Seine Wiederauferstehung erlebte „Outbreak“ nach dem 11. September, als ein regelrechter Run auf die amerikanischen Videotheken begann, um den „worst case“ live und in Farbe auf der heimischen Flimmerkiste verfolgen zu können. Schon seltsam, die Amis...
1995 dagegen war der Virenthriller noch Zukunftsmusik. Ebola war bestenfalls aus den Nachrichten bekannt und so richtig hat sich auch niemand um das, was da so tief in Afrika ganze Dörfer ausgerottet hat, gekümmert. Unseren beiden Exportschlager Wolfgang Petersen („Das Boot“, „Troy“) und Michael Ballhaus („Goodfellas“, „Dracula“), beide für den späteren „Air Force One“ noch mal vereint, plustern diesen aus gutem Grund für unmöglich erklärten Fall, dass ein tödlicher unaufhaltsamer, höchstansteckender Virus Amerika heimsuchen könnte, auf Kinoniveau auf – bleiben aber im Popcorngang hängen.
Mit Budenzauber geht es los. 1967, irgendwo in Zentralafrika, zersetzt ein geheimnisvoller Virus eine ganzes Dorf, worauf die um Hilfe gerufenen Amerikaner auf Nummer Sicher gehen und das Gebiet großflächig bepflastern. In Sicherheit wähnend, haben sie nicht mit in Dschungeln lebenden Überträgern gerechnet. Affen beispielsweise...
In der damaligen Gegenwart 1995 taucht der von nun an Motaba heißende Virus in Zaire wieder auf und begibt sich dank eines Affen als Träger nach Amerika, um schließlich in einer Kleinstadt den Super-GAU heraufzubeschwören.
Zunächst vereint „Outbreak“ alle klassischen Elemente des relativ jungen Genres. Der infektiöse Beginn mit den durch Pusteln entstellten todkranken Menschen und der Vertuschung der Angelegenheit, bis hin zur Verfolgung der unausweichlichen Ankunft des Virus in Amerika. Hauptfigur Colonel Sam Daniels (Dustin Hofmann, „Hook”, „Meet the Fockers”), der sich schon zu Beginn von der Wirkung des bakteriellen Feindes überzeugen darf, redet Cassandra-like gegen die Sturheit der etwas verbergenden Vorgesetzten an, trifft darauf eine eigenmächtige Entscheidung und beordert sein gesamtes Team ins Krisengebiet, um dort den Kampf aufzunehmen.
Leider verlässt sich Wolfgang Petersen, hier wenigstens noch nicht ganz so patriotisch wie in „Air Force One“, dafür aber mit viel Pathos, sich nicht gänzlich auf den unsichtbaren Feind und beginnt ab dessen Ausbruch mit allerlei Popcornelementen zu jonglieren. Vor Ort treffen nämlich auch bald Daniels Ex und Kollegin Robby Keough (Rene Russo, „Lethal Weapon 3“, „Tin Cup“), die wir in einem kurzen Beziehungsintermezzo vorweg schon kurz kennen lernen durften und die beiden Vorgesetzten Major General McClintock (Donald Sutherland, „Kelly`s Heroes, „Eye of the Needle“), sowie dessen untergebener Brigadegeneral Billy Ford (Morgen Freeman, „The Shawshank Redemption“, „Se7en“) ein. Der gemäßigte Ford muss derweil zusehen, dass der mit ihm befreundete Daniels McClintock nicht in die Schussbahn läuft. Leider ist dieser Handlungsstrang nur ein altbewährtes Klischee, um die mal wieder, um ihre eigenen Interessen zu wahrenden, dunklen, einflussreichen, in irgendwelche geheimen Experimente verwickelten Militärs im Hintergrund. Die dabei auftretende ethische Frage, ob man nun so ein amerikanisches Städtchen auch ausradieren darf, wird unwürdig verworfen. Der Präsident hat eben auch Angst und befielt es. Punkt.
Das Szenario selbst hat Petersen zumindest zu Beginn noch voll im Griff. Das örtliche Krankenhaus ein einziges Chaos voller verwirrter, schreiender, stöhnender, dahinsterbender Menschen. Draußen die verängstigten Menschenmengen, die sich kaum bändigen lassen. Dazwischen immer wieder Laborpraxis mit übermüdeten Wissenschaftlern, neuen Erkenntnissen und Rückschlüssen. Ja, so stellt man sich einen Virenthriller vor.
