Review

Mit seinem epischem Werk über das Älter – und Jüngerwerden schickt David Fincher einen mehrfach nominierten Oscar Anwärter an den Start.
Einige davon dürften ihm sicher sein, gerade im optischen Bereich in Sachen Ausstattung, Maske, Kostüme oder Kamera. Das Potential der literarischen Vorlage von Fitzgerald nutzt er hingegen nicht, denn trotz zahlreicher Veränderungen am Original kommt man selten über eine leicht schläfrig erzählte Liebesgeschichte hinaus.

Eine Liebe, die von vornherein unter keinem guten Stern stehen kann, denn als Benjamin Button (Brad Pitt) 1918 in New Orleans das Licht der Welt erblickt, ist er äußerlich ein alter Mann, dessen Körper fortan, im Verlauf der Jahre immer jünger wird.
Seine große Liebe Daisy (Cate Blanchett) altert hingegen auf natürliche Weise, so dass es im Zuge zweier gegeneinander laufender Zeitachsen zu einigen Problemen kommt.

Eingebettet ist die Geschichte, deren Handlung sich über Jahrzehnte erstreckt, in eine eher wenig originelle Rahmenhandlung. Die im Sterben liegende Daisy lässt sich von ihrer Tochter (Julia Ormond) aus dem Tagebuch von Benjamin vorlesen, während unheilsschwanger Hurrikan „Katrina“ im Anzug ist.
Der Fokus liegt hingegen auf den verschiedenen Lebensstationen eines Mannes, dessen Lebensuhr rückwärts läuft.

Genau diese Tatsache bringt während des ersten Drittels einige groteske Momente mit sich, etwa als ein alter Mann im Rollstuhl als „mein Kind“ bezeichnet wird oder ein Bewohner des Altenheims, in dem Benjamin aufwächst immer wieder erwähnt, sieben Mal vom Blitz getroffen worden zu sein, was durch witzige Inserts Auflockerung bringt.
Jedoch ab dem Zeitpunkt, als Benjamin auf einem Schiff anheuert und rein körperlich nicht mehr wie ein alter gebrechlicher Mann erscheint, verliert die Erzählung an Drive.

Zu viele Figuren und zu viele Handlungsstränge lassen das Geschehen bisweilen aufgeblasen und kaum spannend erscheinen. Die Affäre mit einer verheirateten Frau wirkt ebenso redundant wie die lang eingestreuten Ereignisse während des zweiten Weltkriegs, während Daisys Schicksal eine Zeit lang fast völlig von der Bildfläche verschwindet.

Hinzu kommt, dass Hauptfigur Benjamin Charaktertiefe fehlt. Der Mann hat keine sonderlichen Interessen außer an Daisy, noch scheint er sich Gedanken über seinen umgekehrten Lebensweg zu machen, das fällt ihm merkwürdigerweise erst gegen Ende ein, als er fast zum Teenager „schrumpft“ und Daisy deutlich in die Jahre gekommen ist.
Somit bleibt das fehlende emotionale Zentrum, die Seele das größte Manko des Streifens.

Dennoch ist Finchers Bemühen ersichtlich, auf visueller Ebene zu beeindrucken. Da ist in erster Linie die Maske hervorzuheben, die mithilfe diverser Computerzugaben aus Pitt einen älteren Herrn mit grauer Mähne zu einem Jüngling umfunktioniert, was ihn am Ende tatsächlich wie einen faltenlosen Teenager aussehen lässt.
Auch einige malerische Hintergrundlandschaften bestechen durch ihr Märchenhaftes, während der zurückhaltende, fast zärtlich klingende Score einige Momente stark romantisiert ohne dabei kitschig zu wirken.

Doch während Benjamin fast schon teilnahmslos als Erzählstimme fungiert, wird man nur selten von den Ereignissen gepackt. Etwa, als die Faktoren Zeit und Zufall untermauern, wie in einer Verkettung von Umständen ein tragischer Unfall zustande kommt oder eine einzige Entscheidung über einige Jahre nachwirken kann.

Die Zeit, das Älterwerden und auch der Tod spielen eine durchweg bedeutende Rolle, von allem gibt es eine ganze Menge, nur im Verlauf nicht das, was dem ersten Drittel einen unterhaltsamen Eindruck beschert.
Trotz diverser Schauwerte und durchweg überzeugenden Darstellern ist das alles zu wenig aufregend, zu oberflächlich und kaum bewegend. Am Ende sogar eher langatmig.
Knapp
6 von 10

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