Brad Pitt spielt Benjamin Button, der als alter Mann geboren wurde und, statt auf natürlichem Wege zu altern, immer jünger wird. Er verliebt sich bereits als alter Mann in die junge Daisy, später von Cate Blanchett gespielt, bis die beiden später auf Umwegen doch noch zusammenfinden.
David Fincher gehört nun schon seit über einem Jahrzehnt zu den besten Regisseuren Hollywoods und stellte sein enormes Können bereits mehrfach unter Beweis. Die trostlosen, düsteren Aufnahmen in "Sieben" erzeugten spielend leicht eine düstere Atmosphäre, mit "Zodiac" lieferte er einen akribisch recherchierten, beinahe dokumentarischen, aber dennoch enorm fesselnden Thriller, den er vor allem narrativ hervorragend auf die Leinwand brachte. "Fight Club" avancierte vor allem wegen seiner, für Hollywood absolut untypischen, radikalen Einstellung zur Gesellschaft zum Kult und auch "The Game" und "Panic Room" waren enorm spannende und gelungene Thriller, die weit über das Mittelmaß hinauskamen. Und ausgerechnet dieser David Fincher, der seit seinem Debüt "Alien 3" ausschließlich mit Thrillern in Erscheinung trat, sollte es also sein, der nun "Der seltsame Fall des Benjamin Button", eine Tragikomödie und Liebesgeschichte verfilmt. Aber das Resultat zeigt, dass Fincher nicht nur für gute Thriller zu haben ist, denn das, was ihm hier gelingt, ist ein kleines Meisterwerk und die beste Tragi-Komödie seit "Forrest Gump".
Fincher leistet handwerklich vollkommen versierte Arbeit. Die Filmmusik, meist bestehend aus ruhigen, einfühlsamen Klavierklängen, wird hervorragend dosiert und zum richtigen Zeitpunkt abgespielt, sodass Fincher von Anfang an eine emotionale Atmosphäre erzeugt, die einen als Zuschauer schnell in ihren Bann zieht. Hinzu kommt noch die liebevolle Kameraarbeit, hervorragende Landschaftsaufnahmen, enorm zerbrechliche Momente, die die Dramaturgie immer wieder aufs neue steigern, die perfekte Maske, die hervorragende Ausstattung, mit der Fincher den Zuschauer auf eine Reise durch verschiedene Epochen schickt, die wiederum authentisch wirkt, die visionären Effekte, sowie der starke Cast, die den Film visuell zu einem der besten Vertreter seines Genres machen.
Und auch erzählerisch leistet Fincher makellose Arbeit. Er erzählt den Film auf zwei Zeitebenen, schafft es aber dennoch die Dramaturgie, die Emotionalität des Films immer weiter zu steigern. Immer dann, wenn der Film droht in Gefühlskitsch zu verfallen, baut Fincher wieder einen Gag ein, um die Atmosphäre ein wenig zu lockern. Die humoristischen Stellen sind dabei perfekt dosiert, die Gags erreichen eine hohe Trefferquote. Dramaturgisch leistet Fincher ebenfalls starke Arbeit, immer mal wieder liefert er wirklich triste Szenen ab, die aber immer noch etwas tröstliches an sich haben, im nächsten Moment zeigt er schon wieder die schönen und positiven Aspekte von Benjamins Dasein und baut ein Wohlgefühl auf. Der Zuschauer, der sich ernsthaft auf den Film einlässt wird dafür mit einem breiten Gefühlsspektrum belohnt werden, das Fincher hier erzeugt. Am Ende bleibt eine Mischung aus einer gewissen Melancholie und einem Hochgefühl, sowie das Gefühl, ein echtes Meisterwerk gesehen zu haben, bestehen.
