Survival-Horror mit sozialkritischer Note findet sich eher selten, - oft sind es ja doch die unkaputtbaren Maskierten oder die degenerierten Rednecks, die Jagd auf unbedarfte Bürger machen.
In diesem Fall wurde die Grundidee jedoch schon längst von der Realität eingeholt, denn eine Gang im Alter von 10 bis 13 jagt ein junges Paar durch die Wälder Englands.
Das verläuft zwischenzeitlich so emotional aufbrausend, dass man denkt: Nimm einen Ast und hau dem Balg auf die Rübe, oder, besser, - den pädagogischen Versagern von Eltern.
Eine fast alltägliche Situation, die zeigt unter welchen Umständen sich Gewalt hochschaukeln kann: Jenny und Steve wollen am Wochenende entspannen und sich am Ufer des Sees sonnen, als einige Meter von ihnen entfernt eine Jugendgang auftaucht.
Laute Musik und ein Pitbull, der die Herzlichkeit der Halbstarken widerspiegelt und schon würde man in dieser Situation an Rückzug denken. Steve hingegen weist die Typen auf die zu laute Musik hin und muss sich direkt übelste Beschimpfungen anhören, kurz darauf ist der Reifen seines Jeeps platt. Als während einer Rangelei der Hund der Gang getötet wird, ist deren Anführer jedoch auf 180…
Roh, brutal und vor allem authentisch erzählt Regiedebütant James Watkins eine Geschichte, die unter die Haut geht. Bereits während der Exposition baut er gekonnt Kontraste ein. Hauptfigur Jenny, eine erfolgreiche Pädagogin, sieht tatenlos zu, als während ihrer Durchreise auf dem Rastplatz ein Kind von der Mutter geschlagen wird und im Radio Diskussionen über pädagogische Maßnahmen und Institutionen laufen.
Recht schnell greift das Gefühl der latenten Beklemmung um sich, derweil einige gekonnte Luftaufnahmen von der Einöde des Waldes als Sinnbild der vernachlässigt einsamen Jugendlichen anzusehen sind.
Mit dem Verständnis für die Kids ist es allerdings genauso rasch vorüber, als diese mit Messerritzen beginnen und jeder vorgeschickt wird, damit alle während ihrer Tat per Handy gefilmt werden. Auch wenn die Charakterisierung einzelner nicht sonderlich hervorgehoben wird, so zeichnet sich doch ein glaubhaftes Bild von Gruppendynamik und Gruppenzwang ab, denn einige können ihre natürliche Hemmschwelle nicht so leicht überwinden, wo andere gnadenlos tiefer zustechen.
Explizite Gewalt steht aber keineswegs im Vordergrund, denn bis auf wenige Nahaufnahmen, ist die Kamera recht clever positioniert und liefert mehr Stoff für das nicht gezeigte Grauen, etwa als man Todesschreie aus dem Wald hallen hört, die dazugehörigen Bilder aber kaum deutlich zu erkennen sind. Der Fokus des Schreckens liegt auf der Gewaltspirale, die sich zwangsläufig immer enger zieht und natürlich auch Gegenwehr gegenüber den Kids impliziert.
Dabei mutiert Hauptfigur Jenny keineswegs zur skrupellosen Amazone, sondern erscheint wie eine getriebene Frau, die sich in dieser prekären Situation der wenigen Tücken bedient, die ihr überhaupt zur Verfügung stehen und auch die Kids agieren keineswegs unglaubwürdig, da die Gruppe aufgrund steigender Gewaltausbrüche immer uneiniger wird.
Beide Fakten sind nicht zuletzt den überaus engagierten Darstellern zu verdanken, die zu jeder Zeit die Glaubhaftigkeit der Szenerie unterstreichen.
Leider wirkt der Verlauf gegen Ende ein wenig überkonstruiert und führt zudem nicht unbedingt zur emotionalen Genugtuung für den Betrachter, - auf der anderen Seite bindet er erneut die sozialkritische Note ein, die den Stoff so nachdenklich erscheinen lässt: Kinder sind nicht von Natur aus schlecht, die Wurzel bösartiger Gesinnung sitzt ganz woanders.
Der straff erzählte Stoff wühlt auf und versetzt einem mehrfach Schläge in die Magengrube. Nicht, weil Gezeigtes so schonungslos brutal ist, sondern weil der Kern dessen erschreckend präsent ist.
Die Prämisse ist zwar schlicht und der Verlauf stellenweise überraschungsarm und steckt voller irrationaler Handlungsweisen, doch diese Form von Survival-Horror erhält aufgrund zeitgenössischer Entwicklungen eine überaus beklemmende und nachdenklich stimmende Note.
8 von 10