Review

Drei Automobilarbeiter brechen den Gewerkschaftstresor auf und finden dabei Material über illegale Machenschaften der Werkführung. Sie versuchen, diese mit dem belastenden Material zu erpressen; geraten aber in eine Situation, der sie nicht gewachsen sind...

Paul Schraders Regiedebüt ist ein Sozialkrimi; die Anklage an Gesellschaftszustände und einem wenig latenten Klima der Abstumpfung wird anfangs mehr in eine unterhaltsame, spannende Form der Genreerzählung gedrückt, um gegen Ende hin auszubrechen.
Vom Amerikanischen Traum ist hierbei ebenso wie in seinen Arbeiten zu Taxi Driver, Hardcore oder Der Mann mit der Stahlkralle nichts mehr über; bereits von Beginn weg ist man ganz unten und bekommt auch keine Möglichkeit mehr, dem zu entfliehen.
Dabei befindet man sich direkt am Zentrum der amerikanischen Automobilproduktion; die Fabrikation der Großen Drei Chrysler, Ford und General Motors in einer Stadt sorgte dafür, dass Detroit Anfang des 20ten Jahrhunderts wie keine andere boomte und sich dieser Trend auch bis zur Ölkrise 1973 fortsetzte. Die anschliessende Suburbanisierung legt 1/3 der Stadtfläche brach. Ohne Auto keine Stadt. Keine Motor City.

Hierbei hat man noch allerhand zu tun. Die Anzeige der Jahresproduktion steigt sekündlich, öfters wirft die Kamera einen Blick darauf. Auch andere spezielle Szenen gleichen sich; erfahren nur unwirklich eine marginale Änderung. Der Song "Hard Workin' Man" von Captain Beefheart untermalt den Vorspann und wird auch wirklich zu jeder Szene in der Autofabrik gebracht, um so noch deutlicher die Wiederholung des ewiggleichen Tagesablaufes der Angestellten zu betonen.
Es ist nämlich eine Fließbandarbeit, die Zeke [ Richard Pryor ], Jerry [ Harvey Keitel ] und Smokey [ Yaphet Kotto ] tagein, tagaus, Stunde für Stunde zu bewältigen haben. Zeke ist sieben Jahre dabei, Jerry zehn; zwischendurch erfährt man, dass jemand schon 28 Jahre lang die gleichen Handgriffe in seinem Leben macht und damit durch seine Arbeit komplett an den apathischen Rhythmus angeschlossen ist. Sogar der Feierabend ist immer gleich stumpfsinnig; man trinkt erstmal seine Biere in der schäbigen Kneipe direkt nebenan. Und sieht dort auch keine anderen Menschen als seine Kollegen aus der Fabrik.
Nun kommt es dann auch gar nicht darauf an, für welche Tätigkeiten die Einzelnen nun speziell ausgebildet und für welchen Arbeitsschritte sie zuständig sind, da sie jeweils sowieso nur das kleinste Rad in der gesamten Arbeitsweise darstellen und jederzeit ausgetauscht werden können. Sie sind nicht lebensnotwendig dafür, dass am Ende des Förderbandes das Produkt fertig ist; draussen warten genug Andere, die ihren Job nach kurzer Anlernzeit auch übernehmen können.
Das tröstet sie wohl kaum; zusätzlich ist die Belastung durch Monotonie und Ermüdung sehr hoch und selber Aufhören geht auch nicht, da sie über die Firma Kredite erhalten haben und alles Materielle in ihrem Leben nicht abbezahlt ist. Sobald die Raten rum sind, ist dann meistens auch der Gegenstand kaputt, bis dahin reicht es vorne und hinten nicht.
Was also tun ?

Zeke versucht es mit Beschwerden beim Vertrauensmann Clarence Hill [ Lane Smith ] auf der abendlichen Versammlung des Betriebsrates. Sein Anliegen ist eigentlich ein einfaches und schnell behebbares: Er will nur, dass sein Spindschloss repariert wird. Er ein neues bekommt, da er ständig mit dem Finger oder Kugelschreibern darin herumfuhrwerken muss und sich so die Stifte oder seine Hand kaputtmacht. Er wird sogar lauter, als er dies vorträgt, auch angreifend, aber es tut sich nichts. Als ihm die Sache zu bunt wird, weil der Mann von der Gewerkschaft nicht einmal diese Winzigkeit für seine Leute hinkriegt, geht er eine Etage nach oben. Zu Eddie Johnson [ Harry Bellaver ], dem Präsidenten des örtlichen Abschnittes 291. Dort wird ihm eine schnelle Erledigung des „Problems“ auch versprochen, aber für Zeke ist eins viel interessanter. Er sieht einen grossen Safe.

