„König Drosselbart“ gehört wahrlich nicht zu den düsteren Märchen der Gebrüder Grimm und vielleicht auch nicht zu den tiefgründigen, doch filmtechnisch umsetzen lässt es sich in jeder Hinsicht problemlos. Auch wenn die Tschechen und Russen Spitzenreiter der klassischen Verfilmungen sind, - auch hierzulande gibt es fähige Regisseurinnen wie Sibylle Tafel, die das Herz der Geschichte erkennen und adäquat umsetzen können.
Prinzessin Isabella (Jasmin Schwiers) ist die Arroganz in Person. Sie soll sich einen Freier aussuchen, doch an jedem hat sie etwas zu mäkeln. Da beschließt ihr Vater, sie mit dem nächst bestem Bettler aus dem Schloss zu jagen. Doch dieser ist Prinz Richard (Ken Duken) in Verkleidung eines armen Spielmannes, welcher der egozentrischen Isabella eine Lektion erteilen will…
Märchen sind in den meisten Fällen Kindheitserinnerungen, egal ob in Form eines Hörspiels, Vorgelesen oder als Buch. Und dazu hat man natürlich bestimmte Bilder im Kopf, wie spezielle Figuren auszusehen haben oder bestimmte Landschaften verlaufen sollten.
Die Musik macht sogleich deutlich, dass die Erzählung einen leicht verträumten und verspielten Bogen einschlägt, der recht gut zur Grundstimmung des Märchens passt.
Ken Duken hat zwar etwas zu wenig Kinn für einen Drosselbart, doch Jasmin Schwiers macht sich recht gut als dauernörgelnde Prinzessin.
Gelungen sind auch kleine Abweichungen vom Original, so offenbart Felicitas Woll als Schwester Richards eine emanzipatorische Seite, da sie als erste Frau Ritter werden möchte und ihrem Bruder oft zuspricht, während der sozialkritische Kern der Geschichte meistens treffend und manchmal leicht zynisch auf den Punkt gebracht wird. Isabella hat einige Lektionen zu lernen, bevor sie freiwillig vom hohen Ross absteigt und die einfachen Dinge des Lebens zu schätzen lernt.
Leider kommt es im Mittelteil zu kleineren Längen, welche jedoch der mangelnden Dramaturgie des Originals geschuldet sind. Die Passagen, in denen Isabella und der Spielmann allein in der Hütte sind, hätten deutlich gestrafft werden können, demgegenüber hätte es der Erzählung gut getan, die Interaktionen zwischen Isabella und dem einfachen Dienstvolk ein wenig zu intensivieren, da es hier zu einigen recht unterhaltsamen Momenten kommt. Dafür entschädigt die finale Enthüllung vor der Hochzeit, welche wieder diese nette Mischung aus komödiantischen Anteilen und ernstem Hintergrund ins Spiel bringt.
Abschließend lässt sich resümieren, dass die knappe Stunde recht kurzweilig verläuft, die Inszenierung mit okayer Ausstattung, angemessenen Kostümen und ansehnlichen Schauplätzen daherkommt und sämtliche Darsteller solide performen. Der Score bietet ein gefälliges Repertoire einiger markanter Melodien, während Erwachsene als auch Kinder ein paar unterhaltsame Momente erhalten.
Vielleicht nicht die beste Verfilmung, aber vielleicht auch nicht die beste Vorlage der Gebrüder Grimm, - dafür geht die Umsetzung voll in Ordnung.
6 von 10