Leider kehrt „Outbreak“ dann jedoch immer wieder den Anspruch heraus ein Popcornfilm sein zu wollen. Deshalb müssen sich nicht durch Worte aufhalten lassende Flüchtlinge effektreich durch einen Kampfhubschrauber zersieben lassen und der Film sich im letzten Drittel fast gänzlich von Thema (über die überkonstruierte Entdeckung des Affen lache ich noch mal herzlich) abwenden, um eine Hubschrauberhatz über Baumwipfel mit anschließender, mutloser Aerosolbombenzündung zu zelebrieren. Keine Frage, optisch klasse gemacht nur dabei das eigentliche Thema aus den Augen verloren.
Die in die Stadt einrückenden Truppen mit Hubschrauberbegleitung tragen eindeutig Ballhaus Handschrift und sehen ungemein beindruckend aus, die allgegenwärtige tödliche und so furchteinflößende weil erstens unsichtbare und zweitens nicht fassbare Gefahr bringt Petersen auch rüber, vergeht sich dann aber unverständlich plötzlich an einer extrem sülzigen Abschiedsszene, bei der eine Mutter ihre Familie verlässt und in den draußen wartenden Hummer einsteigt. Mehr dick aufgetragene Emotionen als der Film verträgt.
Für die Auflockerungsübungen ist hierbei Cuba Gooding Jr. („Chill Factor“, „Rat Race“) als unbeleckte Unschuld, die vom hartnäckigen Virologen Dustin Hoffmann in den Schlamassel geführt wird, zuständig. Deren Suche nach dem eigentlichen Träger ist genauso so undramatisch, wie das berechnende Dahinsiechen und Anstecken der nur aus diesem Grund ins Leben gerufenen Personen wie Casy Schuler (Kevin Spacey, „Se7en“, „L.A. Confidential“). Komprimiert auf die Kleinstadt hätte „Outbreak“ mit Sicherheit mehr Spannung erzeugt.
Nun will ich „Outbreak“ nicht gänzlich schlecht reden, er ist immerhin ein Popcorn-Szenario, das seine Momente hat. Insbesondere wenn Petersen langsam im ersten Drittel die Situation zuspitzt, sterbende Menschen zeigt, durch dumme Unfälle menschliche Schicksale heraufbeschwört und in der Stadt sich Panik breit macht, kann man das unbehagliche Kribbeln im Nackenbereich nicht verleugnen. Auch die Rasanz des Plots spricht für „Outbreak“, denn Daniels ist ja hier ein quasi Dauerreisender, der, um den drohenden Kollateralschaden abzuwenden, von Ort zu Ort hetzen muss.
Umso enttäuschender dafür der formelhafte Plot und die Figuren vom Reißbrett. Vom unantastbaren, ambitionierten Helden bis zum schmierigen, boshaften, nur seine eigenen Interessen vertretenden, über Leichen gehenden Militär sind hier nun wirklich alle Standards vertreten. Selbst die Lovestory findet hier ihren Platz, so dass „Outbreak“ sich in dieser Hinsicht jedenfalls nicht mit Ruhm bekleckert.
Viel faszinierender wäre es doch gerade hier gewesen, dem Bösen hier einmal kein Gesicht zu verleihen, was zu Beginn ja auch tatsächlich so praktiziert wird und daraus ein wirklich pessimistisches Szenario mit Bad End zu kreieren. Aber soviel Risikobereitschaft bringen leider die wenigsten Hollywoodproduktionen mit – am wenigsten der inzwischen „amerikanisierte“ Wolfgang Petersen.
Fazit:
Für „Outbreak“ bleibt letztlich nur das Mittelmaß und das hat Wolfgang Petersen den Drehbuchautoren zu verdanken. Das Zuspitzen der Situation, die kribbelnde Spannung in den Laboren, das Elend im überfüllten Krankenhaus, die zum Sterben verurteilten Menschen und die abgeriegelte Kleinstadt sind wirklich hochspannendes, dramatisches Kino. Aber wenn dann böse Militärs im Hintergrund finstere Pläne zu schmieden beginnen, der Film völlig vom Thema abkommt, lachhaft konstruierte Plotwendungen zur Lösung führen und brisanter Diskussionsstoff aufgeworfen, aber nicht durchleuchtet wird, steht er auf verlorenem Posten. Genau, wie die hier durchweg nur routiniert agierende Starriege.