Im Zuge der Lizenzresteverwertung des ehemaligen Pleiten, Pech und Pannen - Studios Franchise Pictures spendiert Sony Pictures Home Entertainment Christian Duguays gelungenen Actionthriller "Art of War" ein brauchbares Sequel, das die DTV-Karriere des ehemaligen Kinostars Wesley Snipes (New Jack City", "Demolition Man") erwartungsgemäß auf dem Niveau seiner jüngsten Einsätze fortsetzt. Der geneigte Zuschauer sieht sich hier also mit Massenware konfrontiert, die durch den immer noch werbewirksamen Namen des Hauptdarstellers aufgewertet wird.
Große Konfusion gab es bereits im Vorfeld, als Snipes zunächst nicht für eine Fortsetzung zu begeistern war und man stattdessen mit Anthony 'Treach' Criss "Art of War 2" abdrehte, der allerdings inzwischen in "Intervention" umgetauft wurde, weil Snipes es sich doch noch, wohl auch aufgrund seines kostspieligen Prozesses wegen Steuerhinterziehung und der damit verbundenen, eingeschränkten Ausreisegenehmigung, anders überlegte und unter Josef Rusnak ("The Thirteenth Floor", "The Contractor") in Vancouver anheuerte, um in "Art of War: The Betrayal" sein Alter Ego Neil Shaw zu reaktivieren.
Die Rückkehr in eine Rolle, die schmerzlich an ein wesentlich erfolgreicheres Kapitel seiner Karriere erinnert, scheint Wesley Snipes dabei genauso motiviert zu haben, wie die Kulissen der kanadischen Großstadt, deren Häuserschluchten und Straßenzüge einmal mehr zeigen, dass aus dem Boden gestampfte Kulissen in Bulgarien (noch) keine echte Alternative darstellen, um amerikanisches Metropolen-Flair zu simulieren. Seine Spielfreude spiegelt sich nicht nur in der, wie fast immer, souveränen Performance, sondern auch in den zahlreichen Martial Arts – Szenen wieder. Snipes scheint hier alles nachholen zu wollen, was er in seinen letzten Auftritten so sträflich vermissen ließ, und fightet sich gewohnt überlegen durch eine stattliche Anzahl mitunter längerer Kämpfe.
Die einzige große Schwäche des Films ist das für seine DTV-Filme, ganz ähnlich wie bei Kollege Steven Seagal ("Marked for Death","Under Siege"), schon symptomatisch schwache Drehbuch, dessen finaler Plottwist nicht über die arg einfallslose Story hinwegtäuschen kann, in dessen Verlauf ein skrupelloser Magnat der Waffenindustrie bis hin zu Politikern alle Gegner aus dem Weg räumen will, die ihm und einem lukrativen Vertrag mit dem U.S. Militär bezüglich einer futuristischen Handfeuerwaffe im Weg stehen. Shaw wird in die Intrige verwickelt, geht mit Hilfe ein paar früherer Hightech-Spezis gegen ihn vor und wird dabei selbst in eine Falle gelockt.
Die Verbindung zum Original wird ausschließlich über den Charakter Neil Shaw geknüpft, der sich mit einer Tarnidentität eigentlich völlig aus dem Geschäft zurückgezogen hat, aber wieder aktiv wird, als einer seiner Freunde bedroht und sein ehemaliger Mentor ermordet wird. Zwar verfügt Shaw nach wie vor über dieselben Skills (Martial Arts, Verkleidung etc.) und bewahrt sich auch seine Gnadenlosigkeit gegenüber seinen Feinden, man hätte diesem Charakter aber problemlos auch eine andere Identität verpassen können. Wesentliche Verbindungen zum Original sucht man nämlich vergeblich.
Daneben überzeugen dank ausreichender Production Values die Locations, die Ausstattung, der präsente Score und auch die brauchbaren Darsteller bis in die letzte Nebenrolle. Spannung und Abwechslung halten sich in Grenzen, weil das Drehbuch, um es mal vorsichtig auszudrücken, keine sonderlich innovative Wege beschreitet, die regelmäßigen Actionszenen, die wesentlich mehr Gewicht erfahren wie zum Beispiel in "The Detonator", halten den Film aber stets am Laufen. Mit optischen Gimmicks wie diversen Stilmittel peppt Rusnak seinen Streifen immer wieder auf, geht dabei manchmal aber etwas zu bemüht vor und kaschiert kaum, dass dieses Sequel niemals für eine Kinoauswertung geplant gewesen sein kann.
Fazit:
"Art of War: The Betrayal" erweist sich als eine solide Nummer, die keinen Snipes-Fan enttäuschen wird, der sich mittlerweile mit dessen Karriereschicksal abgefunden hat. Die prickelnde Atmosphäre des verregneten, düsteren Originals, das gerade in den nächtlichen Szenen seine Trümpfe ausspielen konnte, geht dem Sequel allerdings genauso völlig ab wie die dynamische Kameraführung.
Die Action, und mittendrin stets der Hauptdarsteller, kann sich hingegen sehen lassen, die ordentliche Inszenierung liefert auch kaum Grund zur Klage, nur das arg ideenlose Drehbuch hätte eben etwas einfallsreicher sein können. So gliedert sich dieser Actionthriller in Wesley Snipes' mittlerweile schon ziemlich lang gewordene Reihe solider, aber unauffälliger DTV-Filme ein, in denen er sich unter Wert verkaufen muss, um sein täglich Brot zu verdienen. Und wohl auch seine Steuerschulden zu begleichen…
Seine Fans jedenfalls können mit Vorfreude dem hoffentlich irgendwann einmal veröffentlichten "Gallowwalker" entgegen blicken und sich über die Nachricht freuen, dass die Dreharbeiten zu Chris Nahons ("Kiss of the Dragon", "The Empire of Wolves") schon vor Jahren angekündigten "Chasing the Dragon" in Thailand wohl demnächst endlich beginnen werden.