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Jordanischer Wüstensand so weit das Auge reicht, schnittige US-Agenten von skrupellosen Bürokraten gelenkt, islamistische Terrorzellen und heimtückische Sprengstoffattentate, müssten das nicht die perfekten Voraussetzungen für einen waschechten Actionkracher aus Ridley Scotts renomierter Filmschmiede Scott Free Productions sein?
Im Prinzip schon, doch überrascht Scott mit dem vorliegenden 70 Millionen Dollar-Werk "Body of Lies", indem er einen deutlichen Aktzent auf die politisch-dramatische Dimension der seit dem 11. September stets aktuellen Thematik setzt und demgegenüber klassische und in Filmen wie "Black Hawk Down" liebgewonnene Bombastaction-Anteile auf ein Minimum zurückfährt.

Ein nicht risikofreies Unterfangen, muss sich "Body of Lies" so doch primär auf seiner inhaltlichen und spannungstechnischen Ebene bewähren, wobei die wieder einmal scott-typisch ausufernde Laufzeit des Politthrillers eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Aber um es kurz und bündig auf den Punkt zubringen:
Das Experiment gelingt über weite Strecken: Die sich in einem Netz brisanter politischer Verstrickungen und Finten vollziehende Treibjagd auf eine vom Nahen Osten aus operierende islamistische Terrorzelle, die Europa mit einer blutigen Anschlagsserie zu überziehen im Begriff ist, fesselt durchaus, hat aber im Gegenzug auch mit einigen zäheren Passagen zu kämpfen - eine direkte Folge der außergewöhnlich spärlich eingesetzen Actionszenen und der gemessen an der inhaltlichen Tiefe etwas zu üppig bemessenen Laufzeit.
Scheppert es dann aber doch einmal, dann kommen auch die bereits ungeduldig auf ihren Plätzen hin- und herumrutschenden Actionjunkies für einige Augenblicke voll auf ihre Kosten. Das Eye Candy-Highlight stellt hierbei zweifellos die fehlschlagende Antiterror-Operation in einem abgelegenen Wüstenkaff dar, in deren Folge es zu einer spektakulären wie bleihaltigen Verfolgungsjagd kommt, die erst durch zwei US-Kampfhubschrauber wüst beendet werden kann. Eine fantastisch fotographierte Actionsequenz von Weltklasseformat! Dumm nur, dass sie die einzige ihrer Art in den gesammten zwei Filmstunden bleiben werden wird. Hier hätte ich von Ridley "Black Hawk Down" Scott trotz aller geboetenen politischen Brisanz und packender Agententätigkeit doch etwas mehr erwartet. Geradezu ernüchternd unspektakulär, obgleich temporeich und gewitzt umgesetzt, fällt in dieser Hinsicht leider auch der Showdown von "Body of Lies" aus.

Immerhin wird das gefährliche politische Intrigenspiel auf Geheimdienstebene und in unmittelbarer Konfrontation mit den kaum fassbaren Terrorzellen abseits der wenigen Actionszenen zu keinem Zeitpunkt wirklich langweilig und zudem überraschend kritisch hinterfragt. Platte Feindbilder vermeidet Regisseur Scott konsequent und lässt insbesondere die amerikanischen Hintermänner des Nahost-Krisengebietes alles andere als in einem guten Licht erscheinen. Für das Gelingen dieses Ansinnens sorgen in erster Linie die sehr ansprechenden schauspielerischen Darbietungen, aus deren Reservoir Russel Crowe als gealterter und geradezu erschreckend abgebrühter wie zynischer Geheimdienstleiter herausragt. Eine schlicht sensationelle Leistung des gefeierten "Gladiators" in einer eher ungewohnt zurückhaltenden Rolle! Doch auch Leonardo DiCaprio hat sein "Titanic"-Image mit brachialer Kost vom Schlage eines "Blood Diamnond" längst abgestriffen und verkörpert den erfahrenen Außendienstagenten absolut glaubwürdig. Hier gelang Ridley Scott defintiv das Künststück einer bärenstarken und durch einen ebenfalls überzeugend agierenden Mark Strong stimmig abgerundeten "Two-Men-Show", die über größere Strecken so manchen dramaturgischen und effektseitigen Mangel zu verdecken in der Lage ist.

Doch weder ein noch so überragend aufspielender Russel Crowe, noch eine technisch wie gewohnt brilliante, stilistisch stark verfremdete Inszenierung kann vollends vergessenmachen, dass "Body of Lies" summa summarum der letzte Pfiff fehlt, um in den Olymp der modernen Politthriller aufzusteigen.
So sind mal kleinere, mal größere Mängel in Erzählfluss, Spannungskontinuität und inhaltlichem Tiefgang nicht wegzureden und werden durch die viel zu seltenen Actionmomente eher noch offensichtlicher zur Schau gestellt.

Dennoch: Die scott-typisch grandiose technische Umsetzung, wirklich hervorragende Darstellerleistungen und ein topaktuelles, kritisch beleuchtetes Terrorszenario sorgen unterm Strich für sehr solide Unterhaltung. Gerade Actionjunkies sollten sich jedoch einen Kauf gut überlegen...

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