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"Ich bin unschuldig!" gilt unter Gefängnisinsassen als gängige Ausrede und wird grundsätzlich nicht ernst genommen. Anders liegt der Fall, wenn Hollywood in diesem Genre eine dramatische Geschichte erzählen will - dann wird als Voraussetzung ein zu unrecht Verurteilter benötigt, um die Diskrepanz zu der brutalen Härte des Gefängnisalltags für den Zuseher noch erfahrbarer werden zu lassen.

Nur dürfte normalerweise kein Unschuldiger im Gefängnis landen, weshalb bei sozialkritischen Gefängnisfilmen oft auch die Rechtsprechung der USA mit angeprangert wird, aber daran hat "Felon" kein Interesse, auch wenn äusserlich dieser Eindruck erweckt werden soll. Wade Porter (Stephen Dorff),ein fleissiger und liebevoller Familienvater, wacht eines Nachts auf und erwischt einen Einbrecher, der sich ausgerechnet im Zimmer seines kleinen Sohnes aufhält. Ertappt flieht der Mann aus dem Haus und lässt dabei noch Porters Geldbörse mitgehen. Obwohl er diese im Vorgarten wieder fallen lässt, schlägt Porter noch mit dem Baseballschläger zu und tötet dabei den Einbrecher.

Bewusst verzichtet der Film auf Ermittlungen und Verhöre, sondern lässt die Polizei sofort von Mord reden und handelt das darauf folgende harte Urteil, das Porter einige Jahre hinter Gitter schickt, in kürzester Form ab. Der Eindruck eines Fehlurteils ist sicherlich korrekt, aber dadurch das der Film hier das negativste Extrem wählt, stellt er Porters Tat selbst nicht mehr in Zweifel. Diese ist aber keineswegs zu rechtfertigen, da er erst zuschlug, als es zur Verteidigung nicht mehr notwendig gewesen wäre. Die Tötung des Einbrechers war aber sicherlich nicht beabsichtigt. Hätte man die Tat ordentlich rekonstruiert, hätte man einen bis dahin unbescholtenen Bürger zwar verurteilt, aber kaum ins Gefängnis gesteckt und schon gar nicht in einen Trakt für Schwerverbrecher. Doch an einer realistischen Betrachtungsweise der Entstehungsgeschichte hat "Felon" kein Interesse, da der Film sich stattdessen lieber den "realistischen" Gefahren im Gefängnis widmen will.

Konsequenterweise hegt Porter auch später keinerlei Zweifel wegen seiner Tat. Seine tiefe Verzweiflung erwächst aus dem Blickpunkt des Unschuldigen, für den der Gefängnisalltag brutalste Gefahren bereit hält. Schon bei der Fahrt zum Gefängnisgebäude, gerät er in eine Situation, in der er sich entscheiden muss. Um keinen Mithäftling zu verraten, gerät er in Ungnade bei der Gefängnisleitung, was einerseits seine Haftzeit verlängert, andererseits weitere Unbequemlichkeiten zur Folge hat. Die Art wie "Felon" diese Verstrickungen erzählt, ist überzeugend und realistisch, aber keineswegs neu. Fast alle Filme dieses Genres leben davon, dass man innerhalb der Gefängnismauern nicht unbehelligt seine Zeit absitzen kann.

Allerdings benutzt "Felon" auch sonst so ziemlich jedes Klischee, dass man aus Gefängnisfilmen kennt. Als man Leutnant Jackson (Harold Perrineau) bei der Verabschiedung seines Sohnes vor dessen Schule erlebt, glaubt man noch an eine komplexe Figur des oberen Gefängniswärters, aber natürlich stellt sich dieser als degeneriertes Sadistenschwein heraus, dessen Ehe gescheitert ist. Und wen benötigt man dann noch, um mit diesem Kerl fertig zu werden ? - Den coolen Altinsassen. Und damit kommt John Smith (Val Kilmer) ins Spiel. Zuerst interessiert er sich nicht für seinen neuen Zellenmithäftling, aber als Porters Verzweiflung immer größer wird, nimmt er sich seiner an. Die unterschiedlichen Gruppierungen, die sich nach Rassenzugehörigkeit (Schwarz, Weiß usw.) und politischer Einstellung (Nazis) zusammentun, gehören ebenso dazu wie der Drogenhändler, der Feigling, der Gefängniswärter mit Gewissen, der....

Nun könnte man dieses Konglomerat wie viele andere Gefängnisfilme auch, als typischen Actionfilm mit einer kleinen Portion Sozialkritik geniessen, wenn nicht ständig diese verlogene Moral mitschwänge. Hatte man schon Porters Unschuld durch das ungerecht harte Urteil hervorgezaubert, geht man bei John Smith noch einen Schritt weiter. Durch dessen Kampf gegen das mörderische Gefängnisregime, rechtfertigt sich auch der Mord an 18 Familienmitgliedern, die er aus Rache umgebracht hatte, weil sie mit dem Mörder seiner Familie verwandt waren. Auch Smith selbst hegt keinerlei Selbstzweifel wegen dieser Tat und Kilmer kann ohne das leiseste Mitschwingen von Schuld den Kämpfer für Recht und Ordnung (im Gefängnis) geben.

Auf der einen Seite prangert "Felon" Fehlurteile und unmenschliche Zustände im Gefängnis an, auf der anderen Seite bejaht er die Selbstjustiz von Porter und Smith, deren Taten als Selbstverteidigung gut geheissen werden. Man muss dem Film zugestehen, dass er seine moralischen Vorstellungen zwar offensichtlich, aber emotional geschickt schürt und sich damit auf der Höhe des Zeitgeistes befindet - allein die vielen guten Bewertungen verdeutlichen das (2/10).

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