Für die 18 jährige Angie bedeutet ihr anstehendes Studium der Kunstgeschichte den ersten Schritt in die Selbstständigkeit, lebte sie zuvor doch ihr Leben lang unter den Fittichen ihrer äußerst religiösen Mutter. In der Hoffnung, sich nun endlich selbst verwirklichen zu können, reist Angie somit an ihr neues College, doch die erste Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten. Ihre Mitbewohnerin Erica ist eine Kifferin, das gemeinsame Zimmer ein wahrer Saustall und zu allem Überfluss ist noch nicht einmal ein Bett für Angie vorhanden. Um sich ein wenig Geld dazu zu verdienen, bewirbt sich die junge Frau deshalb für einen ausgeschriebenen Babysitterjob bei den Stantons, einem sympathischen, jungen Paar, das etwas außerhalb der Stadt ein großes Farmhaus bewohnt. Angie entspricht den Erwartungen der Beiden und darf deshalb fortan gelegentlich auf deren kleinen Sohn Sam aufpassen. Zuvor geben die Stantons der jungen Frau allerdings noch den Hinweis mit auf den Weg, dass ihr schüchterner Sohn aufgrund einer besonderen Diät nur ein speziell gekennzeichnetes Fleischgericht serviert bekommen darf. Dies ist jedoch nur der Auftakt für eine Reihe unheimlicher Begegnungen, mit denen Angie direkt an ihrem ersten Abend in dem alten Haus konfrontiert wird. Kaum dass die Studentin mit Sam alleine ist, hört sie plötzlich unheimliche Geräusche und meint, jemanden um das Haus herumschleichen zu sehen. Als sie dann auch noch merkwürdige Anrufe erhält und sich kurz darauf tatsächlich jemand gewaltsamen Einlass in das Haus verschaffen will, wird Angie klar, dass sie sich in höchster Gefahr befindet, unwissend, dass das wahre Böse schon längst im Haus lauert...
Es gibt diverse Verhaltensmuster in Horrorfilmen, an die man sich unbedingt halten sollte, wenn man nicht unbedingt die Trophäensammlung des nächstbesten Schlitzers zieren möchte. Vorehelicher Sex ist dabei ein ebenso vehementes Tabu wie der Konsum von Drogen oder Alkohol, wird dabei aber von der Nummer 1 aller Überlebensregeln noch in den Schatten gestellt: Werde niemals Babysitter. Streifen wie Unbekannter Anrufer oder The House of the Devil haben es bereits vorgemacht und nun untermauert mit Babysitter Wanted noch ein weiteres, glänzendes Beispiel die These, dass dieser Berufszweig für junge Frauen oftmals unerwünscht tödliche Folgen hervorrufen kann. Das Drehbuch von Jonas Barnes, der gemeinsam mit Michael Manasseri auch die Regie übernahm, glänzt somit nicht gerade durch die permanente Anwesenheit von Einfallsreichtum, hat dann in der zweiten Hälfte aber zumindest noch einen recht ungewöhnlichen Twist für das Stammpublikum parat, so dass sich dieses amerikanische B-Movie aus dem Jahr 2008 zumindest inhaltlich sogar noch ein wenig vom ausgelutschten Einheitsbrei ähnlicher Produktionen hervorzuheben vermag. Blöderweise ist jene Storywendung aber trotz des Mutes der Macher, neue Ideen in ihr Werk einzubringen, zugleich dessen größtes Manko, wirft es doch die unausweichliche Frage auf, welches schlechte Kraut die Verantwortlichen geraucht haben müssen, als ihnen dieser fragwürdige Geistesblitz kam.
Während das Cover des Films noch astreinen Torture-Horror in der Tradition von Hostel & Co. erwarten lässt, geht es zu Beginn des Films dann noch eher gemächlich zur Sache. Zunächst wird uns die Hauptprotagonistin Angie vorgestellt, welche das brave-Mädchen-Klischee eines Horrorfilms neu definiert, denn im Gegensatz zu ihrer kiffenden und sexuell aufgeschlossenen Zimmergenossin kommt das Sonnenscheinchen geradezu sittsam und zugeknöpft daher, was der Figur ob der deutlichen Überzeichnung dieser Werte leider nicht sehr viel Charisma verleiht. Dafür muss man sich dann allerdings auch nicht zu lange mit ihr herumschlagen, treibt Babysitter Wanted seine Storyentwicklung doch Schlag auf Schlag voran und bringt alsbald neue Aspekte in das Geschehen ein. Vor allem eine allgegenwärtige, unheilvolle Stimmung weiß dabei zu gefallen und vermittelt dem Zuschauer schon lange vor dem eigentlichen Unheil eine düstere Vorahnung. Blöderweise ist der Terminus Atmosphäre hier jedoch nicht gleichbedeutend mit Spannung, denn Nervenkitzel gibt es hier nur für lau, wenn überhaupt. Die Story erweist sich in ihrem weiteren Verlauf zwar als kurzweilig und schlägt auch einige Wendungen ein, bleibt dabei aber stets absolut vorhersehbar. Das ist deshalb zu bedauern, da die Handlung des Films endlich einmal andere Ansätze als das typische Slasher-Szenario bietet und diese Möglichkeiten von den Machern dann einfach nicht anständig genutzt wurden.
