Review

Den Zuschauer mit aller Macht schocken, mit exzessiver Gewalt, einem realistisch wirkenden Aufbau und einer äußerlich simplen aber dennoch ungeheuer komplexen Story. In vielen Fällen funktioniert das wunderbar. Gaspar Noé ist das beste Beispiel. Dessen Filme sind in meinen Augen Kunst oder wer den Film „Ex Drummer“ gesehen hat, der wird sicher wie ich, die meisten Minuten mit offenem Mund dagesessen haben. Surreale aber dennoch schlagfertige und auf einer verstörenden Art wunderbar fantastische Filme. Dieses „Ding“, gehört ganz sicher nicht dazu und das richtig provozierende: Das ganze ist nicht nur völlig hirnlos sondern dazu noch auf kunstvolles Kopfkino getrimmt, nur das dieser Witz keine Pointe besitzt.

„Martyrs“ beginnt eigentlich sehr interessant, und auch wunderbar schlagfertig. Nur leider ergibt das ganze Brumborium am Ende nur wenig Sinn. Der Film lebt quasi davon, dass der Zuschauer mit aller Macht wissen will, was absurdes hinter diesem Folterhorrorquatsch steckt. Die ganze Story ist so stupide und hingerotzt das die teilweisen sehr exquisiten Bilder, am Ende auch beeindruckenden Momente, zur Farce werden. Unheimlich schade, wenn man sich das ganze mal betrachtet!

Das erste Ausrufezeichen setzt der Film schon früh. Unverblümt rottet eine junge Frau eine ganze Familie aus, knallharte Bilder die durchaus verstörend wirken. Alles für ein drastisches Schockdrama ist angerichtet. Doch leider entwickelt sich die ganze Geschichte in ein mehr oder weniger spannenden Horrorfilm der wie US-Filme mit irgendwelchen Hirngespinsten in Form von gruseligen deformierten „Menschen“ aufwartet, das stetig im Wechsel mit realistisch wirkenden Momentaufnahmen die ungeheuer gelungen sind. Die Gradwanderung zwischen verstörendem Drama und Horrorklamotte misslingt leider.

Eins muss man dem Regisseur lassen, er geht gleich zur Sache, was die Gewalt angeht. So wird die Story im Gegensatz erst zum Mittelteil offenbahrt, wobei der Rest nur noch Formsache ist und die Katze quasi aus dem Sack ist, so ist die Schlussequenz nur noch lächerlich, aber dazu später mehr. Sicherlich reizt dieser Film bestimmte Leute. Auch weil er konsequent auf Spannung setzt. Nur leider sind viele Sequenzen in der zweiten Hälfte nur noch langweilig, wenn eine arme abgedürrte Frau minutiös gequält und vermöbelt wird, muss man echt pervers oder ein Machoschwein sein, um sowas etwas abzugewinnen. Aber natürlich wird sowas von einigen als ganz innovativ und als einfach geil bezeichnet, in meinen Augen lächerlich. Da hier die Story hinter dem ganzen so Banane ist, dass das es eher nach einer Folter für den Zuschauer aussieht. So vermittelt dieser ganze Streifen einfach garnichts, nur wieder so ein Mystery-Blabla-Scheiß. In diesem Falle quält ein ganzer Sektenstab unschuldige Mädels um sie damit zu Märtyrer zu machen, damit die (wenn die Folter gut läuft) zur anderen Seite schielen können. Wie Aja´s „Mirrors“ nur ohne Spiegel und auf verstörend getrimmt. Mit so einer lächerlichen Story aber, ist alles tolle Make-Up und alle Effekte für die Katz! So bot „Mirrors“ wenigstens eine bissige Schlusspointe und war vom Niveau her 3 Stufen höher angesiedelt.

Die Darsteller brauchen nichts dolles zu leisten. So werden im gesamten Film keine großen Dialoge abgelassen, nur Pseudogeschwafel. Die große Schauspielkunst der 2 Jungdarstellerinnen beschränkt sich darin, überzeugend das Opfer zu spielen, versuchen in eine Metallschüssel zu pinkeln und natürlich wie ein Märtyrer zu gucken, was dem ganzen an Schwachsinn die Krone aufsetzt.

Es ist wirklich unglaublich schade das diese tollen Bilder und auch spannend eingesetzte Einfälle durch eine so billige Story verhunzt werden, da das ganze an sich schon wirklich unheimlich ist und Mysteriös, bis der weibliche Elton John-Verschnitt auftaucht und dem Zuschauer die Story vorkaut. Ab da macht der Film keinen Spaß mehr, eigentlich aber schon in dem Moment nicht mehr als das dumme Mädel unbedingt noch tagelang in diesem Horrorhaus verbringt anstatt abzuhauen. So geht die kleine Maus lieber in den Folterkeller, „spielt“ mit den Folteropfern und wartet geradezu auf die Peiniger, die ihr das selbe antun.

Im Vergleich zu Noé verzichtet dieser Film aber gänzlich auf den Aspekt der Sexualität. Ein halbnacktes Mädel das von einem Glatzköpfigen zwar immer vermöbelt wird aber (gottseidank) nie irgendwie angemacht wird, denn das Vergewaltigen macht die Mädels nicht zu Märtyrer(innen), man muss sie nur grün-und-blau schlagen. Vielleicht merken Sie langsam, wie lächerlich dieses ganze Affentheater hier ist.

Der Film besitzt 2 Stufen, in dem der Zuschauer genervt angepisst ist oder wird. Nach 50 Minuten, als die Story zum ersten mal klar wird und am Ende wenn der Zuschauer merkt die ohnehin schon absolut grässliche Schlussszene wird nur noch durch das angeblich „hoch interessante zum Nachdenken anregende“ Ende getoppt. Man wartet auf den großen Knall, weil die ersten 45 Minuten schon heftig waren, aber leider steigert sich das ganze nur zu einem einzigen Effekt (wenn auch ansehnlich). Überhaupt kein Impact am Ende. Aber diese tote Story könnte selbst Herbert West nicht reanimieren.

Weil dieses Teil hier so hochgepusht wurde, und die Story wohl das lächerlichste ist, was ich in den letzten Jahren so gesehen habe (selbst „The Expandables“ machte mehr Sinn – OHA) gebe ich die tiefst möglichste Note. Was angesichts der dargestellten Bilder vielleicht übertrieben wirkt, aber würde man mir knapp 3 Mio. in die Hand geben, wären die Effekte in meinem Erguss zwar nett aber das Drehbuch wäre das gleiche. Aber solange man dem Zuschauer eine Pseudostory auftischt und die Aufmerksamkeit nur auf die Folter- und Spannungsmomente zieht, und das ganze auch noch funktioniert, wundert es mich auch nicht das „Paranormal Activity“ zum Erfolg wurde oder „Das Supertalent“ immer noch läuft. Es scheint als würde das heutige Publikum auf Folter stehen, sei es auf der Leinwand als auch am eigenen Leibe. So wird nach der Logik dieses Films jeder von uns zum Märtyrer. Halleluja!

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