2004 hatte man sich im Zuge des bis heute ungebrochenen Comicverfilmungsbooms auch einer weit abseits „Spiderman"scher Mainstreamtauglichkeit zu verortender Marvel-Vorlage angenommen und Totenkopfrächer Frank Castle alias „The Punisher" in Gestalt Thomas Janes zurück auf die Leinwand geholt. Bereits 1989 hatte es eine Verfilmung mit Actionschwede Dolph Lundgren als Titelheld gegeben und zu dieser schlug die gelungene Neuauflage insofern eine Brücke, als sie sich stilistisch wunderbar oldschoolig und 80s-verbunden zeigte: Ohne PG-13-Weichspülerei und CGI-Murks präsentierte sich der 04er „Punisher" als formidabler, charmanter Revenge-Kracer alter Schule, der eine überzeugende Darstellerriege genauso zu bieten hatte wie einen großartigen Soundtrack und stylishe Action und selbst auf Storyebene durch den unerwarteten Verzicht auf rohe, gewalttätige Nonstop-Rächerei zugunsten eines ausgeklügelteren Ansatzes des Protagonisten Pluspunkte verbuchen konnte. Dass dies ein wenig zu Lasten der Vorlagentreue ging und der Film keine neue Bodycount-Rekorde aufstellende Dauergewaltorgie war, dafür wurden Fans des gänzlich kompromisslosen Ansatzes der Comics 2008 mit dem die pure Brutalo-Keule schwingenden Sequel „Warzone" entschädigt. Wobei die Bezeichnung Sequel dem Charakter des nunmehr dritten „Punisher"-Leinwandeinsatzes nicht gerecht wird, vielmehr präsentiert er sich durch einen neuen Hauptdarsteller und auf die Handlung des Thomas Jane-Films keine Rücksicht nehmende Flashbacks, die die Ermordung der Castle-Familie an einer anderen Location stattfinden lassen, als Relaunch.
Wo der 2004er Streifen gerade durch die Beschreibung der Geschehnisse, wie Castle zum Punisher wurde und wie er seine ersten Schritte als Rächer gestaltete, zu überzeugen wusste, steht die Ausgangslage von „Warzone" vor vollendeten Tatsachen und die Entwicklung einer interessanten Story ist entsprechend schwieriger. Dementsprechend scheitert sie leider auch weitgehend.
Beim Kampf gegen die Orgainsation von Gangsterboss Billy Russoti vermag Frank Castle (Ray Stevenson) denselben zwar schwer zu entstellen, indem er ihn in einer Glasflaschen-Mühle landen lässt, tötet aber auch versehentlich einen Undercover-FBI-Agent. Nicht nur plagen Castle fortan schwere Zweifel und Schuldgefühle, überdies sitzt ihm der rachedurstige Billy, der sich zu „Jigsaw" umbenannt hat, im Nacken und holt seinen irren Bruder zur Verstärkung aus der Klapse. Dabei haben es die beiden nicht nur auf Rache am Punisher abgesehen, auch die Familie des ermordeten FBI-Agenten gerät ins Kreuzfeuer...Viel hat „Punisher: Warzone" nicht zu erzählen: Der einzig interessante Ansatz des nach der Tötung des FBI-Manns von Selbstzweifeln und Gewissensnöten geplagten Castle geht alsbald unvermeidlicherweise im Kugelhagel unter, der Rest des konventionellen Konstrukts kommt auch nicht über Vorwandcharakter für denselben hinaus.