So wird schnell ersichtlich, dass hinter der schnörkellosen Fassade der Stantons etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und auch der kleine Sam nicht das süße Kind ist, das er zu sein vorgibt. Spätestens beim ersten Ansatz eines Hinweises auf den Twist hat der erfahrene Horrorfan den Bogen dann auch schon raus und darf fortan eifrig vorausahnen, was in der nächsten Szene geschehen wird und dabei auch zur meisten Zeit ins Schwarze treffen. Auch bei der Auflösung dessen, was nun wirklich im Haus der unscheinbaren Kleinfamilie vor sich geht, hat man seitens des Drehbuchs meilenweit daneben gegriffen und sich einen Clou aus dem Ärmel gezaubert, der sich in Sachen Lächerlichkeit kaum noch toppen lässt und zu allem Überfluss auch noch ohne die notwendigen Erklärungen daherkommt. So liegt es dann an einer Reihe überdurchschnittlich harter Gore-Effekte in der zweiten Filmhälfte, den Bogen doch noch einmal rauszuhauen und Babysitter Wanted noch ins Erträgliche zu retten. Und zumindest in dieser Hinsicht verstanden die Macher ihr Handwerk, geht es ab einem gewissen Zeitpunkt doch überraschend blutrünstig und grausam zur Sache. Aufgeschlitzte Kehlen und regelrechte Schlachtungen des menschlichen Körpers in Verbindung mit der Kannibalismus-Thematik des Films ließ den deutschen Verleih dann letztendlich auch alles andere als zimperlich zur Schere greifen und aus der deutschen 18er Fassung mehr als 4 Minuten der graphischsten Gewaltakte aus dem Film entfernen. Sehr weitsichtig von der FSK, die scheinbar nicht möchte, dass arglose und offensichtlich leicht beeinflussbare Filmfans nach dem Konsum eines Horrorstreifens plötzlich Heißhunger auf nahrhaftes und leckeres Menschenfleisch verspüren.
Trotz der allgegenwärtigen Abwesenheit von nennenswerter Spannung schreitet Babysitter Wanted in seinen 85 Minuten zügig voran und lässt somit auch keine Langeweile zu. Auch inszenatorisch gibt es hier angesichts des sicherlich geringen Budgets nicht viel zu meckern, zumal auch die Schauspieler in ihren jeweiligen Rollen das Beste geben. Sarah Thompson rettet ihren Charakter der christlich erzogenen und geradezu langweilig eindimensionalen Angie zumindest noch mit einem annehmbaren Schauspiel, während Bruce Thomas als geradezu herrlich schwarzhumoriger Bad Guy sicherlich die Hauptattraktion der zweiten Filmhälfte darstellt. Horrorgeeks dürfen sich außerdem noch auf einen Auftritt von Bill Moseley freuen, der den meisten sicherlich aus Haus der 1000 Leichen oder Texas Chainsaw Massacre 2 in Erinnerung sein dürfte. Moseley darf hier ausnahmsweise auf der Seite des Gesetzes agieren und somit eine weitere Facette seines Könnens vorweisen.
Zusammenfassend ist Babysitter Wanted ein Film, bei dem sichtlich viele Chancen verpasst wurden. Die inzwischen altbekannte Prämisse einer jungen Frau, die in einem entlegenen Haus zum Opfer unheimlichen Terrors wird, ist hier mit derart vielen Klischees und Stereotypen ausgewalzt, dass nicht einmal mehr die überraschend harten Schlachtungen in der zweiten Hälfte noch viel herumreißen können, zumal die finale Auflösung der Story onehin jedwede Schmerzgrenze des Anspruchs überschreitet und einfach nur selten dämlich daherkommt. Auf der Habenseite hat Babysitter Wanted hingegen eine überraschende Kurzweiligkeit zu verbuchen, die selbst versierte Horrorfilmfans ihre Zeit mit diesem Film zumindest nicht gänzlich verschwenden lässt, auch wenn sich der Streifen alles in allem dennoch unter dem Niveau einer Empfehlung bewegt.
Babysitter Wanted
USA 2008, 85 Min. (*geschnittene Fassung)
Freigabe: SPIO/JK: keine schwere Jugendgefährdung (*)
Regie: Jonas Barnes, Michael Manasseri
Darsteller: Sarah Thompson, Matt Dallas, Kristen Dalton, Bruce Thomas, Bill Moseley, Nana Visitor, Kai Caster, Monty Bane, Jillian Schmitz, Jeff Markey, Scott Spiegel, Cristie Schoen