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Reggie kehrt aus dem Winterurlaub nach Paris zurück und findet mit Entsetzen eine völlig leergeräumte Wohnung vor. Schnell erfährt sie auch von der Ermordung ihres Mannes Charles, der ein Geheimnis mit sich herumtrug, das ihm nun zum Verhängnis wurde: Im Krieg hatte er mit drei alten Kriegskameraden 250.000 Dollar vergraben und sich mit dem Geld aus dem Staub gemacht. Diese drei bedrängen fortan die ahnungslose Reggie und fordern vehement ihren Anteil ein. Sie sucht Zuflucht und Hilfe bei dem ebenfalls zwielichtigen Peter Joshua - ein Fehler?
“Charade” ist wohl einer der ganz wenigen Filme, der an einen brillanten Hitchcock-Film erinnert, aber nicht vom Altmeister ist: Regie führte Stanley Donen, der sich eher im Musikfilmgeschäft einen Namen gemacht hatte. Mit dieser spritzigen und von Einfallsreichtum nur so strotzenden Krimikomödie bewies Donen, daß er auch in anderen Genres sehr gut aufgehoben ist.
Mit einem spielfreudigen Starensemble (u.a. Audrey Hepburn, Cary Grant, George Kennedy, Walter Matthau, James Coburn) gelang dem Regisseur ein filmisches Juwel, das ich mir immer wieder gern ansehe und dabei jedes Mal gleichbleibend meine helle Freude an dem ungemein geschickt gestrickten und mit etlichen überraschenden Wendungen versehenen Schauspiel habe. Alles dreht sich um die Schlüsselfragen: Wer hat Charles umgebracht? Wo sind die Viertelmillion Dollar? Mit diesen Fragen als Initialzündung entwickelt sich ein verrücktes Katz-und-Maus-Spiel, in dem ständig Täter und Opfer wechseln, da sich der Kreis der Verdächtigen mit jedem weiteren Mord weiter verkleinert, bis nur noch einer von den ursprünglich vier möglichen Tätern in Frage kommt. Die Auflösung des ganzen Puzzlespiels überrascht schließlich vollkommen und läßt den Zuschauer baff in die Couch sinken.
Die Geschichte lebt von seinen vielseitigen kuriosen Charakteren: Der mit einer metallenen Ersatzhand ausgestattete Hermann, der permanent niesende Zwerg Gavin, der ekelhaft zynische Tex und zu guter Letzt der notorische Lügner Peter, dessen hier angegebener Vorname nicht der letzte bleiben soll - sie alle befinden sich in prächtiger Spiellaune, geben dem Film den nötigen Pfiff und sind allein schon Unterhaltung genug. Nicht zu vergessen natürlich die Hauptdarstellerin Audrey Hepburn in der Rolle der aparten Reggie, die verzweifelt nach jemandem sucht, dem sie in diesem Sammelsurium von Lügen überhaupt trauen kann. So prägt “Charade” weniger nervenzerrende Spannung, sondern durchgehend witzig-frische Unterhaltung mit einigen Spannungselementen (gerade am fulminanten Ende), die hin und wieder sogar ins herrlich Makabre abgleitet (etwa als nacheinander die drei schrägen Gestalten auf Charles‘ Beerdigung auftauchen). Ein weiteres absolutes Vergnügen sind die phantastischen, einfach nur zu genießenden Dialoge und Sprüche, von denen der ein oder andere an die Wand genagelt gehört. Allein schon die erste Begegnung zwischen Reggie und Peter sprüht von lockerem Sprachwitz. Schade, daß dies der einzige Film bleiben sollte, in dem Cary Grant und Audrey Hepburn gemeinsam vor der Kamera standen.
Daß Donen eine phantastische Hitchcock-Hommage gelungen ist, kann man allein daran erkennen, daß der Zufall auch hier eine gewichtige Rolle spielt (wie in zahlreichen Hitchcock-Filmen auch), z.B. als den drei Hauptdarstellern innerhalb kürzester Zeit nacheinander dämmert, wo sich die 250.000 Dollar befinden könnten.
Die Musik verdient auch das Prädikat “absolute Spitzenklasse” und sorgt beim turbulenten Showdown erst für den richtigen Pfeffer, das für eine Prise Nervenkitzel benötigt wird.
Alles in allem ergibt “Charade” eines der wenigen filmischen Beispiele, bei dem jede Kleinigkeit paßt und bei dem nicht eine einzige Minute überflüssig, geschweige denn langweilig ist. Jeder, der noch ältere Filme zu schätzen weiß und nicht von dem knallbunten Popcornkino der heutigen Gesellschaft abgestumpft ist, sollte sich “Charade” nicht entgehen lassen. Erstklassig!

Fazit: Die vielleicht beste Hitchcock-Hommage aller Zeiten! Populäre Schauspieler in Höchstform, Spannung, Witz, etwas Action, Falltüren, wohin man blickt, Musik - alles stimmt! Dazu muß nicht viel gesagt werden. Unbedingt ansehen!

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