Der unter Genre-Fans berühmt-berüchtigte Slasher-Klassiker und Vorbild für das 2012er-Remake mit Elijah Wood, „Maniac", erzählt die recht simple Geschichte eines einsamen Mannes, der in seiner heruntergekommenen Bruchbude mit einem Haufen Schaufensterpuppen wohnt und regelmäßig loszieht, um Frauen und junge Pärchen grausam zu töten und zu skalpieren. Als er einer freundlichen Fotografin begegnet, scheint es eine Weile so, als könnte er seinen dunklen Trieben entkommen. Doch am Ende stürzen ihn die Dämonen seiner Vergangenheit ins Verderben.
Der finstere Serienkiller-Albtraum bricht gekonnt gleich mehrere Regeln des zur Zeit seines Entstehens populären 80er-Slasher-Genres: Zum einen liegt hier der Fokus unmissverständlich auf dem Killer, nicht auf seinen Opfern. Sein trister Alltag, seine nächtlichen Streifzüge, seine psychische Verfassung sind zentrale Themen des Films, der ein erschreckendes Bild nicht nur einer völlig zerstörten Seele, sondern auch einer emotionslosen, kalten und brutalen Großstadt zeichnet. Selten hat der Moloch New York einen so dreckigen und seelenlosen Eindruck gemacht. Eine weitere gebrochene Regel: Der Killer verwendet unter anderem Schusswaffen (besonders eindrucksvoll in der spektakulären Szene, in der sich der Make-up-Guru Tom Savini selbst mit einem Gewehr den Kopf wegschießen lässt). So zeigt sich „Maniac" schon vom filmischen Ansatz her als echtes Ausnahmeprodukt in der kaum überschaubaren Welle an frühen 80er-US-Slashern.
Ein Highlight ist dabei Hauptdarsteller, Produzent und Co-Drehbuchautor Joe Spinell. Sein Äußeres könnte nicht weiter entfernt von typischem Hollywood-Glamour sein, wodurch er voll und ganz wie ein einsamer, zurückgezogen lebender, durchschnittlicher Großstadt-Typ wirkt. Neben den bestialischen Abgründen, die er in seinen Gewalttaten offenbart, schafft er aber auch eine echte Sensation: Ihm gelingt es, den Zuschauer mit dem grausamen Serienkiller mitleiden zu lassen. In einer Handvoll höchst emotionaler Szenen wird nämlich überdeutlich, dass er selbst unter seiner mörderischen Existenz zutiefst leidet - gequält von seinem nicht zu bändigenden Gewaltdrang, traumatischen Erinnerungen an die unglückliche Kindheit und der verzweifelten Sehnsucht nach einer liebevollen Mutter, ist seine Existenz zwischen den unheimlichen Schaufensterpuppen, denen er die Skalps seiner Opfer aufsetzt, eine schiere Hölle auf Erden. Dank Spinells starker, dreckiger, physisch und psychisch mitreißender Performance wird seine Figur zu einer der finster schillerndsten, ambivalentesten und abstoßendsten Antipathie-Figuren des modernen Horrorfilms.
Dazu kommt das überzeugende Setting, das die meiste Zeit in engen, Beklemmung auslösenden Räumen voller Unrat und Dreck, in schmutzigen nächtlichen Straßen oder heruntergekommenen Hotelräumen spielt. Selbst die als solche erkennbaren Studiokulissen, etwa auf einem Friedhof, tragen zur düsteren, fesselnden Atmosphäre bei, ebenso wie der zurückgefahrene, aber enorm intensive Score und der wirklich gelungene Einsatz von Bodennebel. Hier werden teils altbekannte Horror-Elemente formvollendet zusammengeführt, um eine zutiefst verstörende Atmosphäre zu erzeugen.
Mit seinen lange Zeit indizierten, immer wieder schockierenden Gewaltbildern (vor allem das legendäre, morbid-böse Finale begeistert mit drastischen Splatter-Effekten), der hautnahen Inszenierung eines psychisch gestörten Mörders und dem herrlich dreckigen Ambiente gehört „Maniac" zu den großen Klassikern des harten Horrorfilms, durchaus auf einer Stufe mit Meisterwerken wie „The Texas chainsaw massacre" oder „Henry - Portrait of a Serial Killer". Ansehen - für Leute mit starken Nerven - unbedingt zu empfehlen.