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ALLES QUATSCH ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE

Eine nicht gerade intakte Familie zieht in ein Haus, das sich als "haunted" - heimgesucht - herausstellt. Das ist nicht neu und lässt vor allem an The Amityville Horror denken, denn auch dieser Film leistet sich das Prädikat "Based on true events". Und nicht nur das: tatsächlich liegen beiden Filmen Familiengeschichten zugrunde, die man, so man will, nachrecherchieren kann, die wenn nicht aktenkundig, so doch längst publiziert sind und über deren Wahrheitsgehalt es sich trefflich streiten lässt. Immerhin steht und fällt mit diesem vorgeschobenen Realitätsanspruch schließlich auch der überzeugte Glaube an Übersinnliches wie Erscheinungen, Poltergeistaktivitäten und Heimsuchungen.

Im Falle von Amityville war es die Familie von George und Kathy Lutz, die von ihren angeblichen Erlebnissen im Eigenheim öffentlich berichteten. In Connecticut, genauer in Southington, Connecticut, waren es Allen und Carmen Snedeker und ihre vier Kinder sowie zwei Nichten, die 1986 ein Haus bezogen, das sie laut ihrer Aussagen zwei Jahre lang terrorisierte. Die Verbindung neben der Ähnlichkeit beider Fälle hat einen wenig Furcht einflößenden Namen und ist ein weiteres Ehepaar: Ed und Lorraine Warren, ihres Zeichens Dämonologen, hellsichtige Erforscher heimgesuchter Häuser und Begründer der New England Society for Psychic Research sowie des Occult Museum in Moodus, Connecticut. Die beiden waren seinerzeit damit beschäftigt, die Glaubwürdigkeit der Lutz-Familie und ihrer Geschichte zu beteuern, ebenso wie sie in Southington nicht uneigennützig investigierten, um mit dem Autor Ray Garton ein Buch über die Vorfälle auf den Markt zu bringen. Angeblich Non-Fiction. Begibt man sich auf dieses Terrain, befindet man sich im Niemandsland zwischen Glaube und Skepsis, Wahrheit und Selbstdarstellungssucht, Ehrlichkeit und schamloser Geldmacherei. Je nach Neigung der eigenen Person urteilt man mit "Alles Quatsch" oder "Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde" oder Ähnlichem. Wie auch immer: eine Verfilmung dieser prominenten Geistergeschichten (übrigens die dritte, mit der Warren zu tun hatte, nach dem TV-Film The Haunted, der sich der Familie Smurl in Pennsylvania widmete) liegt stets nahe, denn der unangenehm-wohligste Schauer sucht den Zuschauer heim, wenn der Horror in den Alltag einbricht - und was ist alltäglicher als die nette, aber gebeutelte Familie von nebenan? Oder die eigene.

Die größte Belastung der Familie in The Haunting in Connecticut (die im Film nicht Snedeker, sondern Campbell heißt) besteht in dem bereits weit mehr als bedrohlichen Krebsleiden des Sohnes Matt (Kyle Gallner). Die Mutter (Virginia Madsen) belagert ihn mit ihrer Liebe, der Vater (Martin Donovan) weiß kaum mit der Situation umzugehen und ist froh, wenn Muttern für die Organisation des Familienlebens sorgt - sein Alkoholismus war vor kurzem noch die größte Bedrohung für die Seinen. Mit der Krankheit und der therapeutischen Behandlung, so legt die Erzählung nahe, entrückt Matt bereits dem Diesseits und ist offener für Wahrnehmungen der anderen Welt. Mit der Krankenhausbekanntschaft des ebenfalls erkrankten und aufgrund seiner Profession nicht weiter skeptischen Pfarrers Popescu (Elias Koteas) und auch den (natürlich einseitigen) Zwiesprachen der Mutter mit Gott festigt der Film eine religiöse Dimension, die zwar in der Sache Geister/Jenseits per se steckt, aber wiederum auch der historischen Vorlage geschuldet ist. Denn merkwürdigerweise oder anders herum auch gar nicht überraschend spielt eine erzkonservative christliche Glaubenshaltung in allen drei oben genannten Haunting-Geschichten ein zentrale Rolle - innerhalb der betroffenen Familien ebenso wie bei den umstrittenen Warrens. So ist auch in The Haunting in Connecticut die Befreiung der Seele das Ziel. Wer nicht bei Gott sein kann, wird böse und die armen braven Leute müssen dann an Heimsuchung leiden. Leider verfällt der Film am Ende einer damit verbundenen Rührseligkeit, die als Lösung des Problems wenig zu der vorher herrschenden Bedrohlichkeit passen mag. Man kann dem Film darüber hinaus auch eine gewisse Seichtheit vorwerfen, wenn man bedenkt, dass die angeblich wahre Geschichte der Familie Snedeker als Kontrast zu deren frommen Leben mit drastischeren Episoden des Grauens aufwarten kann: da existieren Berichte Carmen Snedekers über paranormale, sexuelle Übergriffe und auch ihr Ehemann Allen behauptete, von Dämonen vergewaltigt und sodomisiert worden zu sein. Nun ja - auch wenn Carmen Snedeker, die inzwischen Carmen Reed heißt, als Creative Consultant beteiligt war, möchte sich The Haunting in Connecticut dann doch nicht auf ein solches Kaliber an Horror einlassen und belässt es beim harmloseren Grusel.

Anonsten wird hier eine schaurige Geschichte erzählt, die zwar wenig Neues bietet, aber das was sie bietet sehr stimmungsvoll erzählt. Gefallen kann gerade der Bezug zum klassischen Okkultismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit Seancen, Fotografie und Ektoplasma, denn der kommt ohne großes verschrobenes Okkult-Blabla aus. Die Erzählung bezieht sich vielmehr auf die historische Modeerscheinung der Geisterbeschwörung und bringt an dieser Stelle gerade die Möglichkeit gewissenloser Ausbeutung hoffnungsvoller Angehöriger, die an eine Kontaktaufnahme mit ihren Toten glauben, ins Spiel. Die ans Licht kommende Vergangenheit des Hauses, das einst als Beerdigungsinstitut diente, in dem Leichen also zum Tagesgeschäft gehörten, ist morbid genug, um den geneigten Zuschauer ein wenig bannen zu können. Damit er hin und wieder aufschreckt, gibt es wohl gesetzte, kleine Schockmomente, deren sich interessanterweise die Figuren zunächst nicht bewusst sind: die Geister suchen vorerst nur den Zuschauer heim. Angenehm ist dabei auch das zurückgenommene Spiel der Darsteller/innen. Da gibt es keine dick aufgetragene Schauspielerei, dem Film wird seine relative Bescheidenheit gelassen: keine Neuerfindung des Genres, einfach eine kleine, stimmige, heimelige Heimsuchungsgeschichte, die man sich antun kann, wenn man zu faul ist, sich zu einer Nachtwanderung über den städtischen Friedhof aufzuraffen. Aber auch: Wer nicht weiter geneigt ist, wird sich zwar nicht mit Schrecken, wohl aber mit Langeweile abwenden und ein Buch über unerklärliche Phänomene aufschlagen.

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