Zumindest auf Actionseite bietet Regisseurin Lexi Alexander dann auch das, was sich die meisten Fans bereits vom ersten Anlauf 2004 erwünschten und was den unvergleichlichen Einer-gegen-alle-Schlachtorgien der 80er noch näher kommt als der allgemeine Oldschool-Charme der Jane-Version: Wenn der Punisher in „Warzone" loslegt, sterben die Badguys wie die Fliegen und spritzt das Blut in Strömen, dass selbst die Gewährung des Spio/JK-Siegels für den Film hierzulande Staunen macht, wurde doch bereits dem letzten Streifen nur ein solches zugestanden und mutet der gegen seinen Nachfolger in Sachen Gewalt an wie ein sanfter Kindergeburtstag. Eingerahmt von zwei großen Shootouts wird hier rabiat und kompromisslos gerächt und gemetztelt wie schon lange nicht mehr: Der Bodycount schraubt sich in astronomische Höhen, die Badguys werden in bluttriefenden Splatter-Explosionen beinahe à la „John Rambo" zerlegt. Was dabei am meisten überrascht wie erfreut ist die durchgängige zynische Kompromisslosigkeit: Der Punisher tötet alles und jeden, ob bewaffnet oder unbewaffnet, schon am Boden liegend oder nicht, unbedingt notwendig oder nicht. Hier herrschen die pure Vorlagentreue und pure 80er-Jahre und damit gleichzeitig der größte Trumpf des Films.
Abseits dessen hat „Warzone" leider mit so einigen Schwächen zu kämpfen, die ihn letztlich als seinem Vorgänger deutlich unterlegen dastehen lassen: Nicht nur hätte man die Action durch noch etwas filigran-stylishere Choreografie zusätzlich zum plump-brutalen Splattergeholze noch um eine Klasse heben können, vor allem die Besetzung Ray Stevensons als Titelheld grenzt an einen Totalausfall: Freilich hat der gute Mann es drauf, mit stoisch-missmutiger Stoneface-Mine Gegnerhorden über den Haufen zu ballern, das völlige Fehlen nicht nur einer schauspielerischen Regung, sondern vor allem jeglichen Charismas lässt ihn gegenüber dem großartigen Thomas Jane jedoch deutlich abfallen - von der kultigen Lundgren-Liga gar nicht erst zu sprechen.
Auch einen Badguy vom Format des grandiosen John Travolta sucht man hier vergeblich - zumal der diesmaligen Antagonistenriege zusätzlich der deutlich hochgeschraubte Comic-Touch zu schaffen macht: Jigsaw, mit zerschnittenem Gesicht als eher unfreiwillig komischer Frankenstein-Lookalike und sein Kannibalismus- gleichwie Martial-Arts-affiner Klapsenbruder geben ein eher lächerliches denn bedrohliches Duo ab, dessen Comic-Charakter mehr ins Superhelden-Universum der „Spiderman" oder prä-Bale-„Batman"-Filme passt denn die doch eher der Realität verhafteten Sphären des Punishers. Wenn auch die Figur nicht aufs Konto des Drehbuchautors geht, sondern bereits in der Marvel-Vorlage existierte.
Auch der Soundtrack des neuen Films kann einiger ballernder Metal-Tracks zum Trotz den großartigen, atmosphärischen Klängen des 04er Punishers nicht im mindesten das Wasser reichen, zusätzlich geht ihm der seinen Vorgänger auszeichnende Charme zugunsten einer puren, plumpen Gewaltorgie ab.
Fazit: Der zweite Leinwandeinsatz des Punishers im neuen Millennium besticht mit rohen Actionszenen einer Brutalität und Kompromisslosigkeit, die im heutigen Genrekino selten geworden ist und in der wunderbaren Tradition vergangener 80s-Schlachtplatten steht. Abseits des hämmernden Gewaltinfernos fehlt es aber nicht nur an dem Vorgänger ebenbürtigem Charme und Soundtrack sowie einer über bloße Actionalibi-Funktion hinauskommenden interessanten Story, vor allem der unsympathische Ray Stevenson als Erbe des ungleich überzeugenderen Thomas Jane schadet dem Film gleichermaßen enorm wie das lächerliche, comichafte Badguy-Duo. Somit bleibt purer Actionkrawall, der dem 2004er Film nicht das Wasser reichen kann.