Finchers Arbeit ist detailversessen und liebevoll, allerdings unterlaufen ihm stellenweise doch ein paar kleinere Fehler, so ist das Erzähltempo temporär ein wenig zu langsam gewählt, wobei der Film damit nur wenig seiner faszinierenden, mitreißenden Wirkung einbüßt, aber die Darsteller tragen den Film durchaus über diese kleinen Leerläufe hinweg. So zeigt Brad Pitt hier die bis dato beste Arbeit seiner Karriere und überzeugt mit intensiven Gefühlsregungen und einem breiten schauspielerischen Spektrum, mit der er der Hauptfigur zu jedem Zeitpunkt gerecht wird. Dasselbe gilt auch für Cate Blanchett, die hier erneut unter Beweis stellt, dass sie zu Recht zu den besten Darstellerinnen Hollywoods gezählt wird. Sie spielt ihre Rolle schlicht und einfach grandios und harmoniert zudem sehr gut mit Brad Pitt, womit die beiden sympathischen Hauptdarsteller ohne weiteres den emotionalen Zugang zum Film gewährleisten und darüber hinaus Gefühlskitsch vorbeugen. Der restliche Cast ist ebenfalls perfekt besetzt, so zeigt sich Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton erneut von ihrer besten Seite, Julia Ormond spielt eine kleinere Rolle, diese jedoch extrem authentisch und bewegend und auch die restlichen Darsteller wissen zu gefallen.
Die Story hat leider durchaus zwischendurch ihre Hänger, so versucht der Film zwar auf einer philosophischen, tieferen Ebene auf das menschliche Leben, auf dessen Anfang, auf dessen Ende, auf das Schicksal, auf die Determination einzugehen, liefert jedoch kaum tiefere Ansichten und beschränkt sich auf große Gefühle und äußere Opulenz. Die Lebensweisheiten, die gebracht werden, regen eher selten zum Nachdenken an, klingen teilweise beinahe so plakativ wie die Sprüche auf kleinen Zetteln, die man sich beim Chinesen aus seinem Glückskeks angelt, aber dies ist angesichts der großen Stärken des Films durchaus zu verzeihen, auch wenn der Beigeschmack bleibt, dass (noch) mehr drin gewesen wäre.
Dem einen oder anderen mag diese mangelnde Tiefe sauer aufstoßen, aber die Biografie des Benjamin Button ist dann doch schlüssig und sein Charakter sehr liebevoll konstruiert. Alles in allem geht der Film mit seinen Charakteren überhaupt überaus liebevoll um, es gibt keine wirklichen Feindbilder zu sehen, jede der Figuren, egal ob der Vater, der Benjamin im Stich lies, oder die debilen Rentner aus dem Altersheim, ihnen allen lässt Fincher ihre positiven Seiten, ihre Würde, ihre liebevollen Charakterzüge, womit sich der sympathische Grundeindruck des Films noch weiter verstärkt. Anderen wiederum mag die eine oder andere Länge im Mittelteil nicht gefallen, aber dann sind da auch immer noch Momente, ein Kuss, eine Berührung, eine Umarmung, ein Sonnenuntergang, in denen der Film wieder fesselt und zutiefst berührt und dafür lohnt sich das Anschauen dieses kleinen, zerbrechlichen, wunderschönen Meisterwerks definitiv, das man am besten auf der großen Leinwand genießen sollte.
Fazit:
"Der seltsame Fall des Benjamin Button" ist mit seinen sympathischen Charakteren, seiner liebevollen Machart, seiner hervorragenden Optik, seinem einfühlsamen Score, dem überaus gelungenen dramaturgischen Aufbau und den liebenswerten, brillierenden Darstellern eine hervorragende Tragi-Komödie, die von Anfang bis Ende fesselt, amüsiert und berührt. Dutzende unglaublich intensive, tröstliche, oder auch melancholische Momente kommen so zustande, womit die Schwächen der Story und die kleineren Längen im Mittelteil in den Hintergrund treten. Man darf gespannt sein, was man von David Fincher als nächstes zu sehen bekommt!
85%