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Insbesondere während der letzten zehn Jahre hat sich der Einfluss des Mediums Film auf das wesentlich jüngere Medium Videospiel entscheidend vergrößert. Unübersehbar stark profitieren immer mehr Games von diesem Einfluss, was erstens an der filmischen Gestaltung von Atmosphäre und Storylines festzumachen ist und sich über komplexe Charakterentwicklungen bis hin zu kinematographischen Stilmitteln fortsetzt. Das „Spiel zum Film“ hat sich marktstrategisch etabliert und gehört mittlerweile zum Standard für jede kassenträchtige Großproduktion, Film-Adaptionen der erfolgreichsten Games treten verstärkt und mit sichtlich wachsenden Ambitionen auf. Im krassen Gegensatz zum Verhältnis zwischen Comic und Film (welche sich wechselseitig beeinflussen und einander viel zu geben haben) konnte die Welt der Videospiele die Kinolandschaft bislang kaum bereichern. Seien es die schludrigen Machwerke eines Uwe Boll oder Paul Anderson oder sinnfreier Big-Budget-Trash a la „Tomb Raider“ oder „Doom“ - eine zufriedenstellende Lösung scheint nicht in greifbarer Nähe zu liegen, vielleicht auch weil sich die stark interaktive Funktionsweise eines Games zu sehr von den allenfalls begrenzt interaktiven Möglichkeiten eines Films unterscheiden. Auch „Max Payne“ bildet keine Ausnahme von der Regel und scheitert gleich an mehreren Fronten.

Wie sehr sich die Geschichte an die Vorlage(n) hält bleibt hierbei unwichtige Nebensache – die Wahl des Stoffes erscheint allerdings sinnvoll da die Max-Payne-Reihe seit jeher als besonders verwandt mit der Kunstform Film gilt und sich aller erdenklichen Möglichkeiten zur filmischen Gestaltung bedient. Die Charakterzeichnung des Protagonisten und das gesamte Setting ist angelehnt an den klassischen Film Noir, verpflanzt in einen modernen Kontext und versehen mit originellen Selbstreferenzen. Die überaus erfolgreiche Reihe gilt als künstlerisch hochwertig und im direkten Vergleich zu hohlen Shootern wie „Far Cry“ auch durchaus als verfilmbar. Was sich auf dem Papier erfolgversprechend anhört verkommt unter der profillosen Regie von John Moore (der die Welt schon beglückte mit den beiden so unnötigen wie ambitionslosen Remakes zu „Flug des Phönix“ und „Das Omen“, sowie mit dem altbackenen Propaganda-Action-Thriller „Im Fadenkreuz“) zur reizlosen Oberflächenunterhaltung. Moore und sein scheinbar ebenso unfähiger Drehbuchautor Beau Thorne nehmen den Stoff so ungeheuer ernst, das sich schon nach wenigen Minuten die nachfolgenden Peinlichkeiten erahnen lassen.

Mark Wahlberg erweist sich nicht als beste Wahl für die Hauptfigur, deren vorhandenes Potential nur in wenigen Sequenzen auf flackert und größtenteils in langweilig überstilisierten Macho-Klischees vom äußerlich coolen und harten, dabei innerlich lange kaputten Cop ertrinkt. Nach vielen starken Leinwandaufritten scheint Wahlberg nach „The Happening“ einen weiteren Rückschritt zu machen, lässt keine Anstalten erkennen gegen das platte Drehbuch aufzubegehren und ringt seiner Figur keine interessanten Facetten ab. Während sich der Film mit ausgebleichten Farben und hektischen Schnitten der Ästhetik der Spiel-Vorlage annähern will bleibt er in seiner konventionellen Inszenierung fade und ohne Überraschungen. Wahlberg bleibt, wie der restliche Cast, hölzern und überzeugt nicht einmal vollends in den actionreichen Szenen. Mila Kunis versucht gar nicht erst mehr zu sein als pures Eyecandy und scheint sich in dieser Rolle erschreckend wohl zu fühlen, Beau Bridges bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück während Chris O'Donnell eine gewohnt dürftige Leistung hinlegt. Nebenbei bekommt es der Zuschauer mit Anti-Schauspielern aus dem Musik-Business zu tun, was bei Rapper Ludacris eine wesentlich kleinere Überraschung darstellt als bei Nelly Furtado, hier in ihrem Kino-Debüt und ihrer hoffentlich letzten Vorstellung außerhalb ihrer Musikvideos und eventuellen Cameo-Auftritten.

Die ohnehin profane Geschichte wird ausgebremst durch abwechslungsarme Action, aufgesetzte emotionale Konflikte die durchweg unglaubwürdig bleiben und wird überdies untermalt von einem erschreckend schwachen Score. So ist es letztlich nicht nur die mangelnde Einfühlung in die Gefühlswelt der Hauptfigur sondern auch die sterile Gesamtkonzeption, gegen die „Doom“ alleine durch eine fünfminütige Ego-Shooter-Sequenz wie die Erfindung des Rades anmutet im Vergleich zu vorliegendem, gänzlich uninspiriert erzähltem Filmchen, welches ganz brav den amerikanischen Waffenfetisch bedient. Doch weder die Zuwendung zu tosenden Schießereien noch der abgegriffene Neo-Noir-Look sind imstande den Film über die überschaubare Laufzeit hinweg zu tragen, sodass sich quälende Langeweile breit macht. Puristen werden vermutlich lauthals los schreien um sich über das Aussehen Wahlbergs, über diverse Abweichungen des Handlungsgerüstes oder auch über das Fehlen expliziter Gewalt mokieren – all das ist aber nicht nötig um zu erkennen das es sich schlichtweg um einen verkorksten Film handelt.

Fazit: „Max Payne“ ist eine weitere typische Game-Verfilmung – dramaturgisch flach, schlecht gespielt und inszeniert, außerdem visuell einfallslos und jeden innovativen Ansatz. Selbst unter den Händen von Dr. Boll wäre dieser Patient nicht schneller weggestorben.

02 / 10

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