Review

  „Bescheidenes Bombastkino"

Der aktuelle Herrscher des US-amerikanischen Krawall-Kinos hat mit seinem ebenso erfolgreichen wie dämlichen Transformers-Sequel einen zwar sicher ungewollten, aber nichts desto trotz amüsanten Nebeneffekt bewirkt: man lernt seinen Emmerich wieder schätzen. Das mag nach der flachen Steinzeit-Schmonzette 10.000-B.C.  zu manch hochgezogener Augenbraue führen, bezieht sich aber auch mehr auf das Frühwerk unseres Schwabenexports in Hollywood.
So sind vor allem die Parallelen zwischen Transformers--Die-Rache  und Emmerichs 15 Jahre alten Science Fiction-Hit Stargate überdeutlich. Hier wie dort stolpert ein ebenso unbedarfter wie unbeholfener Wirrkopf durch eine krude Fantasystory. (Ja, James - Boston Legal - Spader war auch einmal so etwas wie ein Teeniestar.) In beiden Filmen geht es um eine hochentwickelte Alienrasse, die für die Zukunft der Menschheit nichts Gutes im Sinn hat. Natürlich hat sich das extraterrestrische Unheil bereits in der Ur- und Frühgeschichte auf unserem Planeten eingenistet. Die altägyptische Mythologie und vor allem die Pyramiden von Gizeh scheinen dabei sowohl auf Bay wie auch auf Emmerich eine besondere Faszination ausgeübt zu haben. Ach ja, der waffenstarrende Einsatz des allen Gefahren trotzenden US-Militärs darf dabei selbstredend nicht fehlen. Soweit die Übereinstimmungen.

Dass Stargate letztlich der wesentlich bessere Film ist, leuchtet sicherlich nicht sofort ein. Schließlich durfte Bay 200 Millionen Dollar verpulvern, auch inflationsbereinigt mehr als das Dreifache des Stargate-Budgets. Und diese Summe ist auf der Leinwand durchaus sichtbar, in einem Genre das sich hauptsächlich durch Schauwerte definiert mehr als die halbe Miete. Das Problem: „Size does not always matter". Emmerich hat das ja mit seinem drögen Godzilla-Remake bereits selbst erlebt.
Natürlich ist auch sein zweiter Hollywoodfilm kein Referenzprodukt für ausgefeilte Dialoge, eine intelligente Geschichte, ansprechende Schauspielleistungen oder überhaupt irgendeine Form von Substanz.  Auch mit der Logik ist es nicht allzu weit her. Aber während der zweite Transformers-Film in allen diesen Bereichen einträchtig am unteren Ende der Skala einpendelt, kann Stargate hier zumindest genreüblichen Durchschnitt bieten.

Die Idee eines Portals in eine andere Welt ist zwar nicht neu, aber immer noch faszinierend genug für eine Wiederbelebung. James Spader wirkt sympathisch als verschrobener Ägyptologe, der als Berater eines militärischen Geheimprojekts endlich seine belächelten Theorien überprüfen kann. Er liefert einen angenehmen (und notwendigen) Kontrast zu Kurt Russels breitschädeligen Colonel O´Neil. Mit eckigem Bürstenhaarschnitt und steinerner Mimik ist der Anführer des Marine-Sonderkommandos natürlich hart an der Karikatur. Einzige - dafür aber krasse Fehlbesetzung - ist der androgyne Jaye Davidson als finsterer Sonnengott Ra. Er wirkt ungefähr so bedrohlich wie die Schmusekatze, die permanent um seinen Thron schleicht. Das war wohl auch den Machern bewusst, anders ist die völlig fehlgeschlagenen Idee ihm zusätzlich blitzende Augen und eine tief grollende Horror-Stimme zu verpassen wohl nicht zu erklären.

Über allen Zweifel erhaben sind die optischen Tricks. Es ist immer wieder erstaunlich, was Emmerich aus seinen vergleichsweise moderaten Budgets herausholt. Raumschiffpyramide, Sternentor, Panzerung der Wachen sowie Ras futuristische Kampfflieger wirken realistisch und fügen sich nahtlos in das visuelle Gesamtbild. Hier beeindrucken insbesondere die zahlreichen Wüstenszenen, die dem Film zumindest teilweise die angestrebten epischen Dimensionen verleihen. Anders als bei Bays Transformers-Sequel stören hier noch nicht der inzwischen inflationär eingesetzte Farbfilter und die wohl im Moment unvermeidliche hektische Wackeloptik das Sehvergnügen.

Dass sich Emmerich Filme wie Ben Hur zum zumindest visuellen Vorbild nahm, mag zwar etwas größenwahnsinnig anmuten, ist aber stellenweise durchaus sichtbar. So gibt es gegen Ende eine  Massenszene mit über 2000 Statisten, als das von Ra unterdrückte Beduinenvolk den Aufstand probt. Auch deren Wüstenstadt Nagada sowie das Portal des Ra-Tempels wurden als maßstabsgetreue Kulissen in der Wüste von Yuma (Arizone) errichtet. Das Innere von Ras Palast entstand in einem riesigen Flugzeughangar in Long Beach.
David Arnolds - inzwischen fest etablierter Nachfolger John Barrys als James Bond-Hauskomponist - kraftvoller Score tut ein übriges. Ohne ins peinlich-pathetische abzugleiten, oder sich - wie häufig in diesem Genre - permanent penetrant in den Vordergrund zu dröhnen, findet der Engländer die richtige Mischung aus Bombast und Rasanz und wertet damit die Eyecatcher-Sequenzen zusätzlich auf.

Es sind auch solche Bemühungen die letztlich  den Charme des Films ausmachen. Stargate ist ein typischer Emmerich im positiven Sinn. Ein zwar reichlich naives, aber flott erzähltes Fantasy- bzw. SciFi-Märchen, bei dem die eindrucksvollen Schauwerte die löchrige Story weitestgehend vergessen machen. Trotz seines Alters und seines behäbigen Tempos ist Stargate dem storytechnisch und visuell ganz ähnlich gelagerten Transformers - Die Rache klar vorzuziehen. Zwar ist bei Emmerich schwabentypisch alles etwas sparsamer und bescheidener geraten, aber das kann durchaus auch im Hollywoodschen Bombastkino eine Tugend sein.

(6,5/10 Punkten)

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