Richter Roy Bean war nun bestimmt nicht unbedingt eine Seele von Mensch. Und da der Eigentbrötler real existierte, dürften seine Zeitgenoßen in seiner Umgebung wohl ein recht unruhiges Leben geführt haben. Denn der selbsternannte Richter und "Gesetz westlich des Pecos" nahm es mit den Zeilen der Rechtsbücher nicht wirklich genau und verurteilte alles und jeden, was ihm gerade nicht in den Kram paßte oder das Pech hatte in bei schlechter Laune zu erwischen. Wen der Richter Schrägstrich Saalonbesitzer abgeurteilt hatte, der konnte zumindest mit einer saftigen Geldstrafe (die zumeist exakt das betrug, was der Dillinquent besaß), nicht selten aber auch mit dem Tode am Strang als "Strafe" rechnen.
Und eben von jener skurrilen Gestalt des alten Westens handelt der vorliegende Film Das war Roya Bean. Und ganz genau nimmt es das Werk zugegebenermaßen mit den Fakten nicht. Denn um aus den verschiedenen Mären und Geschichtchen, die über den Richter von eigenen Gnaden erhalten sind, einen roten Faden stricken zu können der in die Lauflänge eines Filmes paßt, würfelten die Drehbuchautoren die verschiedenen Ereignisse temporär nach Gutdünken durcheinander, schmückten sie aus, kürzten oder veränderten sie. So verstarb beispielsweise die Frau Beans im wahren Leben nicht (wie hier) im Kindsbett, sondern lief im davon und auch das Dreißigerjahre Szenario gen Ende des Films (inkl. Autos etc.) hätte zu des Richters Lebzeiten wohl so kaum stattfinden können. Aber nun gut, es ist ein Film, da toleriert man auch ein gewisses Maß an künstlerischer Freiheit.
Und das Werk ist auch recht gut geraten. Die staubigen Kulissen bringen gutes Flair rüber und wirken überzeugend, Roy und seine Galgenvögel liefern eine solide schauspielerische Leistung ab und die verschiedenen hier ineinandergewobenen Ereignisse aus dem Leben Beans und seiner Spießgesellen halten den Zuschauer durchgehend bei Laune. Als kleiner Wermutstropfen entpuppen sich im Rückschluß lediglich einige unglückliche Einschläge der Entstehungsära des Streifens, die der Siebzigerjahre. So wirkt zum Beispiel die überspitzte Darstellung des Desperados "Geister-Bob" völlig fehl am Platze, da dieser fast als Super-Villain dargestellt wird (er trink kochenden Kaffee direkt aus einer vom Feuer genommenen Kanne) und, entgegen dem sonst überwiegend "realitätsnahen" Ambiente des Films durch seine surreale Aufmachung (Haut weiß wie die Wand, schwarze Uniform) hervorsticht. Da der besagte Charakter aber ohnehin nur für eine Schrecksekunde interveniert, ist dass zu verschmerzen. Gleiches gilt auch für einige erfolglos um Humorigkeit bemühte Debakel im deutschen Script, die den unsäglich unangebrachten Kalauerei der Seventies frönen, die man heute einfach nicht mehr lustig finden kann und auch nicht will. Glücklicherweise halten sich diese Ausrutscher aber im Rahmen, wodurch man auch der Dub im Insgesamten noch eine gute Note geben kann.
F A Z I T :
Das war Roy Bean ist ein unkonventioneller Westernstreifen um den eigenbrötlerischen Richter vom Pecos, der zu gefallen weiß. Lediglich in der Schlußphase gerät der Filmfluß durch Ereignis-Durststrecken leicht ins Stocken. Dennoch: Wer Western mag und mal 'nen Abend nichts Besseres zu tun hat, der darf hier ruhigen Gewissens mal einen Blick riskieren.