Review

Es darf sich wieder beruhigt werden, Stuart Gordon hat sein Handwerk noch lange nicht verlernt.
Mit dem in Spanien produzierten "Dagon" kann er wieder auf ein ansehnliches Stück B-Horror verweisen, wenn die Leute ihn wegen des dritten Re-Animator-Teils vollnölen.
Allerdings hat er hier recht herbe mit einem extrem knappen Budget zu kämpfen, was man in einigen Szenen recht deutlich merkt.

Dafür ist der Storyaufbau ganz klassischer Horror. Zwei Pärchen auf einem Boot, seltsame Choräle aus einem naheliegenden Fischerdorf, dann ein Sturm aus dem Nichts. Vorher hat unser Held Paul schon einen Tauchertraum mit einem meerjungfräulichen Wesen, daß ihm die Nackenhaare aufstellt. Nach dem Auflaufen aufs nahegelegene Riff bricht das führende Pärchen ins nahegelegene Dorf auf, wo anscheinend überhaupt niemand mehr wohnt. Bis denn ein Priester zu Hilfe eilt, der die beiden alsbald trennt, indem er sie zur Polizei bzw. zum nahen Hotel hetzt und ihn zur Rettungsaktion aufbrechen läßt, die natürlich vergebens ist, weil die anderen spurlos verschwunden sind.

Alter Stinkkäse? Tausendmal gesehen? Na logo, doch das ist hier mit Schmackes inszeniert geworden, mit Blick fürs Detail und für wenig Geld, das bringt Cheapie-Charme. Trotzdem breitet sich das verfallene Nest Imboca wie ein lovecraftscher Alptraum vor uns aus. Da wackeln die glotzäugigen Halbmutanten mit Glubb-, Fiep- und Zischlauten durch die Hauseingänge, da rotten die Häuser vor sich hin und die Toiletten im Hotel hat man seit "Trainspotting" nicht mehr in solchem Zustand gesehen.

Was dann geschieht, zollt dem arg dünnen Drehbuch Rechnung, daß außer dem In-einen-Alptraum-geraten wenig Plot zu bieten hat. Nach diesen 15 Minuten folgt tatsächlich eine 45minütige Hetzjagd von einem Alptraum in den übernächsten. Überbleibsel Paul wird stets und ständig von Mutanten gejagt, gerät in ein blutiges Schlachthaus und schließlich an eine tentakelige Schöne, die er schon aus seinem Traum kennt.
Hier streckt das Drehbuch den Film teilweise übermäßig, so daß man sich schon mal an den Kopf fassen muß, wenn Paul von zwei Dutzend Mutanten bedroht (die alle figurmäßig zur Familie derer von Leatherface gehören), in seinem Hotelzimmer unter Hochdruck einen winzigen Türriegel abmontiert und an die Außentür wieder anmontiert, obwohl jeder Zweijährige das Ding mit dem Daumen aufdrücken könnte. Bisweilen hat die Hetze allerdings ordentlich Druck, informiert per Rückblende über die Geschichte des Ortes und präsentiert von der Schwimmhaut zwischen den Fingern, über Kiemenatmer bis zum Tentakelmonster im "Hellraiser"-Style ein ganzes Panoptikum der Hölle.

Erst in der letzten halben Stunde kehrt man zum Opfer- und Fluchtthema der bekannten Schemata zurück und reicht dann noch eine Erklärung nach, die bestenfalls verquer ist, aber einen schön seltsamen Schluß bereithält.
Vorher geht der Film aber noch mal in punkto Blut und Grausamkeiten in die Vollen, präsentiert ein paar neue Tentakel- und Fischmonster und zieht auch schön flüssig einem Opfer die Gesichtshaut über die Ohren.
Schade nur, daß der Eindruck manchmal ins Klo rauscht, wenn dann die anfeuernde Mutantenmenge mit günstigen Billigmasken ausgerüstet werden, die mitunter nur bis zum Kinn reichen und ziemlich pappig aussehen. Die Qualität der Tricks schwankt von angenehm über brauchbar pc-generiert bis halbherzig armselig, kann aber den insgesamt guten Eindruck dieser gut von Lovecraft abgekupferten Produktion nicht ganz zerstören.

Mag auch die Intellektuellenfraktion laut schreien wegen akut anämischer Tendenzen, doch der flotte Drive dieser nicht völlig nach Schema F gefertigten Schnellproduktion reißt so manches raus. Die Atmosphäre und die Einfälle stimmen und das sollte für B-Filmfans mehr als reichen. (6/10)

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