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Mit dem Zweiten sieht man besser, "Fleisch" ist eine ZDF Produktion, verfasst und in Szene gesetzt von Rainer Erler (Das Blaue Palais, Plutonium). Seit Anfang der 60er Jahre war Erler in dieser Sparte tätig, "Fleisch" ist seine wohl berühmteste Regiearbeit, die sogar eine Kinoauswertung erhielt. Auch war das Thema Organhandel noch lange nicht so ausgelutscht wie heute. Damals noch fast ein Tabuthema, wurde es heute von einigen Thrillern sowie Horrorfilmen durchgekaut. Ein Jahr zuvor kam Michael Crichtons "Coma" schon mit diesem Thema. Ich denke das dürfte Erler inspiriert haben. In seinem Film geht es um Monica (Jutta Speidel) und Mike (Herbert Herrmann), die sich auf ihrer Hochzeitsreise befinden. Sie steigen im billigen Motel "Honeymoon Inn" ab. In den ersten Fünfzehn Minuten bekommen wir die Hochzeit der Beiden zu sehen und bevor das eigentliche Geschehen seinen Lauf nimmt, scheuchen die Beiden sich erstmal ordentlich durch die Laken. Doch plötzlich taucht ein Krankenwagen auf, der Mike mitnimmt, Monica kann knapp entkommen. Auf ihrer Flucht lernt sie den LKW-Fahrer Bill (Wolf Roth) kennen. Mit ihm will sie Mikes Verschwinden auf den Grund gehen. Doch Bill muss erstmal seine 20 Tonnen Rindfleisch in New York abliefern und diese Fahrt zieht den Film ordentlich in die Länge. Man lernt sich besser kennen. Monica hat einige Heulanfälle, wo Jutta Speidel als ein bisschen overactet.

Mir fehlt auch ein wenig das Motiv, warum Bill sich überhaupt diese Mühe macht Mike zu finden. Auf jeden Fall gelingt es den Beiden hinter das Geheimnis von Mikes Verschwinden zu kommen und auch in die Organisation zu kommen. Viel zu einfach wie ich finde, da das Personal anscheinend nicht ausreichend überprüft wird, gerade bei solch einem heiklen Geschäft. Aber es gelingt Erler die Spannung auf solidem Niveau zu halten, "Fleisch" bleibt immer interessant und unterhaltsam. Wer jedoch auf blutige Schnibbelorgien hofft, wird enttäuscht sein. Das kleine Intermezzo mit Mikes Abholung, nebst der kurze Hetzjagd auf Monica, der Überfall auf den Krankenwagen und eine kleine Verfolgungsjagd im Finale sind die einzigen Actionszenen im Film. Erler hätte den Boden der Realität vielleicht ein paarmal verlassen sollen, um für Nervenkitzel zu sorgen. Das Finale ist zwar spannend, doch vorher fehlen die Höhepunkte. Der Ausgang kann sich dann sehen lassen, auf der einen Seite ein Happy End, doch andererseits kann man einer solchen Organisation nichts anhaben. Erfreulich bei "Fleisch" sind die Darsteller. Ab und an ein wenig overacting, trotzdem schlägt sich Jutta Speidel wacker, wirklich gut auch Wolf Roth als kerniger LKW-Fahrer Bill Michailski.

109 Minuten sind vielleicht ein wenig zu lang, daher hat "Fleisch" seine kleinen Hänger. Doch spannend und unterhaltsam ist er allemal, aber auch zu brav. Da war "Coma" wesentlich böser.

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