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Ein Western. Und ein gut gemachter dazu. Man muss ihn wohl (des Ende wegens) dem Neo-Western zuordnen, obwohl ich ihn für eine zeitgemäße Interpretation des klassischen Westerns halte. Nach dem verschmitzten 3:10 to Yuma oder dem Drei-Stunden-Epos Broken Trail endlich mal wieder eine handfeste Geschichte mit smartem Revolverhelden und fiesem Großgrundbesitzer. Yiii-hah!

Die Art und Weise, wie gleich zu Beginn Leute flachgelegt werden, ist interessant. Hätte es bei John Wayne noch gereicht, dass er mal etwas lauter spricht und mit seinem Revolver rumfuchtelt, werden hier gleich mal drei Männer erschossen. Wortlos. Und dann auf der Gegenseite gleich nochmal drei, ebenfalls emotionslos. Ich will jetzt ja nicht spekulieren, welchen Vorbildern das zu verdanken ist, aber es ist schon eine erstaunliche Verrohung, die man gelernt hat zu akzeptieren. Gleichzeitig wirkt es modern und packend. Gut gemacht!

Ed Harris hat schon mit Pollock Regieerfahrung und gute Kritiken gesammelt. Genau wie dort spielt er auch hier wieder die Hauptrolle, hat am Script mitgeschrieben und sich an der Produktion beteiligt. Nur so kriegt man wohl heutzutage einen Film hin, der nicht den Hollywood-Vorgaben und Umsatzzielen großer Studios entspricht.

Natürlich fehlt dann noch eine Frau. Renée Zellweger und Ed Harris passen dabei auf eine exquisite Art gut zueinander. Viggo Mortensen spielt den Dritten im Bunde, ist Vermittler und Spaßvogel, Sündenbock und guter Freund. Jeremy Irons als Gegenspieler rundet die tolle Besetzung ab.

Der grafische Stil ist sauber und unaufdringlich. Weite Kamerawinkel, langsame Bewegungen, Lichteffekte mit der Sonne, oder das Spiel mit Vordergrund und Hintergrund, wodurch Ereignisse in Beziehung gesetzt werden. Gedreht wurde auf Film (sic!) und in Breitbild (2,35:1) von der Ikone Dean Semler. Die gesamte Ausstattung ist mit viel Liebe authentisch gestaltet. Die Dialoge sind intelligent und voller Anspielungen, aber insgesamt nachdenklich. Der Soundtrack besteht im Wesentlichen aus Westerngitarre und einfachen Rhythmen. Es ist eine sehr ruhige Machart, die ihre Spannung aus den moralischen Problemen in der Story zieht, nicht aus Actionfeuerwerk oder gar Brutalität.

Zentrales Element sind die wiederholten Drohungen, dass jemand sterben wird, das viele sterben werden, oder das auf jeden Fall der Anführer - wer auch immer das gerade ist - zuerst sterben wird, wenn jetzt nicht alle friedlich nach Hause reiten. Dadurch wird - ohne jedes Blutvergießen und ohne dass ein weiterer Schuss fällt - die Spannung aufgebaut und glaubhaft durch den Film gehalten.

Es ist auch alles dabei, was sich der Fan wünschen könnte: eine kleine Westernstadt mit nur einer Straße, ein Saloon mit einer Schlägerei, ein Hotel als Rückzugsort, ein Gefangener, der sich von der Zelle aus mit dem Sheriff unterhält, eine Fahrt mit der Dampflock, eine Verfolgung zu Pferd samt Lagerfeuer und Übernachtung unter freiem Sternenhimmel, natürlich ein Duell, ein paar rückgratlose Stadtabgeordnete, eine Gruppe fliehender Indianer, gute Freunde und Verräter, und schließlich ein einsamer Cowboy, der in den Sonnenuntergang hineinreitet.

Ein schöner, packender Western, mit einem Augenzwinkern statt Melodram, mit Ruhe und Strategie, mit zunehmender Spannung während der ganzen, im Grunde zu kurzen 1:50 h. (Die Extras bieten weitere elf Minuten Deleted Scenes.)

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