Walter Hill hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich dem Western verbunden fühlt und insbesondere Sam Peckinpah („The Wild Bunch“, „Cross of Iron“) in seinen Filmen immer wieder gern Referenzen erweist. Der mit „48 Hrs.“ dem Actionfilm eine völlig neue Richtung aufzeigende Filmemacher beweist auch mit „Extreme Prejudice“, dass seine Blütezeit eindeutig die Achtziger waren. Unter den beiden Carolco-Gründern Mario Kassar und Andrew G. Vajna, die seit „First Blood“ Kassenschlager auf Kassenschlager produzierten und schließlich 1995 dank Renny Harlins Superflop „Cutthroat Island“ die Segel streichen mussten, lieferte Hill nicht nur den mäßig erfolgreichen „Extreme Prejudice“, sondern auch Arnis Beitrag zu Glasnost und Perestroika (Transparenz und Umgestaltung) „Red Heat“, sowie den ebenfalls nur mittelmäßigen „Johnny Handsome“ ab.
Ohne großartige Erklärungen abzugeben, steigt Hill ein, stellt auf einem Flughafen eine Gruppe für Tod erklärte Soldaten vor und schwenkt dann ziemlich fix zu den beiden Texas-Rangern Jack Benteen (Nick Nolte, „48 Hrs.“, „Cape Fear“) und Hank Pearson (Rip Torn, „Flashpoint“, „RoboCop 3“), die um ihre Existenz kämpfende und deswegen Drogen über die mexikanische Grenze nach Amerika einschmuggelnde Bauern hops nehmen wollen. Schon der Beginn verweist eindeutig auf die beliebten Stilmittel des Westerns und Hill weiß sie in die Achtziger zu transferieren – ohne sie zu verwässern. Der gesamte Auftakt, die regnerische Nacht, Benteens Betreten der Bar mit nassem Poncho, Cowboyhut und locker in einer Hand haltendem Gewehr wurzelt im ureigenen Genre Amerikas...
Dass die Situation eskaliert ist im Grunde von vorneherein klar, wie Hill sie umsetzt hingegen nicht unbedingt. Zu jener Zeit war die explizite Darstellung noch längst nicht so verpönt wie heute und Hill war auch nie ein Regisseur, der sich um solche Beschränkungen gekümmert hätte, doch die kompromisslosen Gewaltorgien, die er hier vom Stapel lässt, tragen ganz eindeutig die Handschrift Peckinpahs. Das gesamte Finale ist im Grunde genommen eine einzige Verbeugung vor dem bleihaltigen, hyperbrutalen Schluss von „The Wild Bunch“. „Extreme Prejudice“ besitzt nicht sonderlich viele dieser brachialen Einlagen, aber wenn, dann zelebriert Hill sie wie ein Todesballett mit Zeitlupenästhetik überstilisierten, extrem blutigen Shootouts und eiskalter Gnadenlosigkeit. Besonders Jack Benteen ist hierbei ein Paradebeispiel. Nick Nolte, den ich noch nie so gertenschlank erlebt habe, bewegt sich hier schon nah an der Parodie, so überzogen cool, bärbeißig und kaltschnäuzig gibt er seinen scheinbar Emotionen völlig verdrängenden Charakter.
Ein staubiges Nest, immer Ärger mit in Mexiko lebenden Banditen, durchgeschwitzte Hemden, die sengende Sonne, Cowboyhüte, der durch jede Ritze dringende Staub, von Rauchschwaden durchzogene Schuppen und das Hantieren mit Schrotflinten und Revolvern erinnern unmissverständlich an einen Western und dem soll dann folgerichtig auch der, im übrigen von John Milius (Neben seiner Tätigkeit als Regisseur ja immer wieder gern als Drehbuchautor für Filme wie „Apocalypse Now“ oder „Clear and Present Danger“ tätig) verfasste, Plot folgen.
