Review

Gesamtbesprechung

Jim Profit stellt sich vor. Im Voice-Over, mit gedämpfter, schneidender Stimme führt er den Zuschauer in den Mikrokosmos des Makrounternehmens Gracen & Gracen, in der er eine Position mit viel Verantwortung bekleidet. Etwas undurchsichtig scheint er zuerst, bietet dem Zuschauer so klare Konturen und Konstellationen, das man sich selbst sicher fühlt, die Lage überschauen zu können. Aber dann greift das Prinzip der Serie. Man selbst ist nicht sicher, vor allem nicht vor dem Protagonisten, der zur Identifikation einlädt und dann die Tür zuschlägt. Angetrieben werden die perfiden Taten des Hauptcharakters von einer Vergangenheit, aus der ein Geheimnis gemacht wird, und doch nicht: von seinem Vater auf dem Bauernhof in einer Kiste derselben Gracen & Gracen-Firma eingesperrt und aufgezogen, für die er jetzt arbeitet. Dann, mit 15, brennt Jim Profit (der eigentlich Jim Stakowski heißt), das Haus nieder. Auf den obersten Etagen operiert er als klassischer Drahtzieher: Vertrauen hier, ausgespielt gegen Missgunst da, von den vielen bonmots, die er immer wieder direkt zum Zuschauer spricht, passt wohl am besten der Vergleich seiner selbst mit einem Choreographen, der die Szene vorbereitet und im entscheidenden Moment die Dinge ihren Lauf nehmen lässt. Spannung erzeugt sich dann immer indirekt durch den Ausgang einer oftmals hoffnungslosen Situation; ein Anwalt scheint ihm auf die Schliche gekommen zu sein und Mr. Profit wendet alles dahingehend, dass er mit einem Lob, sein Gegenspieler mit einem Klaps auf die Finger, mit der Entlassung oder in einem Fall gar mit der Verschleppung nach China endet. Einige nennen das amoralisch, aber im Gegenteil handelt Jim nach einer festen Moral, die sich aus dem unsichtbaren Raum ergibt, zu dem der Zuschauer keinen Zugang hat, denn die paar Fakten aus der Vergangenheit beantworten nicht leichtfertig Fragen, die unablässig durch die Taten der Hauptfigur aufgeworfen werden; all die vertrauensvollen Brüche mit der vierten Wand, die Explikationen und Regeln, die sie uns lehrt, sind eher eine Ablenkung, eine Falle, in die auch der Betrachter stolpert, immer am Kern vorbei. Der dramatische Ablauf der Episoden ähnelt einander sehr, irgendjemand stellt eine Bedrohung dar, bzw. konfrontiert Profit mit einer Situation, die ihn in die Enge treibt und er ist allen tatsächlich schon drei Schritte voraus, und wenn nicht, erpresst er die weiße Weste ganz schlicht. Die lediglich neun Episoden verlieren deswegen allerdings keineswegs an Unterhaltung, auch wenn die Serie bei ihrer Erstausstrahlung dermaßen floppte, dass lediglich fünf Episoden überhaupt ausgestrahlt wurden. Ich möchte meinen, in Profit ein kleines Juwel gefunden zu haben, gerade weil sie mit der ungewöhnlichen Aufbereitung ihrer Hauptfigur nicht in die Klischeelöcher stolpert, in die etwa Californication mit seinem Protagonisten, der nichts als eine schäbige Projektionsfläche für dumme Wunschbilder ist, regelmäßig stolpert. Jim Profit ist anders. An ihm reiben sich die Erwartungen; unbeschadet geht er aus der Regelmäßigkeit, der manchmal schon übertriebenen Selbstkontrolle, den perfekten Intrigen und Machtspielen hervor, um am Ende jeder Folge wieder in seine Gracen & Gracen Box zurückzukehren, und ein großes Spektrum psychoanalytischer Implikationen hinterlassend verabschiedet er sich nach nur neun Folgen mit einem vieldeutigen „Good Night". Gute Nacht, Jim.

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