Dieses Review enthält Spoiler.
Leider konnte mich Hitchcocks Vertigo aus einigen Gründen nicht so sehr überzeugen, wie ich es mir gewünscht hätte. "Psycho" finde ich grandios und auch andere Hitchcocks wie "Strangers on a Train" oder "Rope" haben mir durchaus gefallen, doch bei Vertigo konnte der Funke nicht so wirklich überspringen.
Auf der positiven Seite ist für mich der Score, der mit seinem immer im Kreis gehenden Streicherthema die Thematik perfekt unterstreicht. Auch auf der technischen Seite ist Vertigo - wie bei Hitchcock zu erwarten- sehr gut gemacht, vor allem die hohe Mobilität der Kamera überraschte mich, wenn man bedenkt, wie klobig die Dinger damals noch waren; auch der revolutionäre "Vertigo-Effekt" ist hier natürlich zu nennen. Die Traumsequenz in der Mitte war cool gemacht, auch wenn man als erfahrener Filmfan natürlich schmunzeln muss, wenn sich Patrick Stewart danach kerzengerade im Bett aufrichtet. Die Story an sich fand ich auch - vor allem in der ersten Hälfte - recht interessant.
Auf der negativen Seite fiel mir von Anfang an Kim Novak durch ihr konsequentes Overacting (und ein bisschen auch durch ihre aufgemalten Augenbrauen ;-) ) auf. Doch wirklich störende Aspekte häuften sich vor allem etwa zur Halbzeit des Films. Die Liebesszenen zwischen Scottie und "Madeleine" waren leider doch sehr schnulzig, was vor allem durch die hier sehr dick aufgetragene Filmmusik noch unterstrichen wurde. Nachdem wir als Zuschauer dann die wahre Geschichte erfahren haben war für mich die Spannungskurve so gut wie verschwunden, denn es blieb prinzipiell nur noch darauf zu warten, dass Scottie sie herausfinden würde. Den Zuschauer bis zum Ende in Unwissenheit zu lassen, ob Judy doch die selbe Person ist wie Madeleine und es zusammen mit Scottie zu erfahren, hätte mir besser gefallen. Mir ist bewusst, dass Hitchcock diese Art der Spannungserzeugung nicht lag, aber in diesem Fall hätte ich sie passender gefunden. Hinzu kam, dass plötzlich keine Identifikationsfigur mehr übrig geblieben ist - die sympathische Midge tauchte nicht mehr auf, übrig blieben nur noch die mörderische Doppelgängerin Judy und Scottie, der völlig dem Wahn verfallen ist, sie wieder wie seine Geliebte aussehen zu lassen. Der "zweite Sturz" vom Turm ist eigentlich eine interessante ironische Wendung der Geschichte, dass die Ursache eine plötzlich hereinplatzende Ordensschwester ist, war aber dann doch nicht besonders geistreich.
Insgesamt ist Vertigo zwar ein technisch gut gemachter, stellenweise sehr spannender und sicherlich auch sehr einflussreicher Film, meinen persönlichen Geschmack hat er jedoch nicht getroffen. Dennoch bin ich gespannt, ob mir weitere Hitchcocks, die ich in nächster Zeit noch gucken möchte (z.B. North by Northwest), mehr liegen werden.
7/10