Review

Filme mit Will Smith leiden grundsätzlich an einem großen Manko: Sie enthalten einfach viel zu viel Will Smith. So sympathisch der Mann auch ist, aus Smith wird wohl in diesem Leben kein wandlungsfähiger Schauspieler mehr - er ist ein Typ-Darsteller, das kann er am besten und das macht er gut. Genau deswegen wird jede Rolle immer etwas vom Fresh Prince haben, dem Mann mit dem Riesen-Ego und dem unverschämten Charme. Dennoch setzt sich dieser Trend auch in "Hancock" weiter fort - alle Augen sind mal wieder auf Will gerichtet, der uns nicht zum Denken einlädt, wohl aber zum wohligen Staunen. Und so sehr er sich auch bemüht, man nimmt dem Hauptdarsteller den gebrochenen Zynismus einfach nicht ab, in keiner Szene gelingt es Smith wirklich authentische Grimmigkeit zu beweisen - vor allem weil die Gemeinheiten des Films doch sehr moderat ausgefallen sind, eine sichere Grenze wird niemals überschritten und am Ende könnte der Film nicht politisch korrekter sein. Doch selbst diesen Antihelden in Light-Version beherrscht Will Smith nur phasenweise - dann nämlich, wenn es wieder der Fresh Prince ist, der da durch die Luft fliegt, immer mit einem lockeren Spruch auf den Lippen. So kommt es, dass er an die Wand gespielt wird von Nebendarstellern wie Jason Bateman und natürlich von Charlize Theron, und das, obwohl die beiden weitaus weniger Screentime haben.

Ab dem Zeitpunkt, an dem der Film seine geschuldete Hintergrundgeschichte aufdeckt und damit gleichzeitig das Geheimnis um Mary Embrey (Charlize Theron) lüftet, gleiten Regisseur Peter Berg die Zügel aus der Hand. Nach einer relativ entspannten ersten Filmhälfte reiht sich eine abstruse Überhöhung an die andere, jede emotionale Glaubwürdigkeit geht spätestens mit der Beziehung zwischen Mary und Hancock flöten und ein kratergroßes Logikloch folgt dem nächsten. Als die dramaturgischen Eckpunkte dann zusammengeführt werden scheint den vielen Drehbuchautoren aufgefallen zu sein, das kein Gegenspieler für Hancock existiert und so wird dann aus Konflikten, die für das Geschehen kaum von Bedeutung waren, plötzlich ein erbitterter Endkampf, dessen Ablauf haarsträubend und ohne jede innere Konsequenz in Szene gesetzt wird. "Hancock" hätte so ein schöner Gegenentwurf werden können zu den Superheldenikonen, die Marvel und DC jährlich ins Rennen schicken - vom bierernsten Mystizismus dieser Filme ist zunächst auch nichts zu spüren doch bereits zur Hälfte verabschiedet sich "Hancock" von dieser Ironisierung und verfällt in einen sicheren Rahmen, ohne jegliches Risiko einzugehen. Die gediegene Erzählweise muss dann weichen für ein übermäßig hektisch inszeniertes Schlussdrittel, dass aber auch einige eindrucksvolle Effekte zu bieten hat.

Neben einigen grausig ausgewählten Songs überzeugt wenigstens die Originalmusik fast auf ganzer Linie - trotz pathetischer Klänge bietet der voluminöse Score eine angemessene Vertonung des Spektakels. Mit irrwitziger Action spart der Film nicht, kann diese aber größtenteils organisch in die Handlung integrieren, die von ihrem hohen Tempo sichtlich profitiert, nur stellenweise etwas mager ausgefallen ist. So bleiben nicht nur die Hintergründe und die Figurenzeichnung oberflächlich, auch Hncock selbst wird wohl nicht jedem zuschauer in so kurzer Zeit ans Herz wachsen. Besonders aufgrund der Tatsache, das man diesem so betont rüpelhaft auftretenden Hauptcharakter jeglicheKanten abschleift und ihn selbst im Penner-Outfit noch wie ein Model mit Dreitagebart aussehen lässt. Echte Identifikationen gibt es aber auch kaum in der Powerfrau Mary oder ihrem Ehemann Ray (Jason Bateman), einem durchweg überzeichneten Gutmenschen ohne die geringsten Macken. An dieser halbgaren Unentschlossenheit, ob man denn Will Smith eine gänzlich andere Rolle als gewohnt zuschreiben kann, scheiterte auch schon der glatt polierte "I Am Legend" - wie auch dieser Film belässt es "Hancock" bei Oberflächenreizen, ohne zu versuchen, die eigene Tiefgründigkeit etwas mehr auszuloten.

Fazit: Peter Berg gelingt ein weitgehend sauber inszenierter Blockbuster, der sich nur selten aufhängt an übermäßigen CGI-Effekten, allerdings auch bestimmt wird durch das Ego von Hauptdarsteller Will Smith, der sich sehr schwer tut mit der Rolle, den gesamten Film mit Tränen in den Augen zu sehen ist und im Endeffekt die gleiche Wandlung durchmacht wie jeder x-beliebige Superheld. So ärgerlich das nicht annähernd zu Ende gedachte Drehbuch und Smiths durchschnittliche Vorstellung auch sind, schon allein durch die rasante Action und einige wirklich originelle Ideen empfiehlt sich "Hancock" als substanzfreier Sommerhit - ein Häppchen für unterwegs, das nicht zu schwer im Magen liegt.

06 / 10

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