Es gibt einen Moment in "Unbeugsam", in dem sich Tuvia Bielski (Daniel Craig) den Vorwürfen der anderen geflohenen Juden ausgesetzt sieht. Er, der bisher unangefochten als Anführer der sich im Wald vor den Nazis versteckenden Menschen galt, wird als arrogant bezeichnet, als ein Mann, der nur an seinen eigenen Vorteil denkt, seine Macht missbraucht und der sich jede Frau nimmt, die er haben will. Es ist Winter, die Geflohenen frieren und haben Hunger, und unter den wenigen Kämpfern in der Gruppe breitet sich Unzufriedenheit aus - Widerstand regt sich...
Bielskis löst diesen Konflikt mit einem Schuss und beendet damit den einzigen Moment des Films, der den Mut zur Komplexität besaß und der mehr von den Schwierigkeiten der Geflüchteten erzählte, als es Kälte, Hunger und die Gefahr entdeckt zu werden, vermochten. Denn Regisseur Zwick baut seinen Film wie einen klassischen Abenteuerfilm auf, indem eine zufällig zusammengekommen Gruppe unterschiedlichster Charaktere unter unwirtlichen Verhältnissen einem Aggressor standhalten muss. Ganz nach Hollywood-Muster wechseln komische und romantische Momente, die das Funktionieren des Alltags demonstrieren sollen, mit dramatischen Vorgängen, die immer wieder das schon Erreichte in Frage stellen.
Da gibt es den Intellektuellen, der keinen Nagel einschlagen kann, und den alten Lehrer, der immer seine Bücher dabei hat. Das junge Mädchen Lila (Ana Goldberg), das von einem unfreundlichen Kerl begehrt wird, aber heimlich in den ebenfalls schüchternen Asael (Jamie Bell), Bielskis jüngeren Bruder, verliebt ist. Oder die selbstbewusste Bella (Iben Hjejle), die sich Zus Bielski (Liev Schreiber), den rauhesten Kerl und größten Kämpfer, als Beschützer aussucht. Dazwischen gibt es eine ganze Menge Trottel wie den Wachtposten, der immer die eigenen Leute fragt, wer da kommt, auch wenn diese aus der Richtung des Lagers kommen. Es wird geliebt, gestritten, geheiratet, Häuser gebaut, genäht, Unterricht gegeben, Schach gespielt, Suppe ausgegeben und natürlich in regelmässigen Abständen geflohen oder gekämpft. Und inmitten des Geschehens immer Daniel Craig als der älteste Bielski Bruder, an dessen hehrer Einstellung natürlich kein Zweifel besteht.
Als sich ihm die schöne Lilka (Alexa Davalos) anvertraut, die schon standesmässig nur dem Anführer gehören kann, erwähnt sie, dass er keine andere Frau berührt hätte. Der Vergleich zu Craig's "James Bond" drängt sich an Hand der Stilisierung der Rolle des Tuvia Bielski auf, auch wenn Zwick sich bemüht, als kämpferische Helden mehr dessen Brüder Zus und Asael agieren zu lassen. Es ist die einseitige Gestaltung dieser trotz größter Schwierigkeiten immer die Ruhe bewahrenden Figur, dessen Coolness letztendlich entscheidend für das Überleben der ihm Anvertrauten wird, welche dieser wahren Geschichte einen James Bond artigen Touch gibt. Ob in der damaligen Realität der echte Tuvia nicht doch auch die eine oder andere Schwäche zeigte, wollte Regisseur und Autor Zwick gar nicht wissen.
Zwick, der selbst Verwandte während des Holocaust verlor, wollte eine größtenteils unbekannte Geschichte erzählen, in der die Juden Widerstand geleistet hatten. Als die Bielski-Brüder ihre ermordeten Eltern auf dem Bauernhof finden, rächen sie deren Tod, indem sie den mit der SS kollaborierenden örtlichen Polizeichef und dessen Söhne erschiessen, und fliehen in das angrenzende große Waldgebiet, indem sie sich im Gegensatz zu den Invasoren bestens auskennen. Zu ihnen gesellen sich weitere jüdische Flüchtlinge, die ohne die toughen Bielski Brüder verloren wären, weshalb der vernünftige Tuvia sich für deren Schutz entscheidet, während sein wilder Bruder Zus lieber gegen die Nationalsozialisten kämpfen will.
Im heutigen Polen wurde über diese Geschichte kontrovers diskutiert, angesichts der wohl recht freien Interpretation dieser realen Vorkomnisse, aber Zwick wollte augenscheinlich vor allem zeigen, dass sich die Juden auch wehren konnten. So sehr das aus seinem Blickwinkel verständlich ist, so sehr kehrt er diesen Eindruck in sein Gegenteil. Immer wieder lässt er Nichtjuden die üblichen Vorurteile über seine Religionsgemeinschaft verbreiten, die dann ausschließlich von den Bielski-Brüdern außer Kraft gesetzt werden, während die sonstige Gemeinschaft diese eher bestätigt. Selbst Zus spricht verächtlich über die "arroganten Typen, die sonst nie ein Wort mit ihnen geredet hätten" und wenn am Ende der zwar mutige Intellektuelle an seiner zu spät weggeworfenen Handgranate stirbt, dann bestätigt das den im Film vorherrschenden Eindruck von Verweichtlichkeit und Weltfremdheit.
"Unbeugsam" hinterlässt insgesamt einen sehr zwiespältigen Eindruck. Als Abenteuerfilm ist er zwar unterhaltend, bleibt aber in der Anlage zu konventionell, als das er über typische Actionszenen hinaus Spannung verbreiten kann. Über die einseitige und klischeehafte Charakterisierung der Protagonisten hätte man bei einem klassischen Hollywood-Film hinweg sehen können, hier aber gerät deren Gestaltung zum Ärgernis. Anstatt begreiflich werden zu lassen, dass die Rettung neben der anerkennenswerten Leistung vor allem einer glücklichen Verfügung zu verdanken war - wie die echten Bielski Brüder, die keine große Sache daraus machten, später selbst immer betonten - stilisiert Zwick sie zu typischen Helden, die den Anderen mal eben zeigen, was ne Harke ist. Die Vorurteile gegenüber der angeblichen Passivität der Juden werden damit eher bestätigt, als ob es genügt hätte, angesichts der tödlichen Maschinerie "unbeugsam" zu sein (3/10).