"Punisher: War Zone" ist einmal mehr ein Paradebeispiel dafür, wie weit die Meinungen von Fans und Kritikern auseinanderliegen. Während Anhänger von Actionstreifen ihren Gefallen an dem Film finden werden, wurde er seitens der Presse größtenteils verrissen. Aber der Punisher ist und war noch nie ein Freund des Feuilletons.
Die Story: Frank Castle (Ray Stevenson) ist dabei, einen Mafiaclan auszulöschen, als er unwissentlich einen Undercover-Cop tötet, weswegen ihn die Cops entgültig aus dem Verkehr ziehen wollen. Derweil sinnt der bei einer Aktion des Punishers schwer entstellte "Jigsaw" (Dominic West) auf Rache.
Regisseurin Lexi Alexander startet mit "Punisher: War Zone" einen Reboot der Serie, der mit dem Vorgänger von Jonathan Hensleigh aus dem Jahre 2004 nichts mehr gemein hat. Ein Vergleich bietet sich aber dennoch an (den kurzweiligen Dolph Lungren-Film jetzt mal vernachlässigt).
Während im Vorgänger der Fokus verstärkt auf den Figuren und der mehr oder weniger vorhandenen Story lag, kann man beim Nachfolger nicht wirklich von einer Geschichte sprechen. Alexander reißt verschiedene Dinge an und bringt neue Figuren ins Spiel (Microship, Loony Bin Jim). Viel zu sagen haben die Charaktere allerdings nicht, um Figurenzeichnung wird sich erst gar nicht bemüht. Der Verlust der Familie wird ärgerlicherweise nur in kurzen und hektisch zusammengeschnittenen Erinnerungen gezeigt, weswegen das Motiv des Punishers weniger offenkundig ist als im Vorgänger.
Alles für einen Actionreißer aber nicht weiter wichtig. Trotzdem hat mich die Eindimensionalität der Handlungsstränge genervt. Die Regisseurin setzt auch auf eine Art Freundschaft zwischen Castle und der Frau des toten Undercover-Polizisten, gespielt von Julie Benz, und ihrer Tochter. Allerdings kommt diese zarte Bande absolut hölzern daher und soll wohl nur dazu dienen, dass man am Ende ein Druckmittel für den Punisher hatte. Im Vorgänger wurde dem Familienleben von Frank Castle einige Zeit gegeben, da passte die Sache wieder besser, zumal es am Ende kein Druckmittel mehr brauchte, schließlich war der Mann auf Rache aus.
Richtig gut wird Alexanders Film dann, wenn Action angesagt ist. Im Gegensatz zum 2004er Punisher reiht die Regisseurin im Prinzip nur eine Actionszene an die nächste. Der Auftakt ist toll gemacht, auch wenn der Großteil der Schießereien aus anderen Filmen abgekupfert ist. Handwerklich gesehen fand ich wiederum die Stunts und Explosionen im vorherigen Film besser. Zwar hat dieser den Nachteil, dass zu oft auf das Seelenleben der Figuren geschaut wird, und dadurch die Action zu kurz kommt, allerdings waren die (wenigen) Sequenzen qualitativ besser. Auf eine Verfolgungsjagd verzichtet Castle in "War Zone" leider, dafür hat man sich mal wieder den CGI-Effekten zugewandt. Das ganze gestaltet sich zwar noch nicht so nervig wie in anderen Genrevertretern neueren Datums, zeigt aber auch die Lieblosigkeit mancher Szenen.
Positiv anmerken muss man aber, dass durch die Vielzahl an Schießereien ein höheres Tempo aufkommt als im Film davor. Kein Vergleich zu "Die Hard" und Co., aber grundauf solide. Damit nähert sich Alexander wieder mehr den Comics an, was auch im Look des Films zu finden ist. Die Macher bauen auf Neonfarben und verfallene Bauten und kommen so dem Bild von Amerika in den Comics wieder näher. Dazu gesellt sich eine größtenteils sehr überzeichnete Inszenierung, mit übertriebenen Gewaltszenen und bekanntermaßen einer "netten" Fieslingsmaske. An wenigen Stellen im Film blitzt sogar ein wenig Intelligenz durch, beispielsweise wenn Jigsaw auf den Irakkrieg und die Rekrutierung von Freiwilligen anspielt. Schade, dass es nicht mehr von diesen Momenten in den ansonsten formelhaften Dialogen gibt.
Über die Qualität der Verkörperung des Comicrächers sind sich die Fans uneins, wobei die Tendenz eher zu Neu-Punisher Ray Stevenson geht. Thomas Jane aus dem 2004er Streifen war physisch präsent und verlieh seiner Figur mehr Tiefe, Stevenson schaut, geht und kämpft wie der Punisher. Die Entscheidung hängt also davon ab, wie man den Film sehen will.
Widersacher Dominic West lässt zu Beginn den Italogangster (in der Originalfassung) ordentlich raushängen, was wohl die Überspitzung des Ganzen darstellen soll. Vorgänger John Travolta ist der bessere Schauspieler, aber West bekommt spätestens mit der Maske eine ordentlich Boshaftigkeit. Daneben agiert Doug Hutchison als dessen Bruder gewohnt psychotisch, wobei sein Abgang ein wenig enttäuscht. Die übrigen Darsteller werden nicht ausreichend gefordert, um gutes zu zeigen.
Fazit: "Punisher: War Zone" ist genauso gut und genauso schlecht wie der Vorgängerfilm. Lexi Alexander präsentiert den besseren, weil comichaften Look und erreicht durch mehr (aber nicht bessere) Action auch ein höheres Tempo, gleichzeitig ist die Geschichte reichtlich schwach und die Figuren nicht ausgearbeitet. Für Fans der Comics und von Actionfilmen im Allgemeinen aber allemal sehenswert.