Ein schwer bewachter Gefangenentransport rollt über die Autobahn. Da ist es doch fast Naturgesetz im Actionkino diesseits und jenseits des großen Grabens, dass alsbald die mehr oder weniger spektakuläre Befreiungsaktion auf dem Fuße folgt. Und da enttäuschen auch die Kollegen in Frankreich nicht: Unter Einsatz mittelschwerer Artillerie ist der Gefangene, ein Herr namens Vargas, fix befreit, einige Leichen und der leicht ratlose Zuschauer bleiben zurück.
Denn eine Erklärung für das Geschehen gibt es erst mal nicht. Statt dessen dürfen wir den Großstadtcop Vincent Drieu (Gallien-Veteran Richard Berry) dabei beobachten, wie er in einer öden französischen Industrieregion das so ziemlich hässlichste Polizeirevier westlich von Kabul entert, wo dementsprechend demotivierte Kollegen die Tage bis zur Schließung lustlos totschlagen. Anders Drieu, der trotz einer eher düsteren Vergangenheit mit vollem Einsatz zur Sache geht, und vom jugendlichen Kleindealer über die um die Handtasche beraubte Oma bis zum Provinzmafioso die Fälle gleich im Dutzend billiger angeht. Denn er wittert sofort und untrüglich einen Zusammenhang, auch mit der anfänglichen Gefangenenbefreiung...
Irgendwie war früher alles besser, meinen ja manche. Französische Krimis waren düster, die Cops korrupt und dreckig, Verdächtige wurden schnell und heftig misshandelt, bis sie ihren Boss ans Messer lieferten, und dann wurde die Knarre gezogen und kurzer Prozess gemacht. So ändern sich die Zeiten: Wenn Gegenwarts-Flic Drieu nicht gerade kleine Katzen rettet, bringt er ein paar körperlich und psychisch abgehalfterte Kollegen auf Trab, fühlt mit allen Opfern mit und kombiniert mit einer Auffassungsgabe, die Sherlock Data erblassen lassen müsste, einen Fall aus mindestens 10 Einzelteilen zusammen. Und wenn alles nichts mehr hilft, greift er trotz traumabedingten Tatterich in den Händen zum großkalibrigen Revolver und legt die Bad Guys gleich reihenweise um. Bleibt die Frage für den geneigten Zuschauer: Ist das alles wirklich ernst gemeint ?
Einige Indizien sprechen dafür, dass die Macher diese wilde Mischung aus Krimi, Action und einem von den Autoren wohl als "sozialkritisch" gedachten Szenario tatsächlich für voll genommen haben; dennoch mag man als Zuschauer ein gewisses Dauergrinsen kaum aus dem Gesicht bekommen. Aber lassen wir uns mal auf die offenkundig ernsthafte Intention ein und ziehen unvoreingenommen Zwischenbilanz. Was als erstes nach dem actionreichen, wenn auch nach aktuellen Maßstäben doch eher altmodisch und nicht allzu dynamisch inszenierten Auftakt auffällt, ist der ausnehmend hässliche (und zugegeben ganz gut eingefangene) Schauplatz rund um eine riesige Chemieindustrieanlage in Südfrankreich. So etwas ist mir in letzter Zeit schon öfters untergekommen, am beeindruckendsten in der kanadischen TV-Serie (Geheimtip !) Durham County, wo das sonst so beschauliche Kanada dermaßen abstoßend in Szene gesetzt wurde, dass auch dem simpel gestrickten Zuschauer wie mir auffallen muss: Hier spiegelt die hässliche Landschaft den allgemeinen Werteverfall und das Innenleben der Protagonisten, die allesamt so kaputt sind wie es irgendwie geht. Mögen die Autoren hier so etwas Ähnliches geplant haben, bleibt es beim gut gemeinten Versuch, denn die polizeilichen Hauptcharaktere sind trotz allerlei eingebauter Problemchen und einiger scheinbarer Miesmuscheln allesamt herzensgute Kerlchen und -Innen (mit der Ausnahme des obligatorischen Verräters, natürlich). Speziell die Berry-Figur ist mit ihren turmhohen Traumata bei gleichzeitig polizeilicher Omnipotenz dermaßen dick aufgetragen, dass es einem zwischenzeitlich schon fast ein bisschen weh tut.
Punkt zwei (oder waren wir schon bei drei ?): Die Handlung. Auch hier gilt die alte Devise "Weniger ist mehr" nicht mal ansatzweise. Ohne jede Skrupel knallt man uns da eine Mixtur als einem halben Dutzend Subplots vor den Latz, die sich kurz vor Schluss mit einer Leichtigkeit zu einer mittelprächtig absurden Räuberpistole verknubbeln, dass jeder Jerry-Cotton-Heftchenautor blass vor Neid werden müsste. Unbestreitbarer Höhepunkt ist das Finale: Fast unbehelligt von der Staatsmacht zieht da eine schwer bewaffnete Privatarmee in die Schlacht, in der sie dann allerdings eine Treffsicherheit irgendwo auf Augenhöhe mit dem A-Team (dem echten, alten) entfaltet.
Was einen bei aller Kritik an diesem filmischen Hamburger, der so gerne ein 4-Gang-Menü wäre, überrascht: Das Teil ist dabei fast schon verblüffend unterhaltsam, kaum eine Sekunde langweilig, das Tempo ist zügig, trotz eines gewissen Actionmangels im Mittelteil macht das alles irgendwie ungemein Spaß. Und am Ende ertappt man sich im knalligen, offenkundig vom Action-Klassiker Assault "ausgeborgten" Showdown tatsächlich dabei, dass man mit den liebgewonnen Cops mitfiebert, die unvermeidlichen Verluste bedauert und voller Spannung auf Berrys Erscheinen hofft, obwohl das so klar ist wie eine Cola im erwähnten schottischen Schnellrestaurant.
Liebhaber leicht gehobenen, wild zusammengeschriebenen, dabei passabel bis altmodisch inszenierten und überraschend gut fotografierten Edel-Action-Trashs sollten sich also die Gelegenheit nicht entgehen lassen - Filme wie diese bekommt man in der Tat nicht mehr allzu oft zu sehen. Ich muss allerdings noch einmal darüber nachdenken, ob ich das ernsthaft bedauern soll. 6+/10.