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(Enthält massive Spoiler)

Falsche Fährten, Internetterrorismus, geheime Militärprojekte und ein Supercomputer außer Kontrolle - das sind die Zutaten, aus denen Eagle Eye zusammen gerührt wurde. Die Motive für sich sind dabei hinreichend bekannt aus Filmen, die eher dem phantastischen (Terminator 3 oder 2001) oder dem Thriller-Genre (The Net oder Enemy of the State) zugeordnet werden können. Zumeist ist jedoch die Zutat, die als die fehlende oder nur unterrepräsentierte ausgemacht werden kann, jene der ernsthaften Kritik an der technokratischen Gesellschaft, die immer mitthematisiert wird. Eagle Eye bildet dabei mit seiner Fixierung auf eher mittelmäßige Action und Tempo keine Ausnahme.


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Da hätten wir wieder die Geschichte eines ahnungslosen Twentysomethings namens Jerry Shaw, der irgendwann einen Haufen Bombenbastel-Equipment in seiner kargen Behausung findet und vom FBI vom Fleck weg verhaftet wird. Eine allwissende Stimme am Telefon befreit ihn mit obskuren Anweisungen aus den Klauen der amerikanischen Bundespolizei und gibt ihm ebenso wie der ahnungslosen Mutter Rachel Holloman unter diversen Druckmitteln einen Auftrag, der mit der Absetzung des gesamten politischen Führungsstabs der USA zu tun hat. Die Telefonstimme entpuppt sich als Amok laufender Supercomputer, der nach einer durch falsche Entscheidungen fehl gelaufenen Militäroperation alles daran setzt, die als Gefahr eingestufte US-Regierung zu ersetzen - sprich: zu eliminieren.

Dafür muss dann der gemeine, patriotische Durchschnittsamerikaner sorgen - John Stuart Mill würde sich in seinen liberalistischen Gedanken bestätigt fühlen, was die Machteinschränkung der übermächtigen Regierung durch den Einzelnen angeht. Stets unter den Augen von Big Brother, dem HAL 9000 des Internets, der Werbebanner, Ampelschaltungen und diverse Baumaschinen kontrollieren kann und dies auch tut. Durch die Erfordernisse an Kapazitäten, die durch die Aufzeichnung und Auswertung jenes Wusts an Daten entsteht, die jede Überwachungskamera an jeder Ecke der USA produziert, musste ein Organ geschaffen werden, dass in seiner Macht und seinem Einfluss dem Menschen um ein Vielfaches überlegen ist. Paranoia fordert das Opfer der Technokratie und der homo faber schaufelt sich durch sich selbst in seiner Fähigkeit als Programmierer eines rational überlegenen Wesens und seiner eigenen Erpressbarkeit das Grab seiner eigenen Autonomie. Soweit die in Ansätzen vorhandene Gesellschaftskritik.


Der Verstand ist dem Menschen gegeben, damit er ihn benutzt." (John Stuart Mill)  

Doch Eagle Eye versagt darüber hinaus. Dieser Film ist kein Politkino (auch wenn er das gerne sein würde) und irritiert nicht zuletzt mit seinem zutiefst inkonsequenten und extrem unentschlossenen Pseudo-Happyend (Love-Story - ja/nein?), das sehr unglaubwürdig wirkt. Auch einige abstruse Plotkonstruktionen wie die Idee mit dem ahnungslosen, eineiigen Zwillingsbruder, dem neuen Kristall-Sprengstoff oder der Sprachrekonstruktion im abhörsicheren Raum mittels Vibrationen an einer Kaffeetasse (!) sind sehr konstruiert. Die Actionsequenzen (es gibt die ein oder andere Verfolgungsjagd) sind meist unübersichtlich und einmal mehr viel zu schnell geschnitten und wacklig fotografiert und sowohl das Ermittlerduo Billy Bob Thornton und Rosario Dawson als auch Michelle Monaghan an der Seite des schmächtigen, aber ungeheuer präsenten Spielberg-Schützlings Shia LaBeouf werden sträflich unterfordert. Aber gut: das Tempo stimmt, die Spannungsschraube wir beim Nägelkau-Finale ziemlich stark angezogen und der Film unterhält über weite Strecken sehr gut. Fragt sich letztendlich nur, was Eagle Eye uns fernab seiner Vorbilder letztendlich wirklich Neues mitzuteilen hat. Ich formuliere es mal vorsichtig: Eher wenig. Auch wenn wir jetzt endgültig wissen, dass Shia LaBeouf nicht nur gut aussehen, sondern auch präsent schauspielern und auf Kommando weinen kann.

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