Review

Die Vorteile eines vielschichtigen Thrillers scheinen zunächst klar auf der Hand zu liegen: Ambivalente Charaktere, diverse Geheimnisse und unerwartete Wendungen sollen den Zuschauer ein ums andere Mal überraschen. Leider gelingt das hier nur bedingt, da man am Ende zuviel unterbringen wollte und damit besonders zum Finale in Sachen Glaubwürdigkeit halbwegs auf der Strecke bleibt.

Im Mittelpunkt stehen drei befreundete Schüler, die sich genau genommen gleich mehrerer Straftaten schuldig machen. Mark, James und dessen Freundin Chasely sind nicht nur die titelgebenden Erpresser, sie rauchen Joints, täuschen eine Straftat vor, begehen einen Einbruch, dazu kommt Sachbeschädigung und Mitwisserschaft in einem Mordfall.
Dennoch wirken die drei Halbstarken nicht unbedingt unsympathisch, auch nicht, als sie einen Mann erpressen wollen, den sie beim Einbuddeln im Wald beobachten. Für ihr Schweigen soll Erzfeind und Peiniger Gary Parker umgebracht werden, doch der Killer verfolgt einen anderen Plan…

Wohltuend ambitioniert erscheint die Inszenierung des Australiers Jon Hewitt, dem es besonders zu Beginn gelingt, ein paar überaus stimmungsvolle Bilder des von Licht durchfluteten Waldes einzufangen, zwischendurch immer ein paar sitzende Jump Scares einbaut und mit einer tollen Sounduntermalung eine atmosphärische Mischung kreiert, die sich angenehm vom genreüblichen Einheitsbrei abhebt.

Auch mit den drei Hauptfiguren macht man es von Anfang an richtig, indem man ihnen ordentlich Raum zur Entfaltung einiger Facetten einräumt, die im Verlauf von Bedeutung werden, wenn es um diverse Entscheidungen oder Twists geht.
Dabei scheint James eher berechenbar, etwas vorlaut aber mutig, Chasely eine Verführerin, die insgeheim auf beide Jungs abfährt und Mark der Zurückhaltende, von dem man am wenigsten weiß, was der eventuell noch aus dem Ärmel schütteln könnte.
Demgegenüber gibt es den Peiniger, einen verkappten Nazi mit Protzauto und fiesen Sprüchen und den Killer, einen frischen Familienvater, der vielleicht etwas zu sehr ins Klischee des Saubermannes mit Leichen im Keller fällt, im weiteren Verlauf aber zum Zünglein an der Waage wird.

So wird die Geschichte zunächst ruhig, fast verträumt erzählt und nur ab und an von kleinen Rückblicken in Form schneller Inserts unterbrochen.
Bedingt durch die Besonnenheit entsteht fast so etwas wie Distanz zum eigentlichen Kern der Story, welcher lange Zeit nicht auf den Punkt gebracht wird, - ergo erscheinen die Dreiecksgeschichte und ein paar völlig unnütze Sequenzen (Auto der Mutter) teilweise etwas fehl am Platze, während man über die Hintergrundgeschichte von Fiesling Gary Parker und den Motiven des Killers gerne etwas mehr erfahren hätte.

Das kommt weniger zum Tragen, als es im Zusammenspiel mit Killer/Peiniger zu einigen Actionszenen in Form kleinerer Verfolgungen und knüppeldicker Konfrontationen kommt, sondern während des letzten Drittels, als einige unerwartete Wendungen eingestreut werden, die das Verhalten mancher Protagonisten arg in Frage stellt.
Wer da eventuell noch eine Leiche im Keller hat, scheint zumindest arg überkonstruiert und zerstört Einiges auf der Basis zuvor glaubhaft eingeführter Charaktere.

Dafür kann der Showdown mit ordentlichem Tempo, brauchbarer Kulisse und einem gelungenem Abschlussbild punkten, - in dieser Phase kommt zumindest das inszenatorische Geschick erneut zum Tragen, was auch auf die soliden Leistungen der Darsteller zurückzuführen ist.

Dennoch verspricht die erste Hälfte deutlich mehr als sie am Ende erfüllen kann. Der Coming-of-Age Anteil entwickelt gleichermaßen Sympathien als auch kleinere Längen und wenn eine Armbrust zum Einsatz kommt oder gleich mehrere Personen in einer Parallelmontage gezeigt werden, hat das durchaus Stil und zeugt von gutem Timing.
Man könnte auch sagen: Dieser Thriller ist glücklicherweise anders, am Ende aber zu sehr anders…
6,5 von 10

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