Review

Jenny und Steve (Kelly Reilly, Michael Fassbender), ein junges Pärchen, fahren an titelgebenden, ringsum dicht bewaldeten See um ein wenig auszuspannen. Dort werden sie jedoch von einer Jugendgang wiederholt gestört und in weiterer Folge sogar bedroht. Nach der aus schierer Notwehr erfolgten Tötung ihres Hundes durch Steve schaukeln sich die Gefühle der Jugendlichen zu einem wahnhaften Blutrausch hoch, sodass das Pärchen bald um ihr Leben bangen muss. 

Kinder als Unheilsbringer sind nicht neu im Horrorfilm, aber wie hier realgesellschaftliche Ängste und Probleme mit dem Horrorgenre kombiniert werden, verdient zumindest Aufmerksamkeit. Hier werden nicht nur soziale Ungleichheiten als Ausgangspunkt des Schreckens aufgezeigt, sondern es werden auch die scheinbar (und vermeintlich) unmöglichen aufhebbaren kulturellen Unterschiede zweier Klassen - einer bürgerlichen wie einer Unterschicht - deutlich. Zuförderst  kann man jenem Film aber ein gehöriges Misstrauen einer gesetzten bürgerlichen Schicht gegenüber einer neuen Jugendkultur zusprechen. Diese wird als unfähig zu Empathie, von den neuen Medien zu stoischen Gewalt-Konsumenten und emotional verhärmt dargestellt. Man lebt halt nach, was einem ständig widerfährt. Auf der einen Seite will dieser Film wegen seines schonungslosen und gesellschaftsanklagenden Ton gefallen, andererseits ist Misstrauen angesagt, da er eine zutiefst panisch bürgerlich Codierung besitzt, die jegliche Abweichung des bürgerlichen Lebensstils – ähnlich wie Haneke – dämonisiert und als Ursprung aller gesellschaftlichen Unstimmigkeiten polemisiert. Vergleicht man die Horrorfilme der 70er, 80er und 90er Jahre, in denen das Grauen oftmals noch aus dem vertrauten Mittelklassemilieu durch die Decke des heilen Scheins brach (Rosemarys Baby, Halloween, Nightmare on Elm Street, Scream etc.) mit diesem Film, kann man von einer Verschiebung der Schreckensbrutstätten sprechen. Die sozialen Brennpunkte der unteren Schichten werden hier nun nicht mehr als bemitleidenswert, sondern als Schmelztiegel eines ungewissen Gewaltklimas dargestellt, das unmittelbar, unkontrollierbar und jeglicher Logik entsagend die (ethischen) Gesetze einer Gesellschaft nachhaltig demoliert. Freilich ist auch das nicht neu. Bereits in Filmen wie The Texas Chain Saw Massacre oder Deliverance, also dem Backwood-Genre, konnte man das personifizierte Böse in Form einer bildungsfernen Schicht goutieren. Diese wurde allerdings noch weitgehend ohne, oder nur in sehr subtilen Dosen, Kausalzusammenhänge mit gesellschaftlichen Problematisierungen dargestellt. Im Unterschied zu jenen Filmen, bringt Eden Lake diese Problematisierung offen in seine Geschichte ein und generiert gerade daraus seine Beklemmung. Ohne jenen gesellschaftskritischen Zusatz, würde jener Film schnell die Bedeutungslosigkeit zuteil werden, wie sie dem Gros der mittlerweile inflationär aus den Filmstudioböden sprießende so genannten „Torture-Porns“.

Eden Lake bleibt eine ausgesprochen zweischneidige Sache. Das sich aus den konservativ-reaktionären Ängsten speisende Schreckgespenst Jugendkriminalität und Bildungsferne wird hier gegen eine intakte Mittelklassegesellschaft ausgespielt. Sich mitunter gegenseitig bedingende Sachlagen beider Schichten werden ignoriert und sozusagen zum Zwecke des so bedrückend schockierenden, aber auch zutiefst polemisch dümmlichen Storytwists geopfert. Keine Frage, ein interessanter und anregender, aber leider auch kein besonders kluger Film. Diesbezüglich wird man mit dem ähnlich gelagerten Straw Dogs von Peckinpah wohl eher sein Glück finden.    

Details
Ähnliche Filme