Es dauert eine Weile, bis der Film derartig in die Gänge kommt; die Probleme stehen hierbei analog zu dem Leben der Beteiligten im Vordergrund und werden deswegen auch zuerst aufgezeigt. Schrader als Autor und Regisseur arbeitet dabei nicht ganz ohne Witz, wobei ihm die anfangs lockere Handhabung etwas im Wege steht. Denn entweder ist das was hier geschieht wirklich lustig, oder ist es nicht, aber versucht es zu sein. Beides nimmt dem Film zuerst seine Wirkung. Eine Komödie wird so oder so natürlich nicht daraus, aber einige dargebrachte abtruse Situationen plus Wortwitz und Hampelei gehören eher in ein anderes Werk; die Herangehensweise nimmt zu Beginn entweder vieles auf die leichte Schulter oder übertreibt es andersrum gleich zu stark ins Negative.
Es ist sowohl unwahrscheinlich, dass Jerrys Tochter in Ermangelung einer richtigen Zahnspange sich selber eine aus Draht bastelt und damit den halben Mund aufschneidet, als auch Zekes Behandlung eines Ärgernisses mit einem plötzlich auftauchenden Steuerbeamten. Der statt der angegebenen sechs Kinder nur drei vorfindet; prompt werden die Sprösslinge des Nachbarn als zur Familie gehörend ausgegeben. Wenn dabei noch Starkomiker Richard Pryor seine zappeligen Sprüche abgibt, wähnt man sich da teilweise schon im verkehrten Setting, fast als wäre man in den parallel laufenden Sitcoms Good Times oder The Jeffersons drin. Seine im Deutschen furchtbare, krächzende Synchronisation macht noch viel mehr kaputt. Die produzierende Universal hebt mit ihrer damaligen Marketinganpreisung als „Comedy“ auch diesen humoristischen Punkt heraus; hatte sicherlich auch keine Mühe, entsprechendes Material für die Trailer zu finden, aber liegt damit natürlich dennoch voll daneben.
Trotzdem passt Pyror in seinem Auftreten auch gar nicht zu seinen Mitspielern; sicherlich mag er sich im Vergleich zu anderen Rollen besser einfügen, aber wirkt neben Keitel und Kotto entweder nicht als vollwertiges oder auf der anderen Seite als zu hervorspielendes Mitglied. So oder so ist die Bindung untereinander nicht glaubhaft. Einer stört immer, entweder Keitel passt nicht zu den beiden Afroamerikanern oder Pryor in seinem lauten Auftreten nicht zu seinen ernsten Mitstreitern.

Die Beobachtung der Szenerie ist deswegen auch nicht von der kühlen Eindringlichkeit wie bei Scorseses Taxi Driver geprägt. Schrader - der von der Lebenslage in der Autofabrik gleichzeitig fasziniert als auch abgestossen scheint - inszeniert anders. Einerseits naturalistischer, da ohne grossartige Betonung. Gerade in der Umsetzung seines Skripts verzichtet er auf schmückendes Beiwerk; stellt den Sachverhalt mitsamt seiner Konstellation nüchtern, sachlich und zweckmässig dar. Den behandelten Themen Unterdrückung, Armut, Ausnutzung, Macht, Betrug und Gewalt angemessen. Gleichzeitig werden die Umstände für die kriminelle Aktion aber nicht so analytisch und präzise aufgestockt und das Ganze bis zur Konfrontation mit den Machenschaften der Gewerkschaften ja wie erwähnt oftmals eher als Kinderspiel herübergebracht. Verwässert. Der Einbruch selber ist auch ein Leichtes, nur die eigene Unfähigkeit und der Schalk steht ihnen dabei im Weg. Nicht einmal einen vorherigen Uhrenvergleich können sie abziehen; da einer keine hat, die des anderen kaputt ist und die extra gekauften Fälschungen stehenbleiben. „Scheiss Cartiers !“

Ernst wird es dann, als der grandiose Tresor nur 600 Dollar ausspukt, was nach Abzug der Kosten für keinen der Drei das Risiko auch nur annähernd wert war. Ausserdem mussten sie einen Wärter niederschlagen, der die Täter mit zwei Schwarze und ein Weisser angibt; und die Gewerkschaft macht bei ihrer Versicherung einen Verlust von ganzen 20600 Dollar fest. Das gefundende Notizbuch mit der Liste der irregulären Darlehen kann ihnen nur scheinbar weiterhelfen; mit den wahren Konseqenzen ihres Tuns haben sie weder gerechnet noch sind sie dem gewachsen. Nun geraten sie vollends in die Maschinerie, werden schnell identifiziert und nacheinander gemäss ihrer Eigenarten aufgelauert.
Hierbei läuft der Film zu seiner wahren Stärke auf; die Milieubeschreibung bekommt einen paranoiden, furchtsamen Unterton verliehen, der nicht nur die Situation, sondern auch die Menschen darin rapide verändert. Eine Lackierstation wird zur tödlichen Falle, am Ende arbeiten ehemalige Freunde gegeneinander, beschimpfen sich als „Arbeiterverräter“ und gehen auf sich los.

Smokey: „Why do you go to the line every Friday?“
Jerry: „Well ...“
Smokey: „Because the finance man's gonna be at your house on Saturday, right? That's exactly what the company wants - to keep you on their line. They'll do anything to keep you on their line. They pit the lifers against the new boys, the old against the young, the black against the white - ANYTHING to keep us in our place.“

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