Review

Mit Mauerhaken, Pickel und Karabiner geht es zurück zum ideologisch vorbelasteten Bergfilm und damit lässt man die oft reichlich zweifelhaften Streifen von Arnold Fanck weit hinter sich.
Denn Heldentum fürs Vaterland bekommt hier einen bitteren Beigeschmack, als im Jahre 1936 die Eiger-Nordwand erstmals bestiegen werden soll, - beim Kampf gegen die Natur zieht der Mensch oftmals den Kürzeren, wie Philipp Stölzls Drama phasenweise eindringlich veranschaulicht.

Zwei Naturburschen aus dem Berchtesgadener Land, Toni Kurz (Benno Führmann) und Andreas Hinterstoisser (Florian Lukas), versuchen sich erstmals am Eiger in den Berner Alpen. Von unten aus beobachten Reporterin Luise (Johanna Wokalek), Schaulustige und einige Pressevertreter das Geschehen, bis die konkurrierende Seilschaft aus Österreich einen verhängnisvollen Schritt macht…

Beruhend auf wahren Begebenheiten, kommt man zwar nicht umhin zeitpolitische Strömungen einzubinden, doch die stehen fast grundsätzlich im Kontrast zu jenen Menschen, die unter Berücksichtigung moralischer Grundsätze handeln.
Die Volontärin Luise steht im starken Gegensatz zu ihrem Chef, dem nazigetreuen Opportunisten Arau (Ulrich Tukur), da sie nicht an Heldentaten deutscher junger Männer im aufblühenden Naziregime interessiert ist, sondern an dem Menschen Toni Kurz, was ihr leider viel zu spät bewusst wird.
Auch oben, in Felsen, Eis und Schneesturm, spielt die politische Gesinnung irgendwann keine Rolle mehr, auch wenn die österreichische Seilschaft zunächst nicht sympathisch erscheint, - am Ende müssen alle sprichwörtlich an einem Strang ziehen, um zu überleben.

Von der Geschichte her ist aus der Sache natürlich nicht allzu viel herauszuholen, - kein Bösewicht, der wie in „Cliffhanger“ eine Aktion sabotieren will und keine zwiespältigen Typen wie in „Vertical Limit“.
Hier entscheiden einzig und allein Naturgewalten und menschliches Versagen über Scheitern, Schmerz und Tod. Und dieses wird akribisch, mit eingeblendeten Zeitkoordinaten dokumentiert.

Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, dass Benno Führmann auf Biegen und Brechen keinen Berchtesgadener Dialekt hinbekommt und die kurze Sage vom Oger in den Alpen mit leichtem Lächeln verdaut hat, gewinnt die Sache zunehmend an Fahrt.
Dies ist nicht nur der versierten Kamera zu verdanken, sondern auch den durchweg überzeugenden Darstellern, denen man Erfrierungen, gebrochene Füße und panische Verzweiflung zu jeder Zeit abnimmt.
Hier mal ein Abseilen mit Ausrutschen, da eine Lawine, fallende Felsbrocken und die verzweifelte Suche nach einem geeigneten Biwak.
Teilweise frösteln einem da echt die Finger, den Rest erledigt gegen Ende die ausgezeichnete Maske.

Im Gesamtbild hätte man dennoch gut daran getan, die stark im Vordergrund stehende Sichtweise von Luise ein wenig einzudämmen und die Konzentration stärker auf das Geschehen oberhalb der 2000 Meter zu richten, da manch spannende Szene immer wieder von etwas hölzernen Rahmenmomenten ausgebremst wird.
Auch Tukurs Rolle wirkt zuweilen reichlich überzeugen, mit seinem süffisanten Avancen und den Anmerkungen unterhalb der politischen Gürtellinie.

Dennoch: Atemberaubende Bergpanoramen, Schneestürme und ein verzweifelter Kampf in eisiger Höhe. Das wirkt glaubhaft, ist gut getrickst und überzeugend gespielt. Wäre da nicht die etwas zu überladene Rahmenhandlung mit einer angedeuteten Liebesromanze, die es in Wahrheit wahrscheinlich nie gab und der etwas oberflächlichen Einbindung des Zeitgenössischen, könnte der Streifen dieses leicht verruchte Genre glatt revolutionieren.
Ein passabel spannender Film reicht aber auch aus.
7 von 10

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