimm am Schah sei, da antwortet der Vater, der Schah könne jedem den Kopf abschlagen lassen, soll ein Scherz sein, wir als Zuschauer wissen, es ist keiner. Danach folgt eine Gartenparty von Röhl-Meinhof, bei der ein Brief von Ulrike an Farah Diba vorgelesen wird, der ihre schwachsinnigen Äußerungen in der Presse kritisiert. Jetzt kommt die beste Szene im Film und zugleich auch der Money-Shot, die Demo gegen den Schah von Persien. die Jubelperser dürfen losprügeln, die Polizei knüppelt eifrig mit und die Kamera ist mitten drin, dann harter Gegenschnitt, die Erschießung von Benno Ohnesorg der blutüberströmt auf dem Asphalt verreckt. Hier ist noch klar wer die Guten (Studenten und die anderen Demonstranten) und wer die Bösen (Staat und Jubelperser) sind. Bei dieser Demo sind natürlich auch einige der späteren Terroristen dabei. Jetzt hüpft der Film wieder, er hüpft so oft von einem Punkt zum nächsten, es werden Szenen aneinandergereiht, die für einen historisch unbewanderten null Sinn ergeben. Wenn das Schulkino werden soll, dann müssen aber einige Doppelstunden Geschichte oder Gemeinschaftskunde dem "Mythos RAF" gewidmet werden, bevor der Film geschaut werden kann.
Jedenfalls findet nach diesem guten Einstieg, die Radikalisierung von Ulrike Meinhof statt, die, das muss man ja Nachgeorenen wie mir erklären, eine bekannte Journalistin war.
Fast schon ein Promi, was gelegentlich auch mal anklingt. Jedenfalls wird irgendwann das Kaufhaus Schneider in Brand gesteckt und Andreas Baader und Gudrun Ennslin kommen in den Knast. Dann wird Rudi Dutschke angeschossen, von einem Nazi, bei dem man nicht erwähnen muss, dass er Einer ist, der Zuschauer sieht es sofort. So sehen die Penner bis heute aus.
Jedenfalls wird die Springer Presse nicht ganz zu unrecht für das Attentat verantwortlich gemacht und die Auslieferung der BILD wird massiv behindert. Bei den Protesten vor der Springer Zentrale wird auch Ulrike Meinhof schon abgeführt und verdankt es nur einem höheren Polizisten, der sie als Journalistin erkennt, dass sie wieder frei gelassen wird.
Die Ereignisse in dem Film überschlagen sich, es kommt zu den bekannten Attentaten, nachdem Baader aus dem Knast befreit wurde, es wird kurz Peter Jürgen Boock eingeführt. Aber da weiß nichtmal ich wieso, und wo, irgendeine Villa, in der viele Jugendliche leben und Gudrun Ennslin nackt badet, er darf sich zu ihr in die Wanne setzen.
Ich kann es gar nicht mehr zusammenfassen, was alles passiert, jedes Buch, das sich mit der Nachkriegsgeschichte befasst kann es einem aber erklären. Die Beweggründe werden in dem Film auch nicht erklärt, sind für den Film aber auch vollkommen belanglos, hier und da wird mal Vietnamkrieg, Israel und die Palästinenser eingeworfen, das findet aber nur am Rand statt.
Horst Herold (der Führer persönlich, Bruno Ganz) serviert im BKA Hummersuppe und schwadroniert über die Hintergründe der RAF, der historische Herold gilt übrigens auch als linksliberal, was hier auch rüberkommt. Die anderen z.T. alten Nazis im BKA verstehen ihn natürlich nicht, wenn er sagt, dass das BKA nur was gegen das Sympton, aber nichts gegen die Ursachen unternehmen kann. Er ist aber für den Film vollkommen belanglos, höchstens als Randnotiz von Bedeutung.
Es wird weiter gemordet und gesprengt, gelegentlich unterbrochen von Kurzauftritten einiger deutscher Stars, Alexandra Maria Lara wird nach einem zwei Minuten Auftritt erschossen. dann wird wieder jemand vom Staat erschossen oder war die Erschiessung Laras der Auslöser, es ist im Nachhinein zu verwirrend.
Immer wieder hüpft Stefan Aust mal durchs Bild, er darf die Kinder von Ulrike Meinhof zu ihrem Vater bringen, den hatte die Mutter zeitig verlassen, nachdem er mit einer Bekannten gevögelt hat. Aust, wird hier als typisch Sechziger/Siebziger - Typ präsentiert, komische Frisur, komische Brille und komische Klamotten sieht er aus, wie Austin Powers und will so gar nicht in das Bild des Films passen.
Am Ende ist die Selbstzerfleischung der Gefangenen, nachdem die verschiedenen Befreiungsaktionen nicht geklappt haben, 1975 Botschaft in Kopenhagen, 1977 Schleyer- und Landshutentführung. Die Gefangenen bringen sich selbst um, oder sie werden umgebracht, was aber auch nur wie eine Episode in dem ganzen Film wirkt.
Anschließend wird Schleyer erschossen, das wird aus der Voyeur-perspektive gezeigt und man sieht nur ein paar Bäume und ein gelegentliches Aufblitzen, Menschen sind nicht wirklich zu erkennen.
Was will uns der Film aber sagen?
Nichts, er will zeigen, so wie Brecht es mit seinem epischen Theater wollte, nur war der mit seinem Theater nicht so nah an der Bourgousi, wie es Eichinger es jetzt ist. Es ist kein Täterfilm und auch kein Opferfilm, es ist eine Präsentation dessen, was die Leute sehen wollen. Jeder kann hier hineininterpretieren, was er möchte, es ist egal, der Sitznachbar kann das Gegenteil darin sehen. Man ist am Ende ratlos, und kein bisschen schlauer, es werden keine neuen Interpretationen geboten. Der größte Fehler ist, dass die Gesellschaft komplett ausgeklammert wurde. Der Film ist nur ein Katz und Maus Spiel zwischen Staat und RAF. Einmal wird von Herold erwänt, dass ein großer Anteil der Leute unter 30, Sympathisanten der RAF seien, das war es aber auch. Es gibt keinen Buback-Nachruf in dem Film und es gibt keine Leute, die die Hinrichtung der Gefangenen fordern. Man könnte fast denken, dass der Film ein solch gigantisches Kommerzprodukt ist, dass er bloß niemandem auf die Füße treten darf, aber genau das ist der größte Fehler in dem Film. Ein Rainer Werner Faßbinder hätte den so inszeniert, dass die Springer Presse geschrien hätte, dass die CDU die Ausweisung gefordert hätte. Warum? Weil er Wahrheiten angesprochen hätte. So ist es ein Stück Gangsterfilm mit Revolutionsrethorik. Ich fürchte, das ist auch das was Eichinger im Kopf hatte.
Uli Edel, der filmisch noch gar nichts, außer Christiane F, und schlechten TV-Filmen und einem grottigen Film mit Madonna gerissen hat, die Regie anzuvertrauen spricht für den Konsensgedanken, der hinter dem Projekt gestanden haben mag. Wie gesagt, es ist ein gigantisches Stück Konsensquark ohne Neuigkeiten.