Review

Arnold auf dem Zenit


"Total Recall" und "Terminator 2 - Judgement Day" von 1990 und 1991 stellen wohl tatsächlich den qualitativen Karrierehöhepunkt des österreichischen Proteinvernichters dar, wenngleich das Gefälle zu beiden Seiten nicht so steil ist wie bei Stallone.

Zuvor stand neben unbestreitbaren Hits wie "Running Man", "Red Heat" oder dem unglaublich guten "Predator" auch die Komödie "Twins", mit der Schwarzenegger erfolgreich seine Zielgruppe erweiterte. So vollkommenen Trashquark wie "Phantom Kommando" von 1985 hatte er da bereits hinter sich gelassen. Man kann also sagen, dass hier eine Reihe von Genre-Klassikern aufeinanderfolgte, die Qualitativ dem Konkurrenten Stallone, der in der Zeit "Rambo II", "Rocky IV", "Die City Kobra", "Over the Top" (Beide bei Cannon!), "Tango&Cash", den gefloppten "Rambo III" und den miesen "Rocky V" drehte, haushoch überlegen war. Zwar konnten einige der Stallone-Titel Kasse machen, aber sind wir doch mal ehrlich: Arnie hat in der Zeit die qualitativ deutlich besseren Filme gemacht. Da war es Stallone auch egal, dass er mit "Rocky" ja eigentlich ein ganz anderes Standing, weit über diesen Gefilden, hätte haben können. Aber in den Achtzigern ging's halt nur um pralle Muskeln, Learjets und dicke Konten. Und da kaufte ihm Schwarzenegger mehr und mehr den Schneid ab und destillierte sich zur Nummer 1 an den Kinokassen und in der öffentlichen Wahrnehmung.

1990 dann folgte also die Zusammenarbeit mit Paul Verhoeven, der mit "Robocop" bereits einen herrlich dreckigen urbanen Science-Fiction-Klopper am Start hatte und sich hier tricktechnisch richtig austoben konnte.

"Total Recall" bietet neben einer Zukunftswelt voll witziger Ideen eine verhältnismäßig ausgeklügelte Geschichte mit einigen Wendungen, die dabei dennoch nachvollziehbar und spannend bleibt. Als Thriller würde ich den Film nicht gerade bezeichnen, dafür steht die Action doch zu weit im Vordergrund, jedoch ist die Story für das Genre schon recht vielschichtig.

Schwarzenegger schien sich danach zu sehnen, nicht mehr als tumber Muskelklotz gesehen zu werden, obwohl er ja gerade  auf dieser Wahrnehmung seine ganze Karriere aufbaute. Von daher passt die Agentenstory ganz gut, um etwas mehr Tiefe und Vielfalt anzudeuten. Dennoch bleibt Arnies Rolle vordergründig physisch angelegt. 


Michael Ironside als Gegenspieler hat ihm auf dieser Ebene wenig entgegenzusetzen, kompensiert dies jedoch durch sein herrlich fieses Spiel, so dass er als Antagonist durchaus passend wirkt und ein erwartungsgemäß brutales Ende findet, dass im Fernsehen damals immer geschnitten wurde.

Die Brutalität in "Total Recall" ist, ganz typisch für den Regisseur, sehr ausgeprägt, wenngleich "Robocop" als früheres und "Starship Troopers" als späteres Werk deutlich ruppiger daherkommen. Dennoch gibt es wieder blutige Shootouts und zynische Regiekommentare zu bewundern, wenn Menschen auf der Rolltreppe im Kugelhagel als Schutzschild missbraucht und mit schmatzenden Geräusch übertrampelt zu werden. In der comichaften Kulisse heben sich diese rohen Gewaltdarstellungen teilweise deutlicher ab als beispielsweise in "Robocop", der ja insgesamt sehr düster ausgelegt war. Teilweise stülpt sich das Comichafte aber auch über die Gewalt und entschärft sie dadurch. Vor allem im Marsabschnitt der Geschichte verliert die Brutalität durch die Szenerie an Schrecken.

Dabei wird die bunte Welt natürlich ansprechend dargestellt. Die Tricktechnik war damals das Maß aller Dinge und hat, zumindest meiner Meinung nach, die Zeit überdauert, da Computer hier zeittypisch nur reduziert verwendet wurden. Creature-Effects, Masken und Modelle sind erstklassig. Von der dritten Brust ganz zu schweigen. Einige Szenen aus dem Film haben mittlerweile eine ikonischen Status und bei der Beschreibung der Szenen weiß eigentlich ein durchschnittlich bewanderter Filmkenner sofort, welcher Film gemeint ist. Sei es die bereits genante dritte Brust, die Nasenszene mit dem Sender oder die aufquellenden Gesichter in der Marsatmosphäre.

Sharon Stone, die hier vor ihrem Durchbruch als Sexikone mit "Basic Instinct" noch eine kleinere Rolle spielt, gibt sich sehr freizügig, spielt aber angesichts ihrer Screentime als durchtriebene Partnerin auch gut auf und bleibt im Gedächtnis. Zudem zeigt sie, wie sehr Schwarzenegger trotz der Körperbetonung asexuell wirkt. Ein Schicksal, dass er mit fast allen Actionhelden außer James Bond teilt.

Rachel Ticotin, die hier ihre größte Rolle als Melina spielt, gibt des weiblichen Hauptpart ganz gut, womit an dieser Stelle dann auch alles gesagt ist.

Ronny Cox tut in der Darstellerriege sein Übriges dazu und Michael Champion las Handlanger des Bösen sieht so aus, als würde er auf dem Mars eigentlich nach dem real existierenden Sozialismus suchen.

Die Musik von Jerry Goldsmith unterstütz das Geschehen des Films durchgehend passend, auch wenn der Komponist sich für mein Gehör hier eindeutig von Alan Silvestri (Predator) und vielleicht auch Michael Kamen (Die Hard) beeinflussen lässt und der Soundtrack daher mitunter beliebig erscheint. Aber stimmungsvoll und schmissig ist er dann doch.


Fazit

"Total Recall" ist ein sehr unterhaltsamer Sci-Fi-Action-Mix, der einen gut aufgelegten Arnold Schwarzenegger mit einem gut aufgelegten Paul Verhoeven zusammenbringt und dem ganzen ein großes Budget zur Verfügung stellt und dafür noch nicht einmal Familienfreundlichkeit verlangt. Was für eine Mischung! 

Neben "Predator" und "Terminator 2" der beste Schwarzenegger und für mich bilden diese drei Kracher das Dreigestirn der 10-Punkte-Arnies, womit deutlich wird, woran es im Vergleich Stallone gemangelt hat: gute Regisseure. Mit McTiernan, Verhoeven und Cameron hatte Schwarzenegger einfach die größten ihres Fachs an Bord. 
Wenigstens konnte Stallone in den frühen Neunzigern mit "Demolition Man" und "Cliffhanger" noch Erfolge vorweisen, bevor er dann vorerst für abgesägt erklärt wurde. Schwarzeneggers Höhenflug endete final dagegen erst mit dem verwurschtelten "Collateral Damage", nachdem es mit "The Sixth Day", dem verunglückten "Batman & Robin" und "End Of Days" bereits bergab ging. 

"Total Recall" aber ist so gut, dass ich bis heute nicht daran gedacht habe, mir das Remake (FSK 12 ?!?) anzusehen. Und das wird wohl auch so bleiben. Dann lieber immer wieder das Original.


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