Payback Director’s Cut
Qualität setzt sich durch. Auch wenn es ewig dauert, und es irgendwann niemanden mehr interessiert. Aber dennoch bahnt sich Qualität eines Tages den Weg in die Öffentlichkeit, der Rest liegt am Zuschauer.
Die ofdb-Bewertung spricht für sich: für den Director’s Cut von „Payback“ interessiert sich kein Schwein. Was soll man von dem auch erwarten? Einen völlig anderen Film? In diesem Falle ja.
Saubermann, Teilzeitalkoholiker und wiedergeborener Christ Mel Gibson war seinerzeit nicht einverstanden mit dem Film (hat er das Drehbuch denn vorher nicht gelesen?), denn seine Rolle als betrogener Gangster Porter ist etwas fieser ausgefallen, als er sich das gedacht hat (von urbanen Actionfilmen und Thrillern hat sich Gibson auch seitdem raus gehalten, und machte lieber Filme wie „Der Patriot“ und „Was Frauen wollen“). Er hat Regisseur Brian Helgeland kurzerhand entmachtet, einige Hollywoodsklaven engagiert für Drehbuchänderungen und Reshoots, und schon ist das eingetreten, was mit den meisten Hollywoodproduktionen passiert: sie werden disneyfiziert.
In der Kinofassung ist Mel Gibsons Porter zwar noch ein harter Kerl, aber immer noch aufrecht und sympathisch. Die Kinofassung kann außerdem mit einem Voice Over punkten, der dem Publikum alles schön vorkaut und erklärt (das „Blade Runner“- Syndrom!).
Das Armutszeugnis der Kinoversion ist aber definitiv das Ende, mit einem herbeibemühten Kris Kristofferson (den es im DC nicht gibt!), seinem Sohn, und einer fetten Explosion am Ende. Es muss nur ordentlich rumsen, dann ist es ein guter Film!
Mel Gibson hat es geschafft, aus dem Remake von John Boormans genialem „Point Blank“ ein „Lethal Weapon 5“ zu machen.
Wenn man nur die Kinofassung kennt, werden einem diese Punkte natürlich nicht bewusst. Erst der direkte Vergleich zeigt, wie sehr man Brian Helgelands Original verstümmelt hat.
Jedenfalls ist der Director’s Cut von „Payback“ eine wahre Freude. Ein kleiner, lakonischer Gangsterfilm, mit einem Helden, der konsequent sein Ding durchzieht, und den nichts beeindrucken kann, weder das Syndikat noch korrupte Cops. Ein Held wie eine Maschine.
Gregg Henry hat auch etwas mehr Screentime, sein Val Resnick übertrifft in seiner Badness sogar John Vernons Reese aus dem Original.
Die neue, jazzlastige Musik von Scott Stambler hat auch einfach mehr Flair, und trifft den Ton des Films.
Erfrischend ist auch das Ende, das natürlich viel unspektakulärer ausfällt als in der Kinofassung, dafür aber dem Wesen der Story mehr entspricht.
Brian Helgeland ist hauptsächlich Drehbuchautor, der seine Karriere mit dem Schreiben von Horrorfilmen begann. Einer seiner größten Erfolge als Autor ist das Drehbuch zu „L.A. Confidential“, wofür er den Oscar gewann.
Auffällig ist, dass er meist nur Bücher adaptiert („L.A. Confidential“, „Blood Work“, „Mystic River“) oder an Neuverfilmungen arbeitet („Payback“, „TheTaking of Pelham 1 2 3“). Das Interesse an klassischen Kriminalstoffen kommt ihm auch bei „Payback“ zu gute, er weiß, wie man einen solchen Stoff anpackt und ihn angemessen in die Neuzeit transportiert.
„Payback“ ist kein Meisterwerk, dafür aber ein äußerst gelungener Thriller und ein relativ eigenständiges Remake, das für sich steht und sich nicht an grauenhaften Tarantino-Gangsterfilmklonen orientiert. Helgeland bleibt sich und seinen Vorbildern treu, und mehr kann man wirklich nicht verlangen.
Ach, ja: Hände weg von Hollywoods Disney-Version!