Jack Benteen muss sich nämlich nicht nur mit seinem ehemaligen Jugendfreund und inzwischen in Mexiko zum Drogenbaron aufgestiegenen Cash Bailey (Powers Boothe, „Southern Comfort“, „Sudden Death“) auseinandersetzen, sondern wird in seiner Stadt auch noch mit einer verdeckt arbeitenden und die Bank (Durchführung verweist auf „The Getaway“) überfallenden Militäreinheit konfrontiert. Nicht angenehm, wenn einem die Sache über den Kopf zu wachsen droht, denn die von Major Paul Hackett (Michael Ironside, „Total Recall”, „Starship Troopers”) angeführte Einheit (u.a. Clancy Brown und der unverwechselbare William Forsythe) versteht es geschickt zunächst Benteens Möglichkeiten auszuloten, den Coup inklusive explosiver Ablenkung durchzuziehen und später dann noch ein paar Überraschungen aus dem Hut zu zaubern. „Extreme Prejudice“ ist im Grunde kein sonderlich spannendes Unterfangen, aber die dann erst ganz zum Schluss das Tageslicht erblickenden Enthüllungen rund um diese Einheit und die Vergangenheit von Cash Bailey halten genreuntypisch doch einige flotte Wendungen parat. Vor allem die dann doch etwas weiter denkenden Soldaten gehen in ihrer Denkweise weit über die etablierten Standards hinaus.
So tiefgründig wie die meisten Werke Peckinpahs ist „Extreme Prejudice“ leider nie. Latent lassen sich Zukunftspessimismus und Orientierungslosigkeit feststellen, vorwiegend reagiert hier allerdings Entertainment und das nicht zu knapp – trotz einiger unspektakulärer Szenen. Die Beziehung zwischen Jack Benteen und Sarita Cisneros (Maria Conchita Alonso, „The Running Man“, „Predator 2“) hat beispielsweise nur die Funktion Jack und Cash ein persönliches Motiv in der Angelegenheit zu liefern und gibt ansonsten herzlich wenig her. Maria Conchita Alonso, die in den Folgejahren weitaus bessere Rollen bekam, muss sich dabei als sexy Latinobraut leider als bloßes Anschauungsobjekt unter Wert verkaufen.
Trotz dieses zu vernachlässigenden, inhaltlichen Defizits kann man sich hier nahezu problemlos unterhalten fühlen. Walter Hill fährt nicht nur die, sich im Laufe der Jahre auch schon zu seinem Markenzeichen entwickelnden, bloody Shootouts auf, sondern überzeugt in des auch mit ausufernden Explosionen, kurz gehaltenen und trotzdem kompetent inszenierten Verfolgungsjagden, die er seit „The Driver“ ja auch beherrschen sollte, und jeder Menge trockener Oneliner seitens des knurrigen Benteen.
Nick Nolte bleibt bis zum Schluss, wie oben schon erwähnt als Prototyp des knallharten Cowboys fast schon zu cool, verbucht aufgrund seiner rigorosen Handlungen jedoch mehrmals den Vorteil des Überraschungsmoments. Während sich mit Powers Boothe ein weiterer Akteur, der schon mal unter Hill diente (Nolte: „48 Hrs.“ / Boothe: „Southern Comfort“), sein Brot als wundervoll schmieriger und siffiger Bösewicht verdient, braucht Michael Ironside nur einmal mehr seinen einstudierten Typus des skrupellosen Mannes für die schmutzige Drecksarbeit herunterspulen. In den Nebenrollen fallen ansonsten nur „Starship Troopers“ – Ausbilder Clancy Brown und der einfach immer gern exzentrisch agierende William Forsythe auf. Der aufgrund seiner Statue immer sehr beeindruckende Tom 'Tiny' Lister Jr. darf leider nur im Hintergrund als Bodyguard auftreten.
Fazit:
„Extrem Prejudice“ ist ein rassiger Film, ganz auf die maskuline Fraktion zugeschnitten. Ohne langes Federlesen lassen alle Figuren Taten sprechen und die sind dann meist destruktiv, tödlich und werden graphisch explizit festgehalten. Die Story selbst entbehrt freilich der Realität, ist hier jedoch kein Grund zum Unken. Wer sich für die Actionschule der Achtziger begeistern kann, ist hier genau richtig. Brachiale Tötungs- und Zerstörungsorgien, markige Charaktere, jede Menge Coolness in Verbund mit trockenen Sprüchen und Jerry Goldsmiths, mir etwas zu passive, charmante Musikbegleitung sorgen für das richtige Feeling.