Nebst ihren beiden, zumindest was die Anerkennung seitens der Verleiher renommierter Filmpreise angeht, größten Werken Fargo (1996, 2 Oscars) und No Country for old Men (2008, 4 Oscars), schufen Joel & Ethan Coen auch eine ganze Reihe schwarzhumoriger, kultig verehrter Filmperlen, oft bitterböse, meist brüllend komisch. Daneben versuchen sich die Brüder auch immer mal wieder an vergleichsweise harmlosen Stoffen, Fingerübungen sozusagen, die aber dennoch dank der typischen Würze und Kreativität in den Dialogen sowie ausgefallenen Charakterzeichnungen einen Blick wert sind. Auf Burn After Reading trifft dies nur sehr bedingt zu...
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Der CIA-Analyst Osbourne Cox kündigt empört seinen Job, als man ihm Alkoholismus vorwirft. Er beschließt seine Memoiren zu schreiben, die durch einen Zufall in den Händen der beschränkten Fitnesstrainer Linda und Chad landen. Da Linda dringend Geld für diverse Schönheitsoperationen benötigt erpressen sie und der tumbe Chad den ehemaligen Bundesagenten - während dessen Frau ihn mit dem paranoiden Harry betrügt, der wenig später ebenfalls mit Linda anbandelt...
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Das klingt zwar alles sehr nach einer klassichen Coen-Story, kann in der Umsetzung mit deren bisherigem Schaffen aber nicht so recht mithalten. Die Story kommt schleppend in Gang und ehe sich das Verwirrspiel richtig entfalten kann, hat man beinahe schon völlig das Interesse daran verloren. Wenn die Figuren erst einmal alle ihre Verbindungen zueinander gefunden haben kommt das Geschehen zwar etwas besser in Fahrt, trotzdem trudelt der Film weder besonders spannend, noch wirklich witzig seinem Ende entgegen. Das grenzdebilde Unterfangen von Chad und Linda, den erfahrenen CIA-Mann um ein ordentliches Sümmchen zu erpressen folgt zwar einem der gängisten Schemata der Coens, nämlich der Gier des Einfältigen nach Reichtum, nimmt in Burn After Reading aber nie die Form an, in der man eine weitere Variation dieses Motives noch als unbedingt erlebenswert ansehen könnte. Zu wenig greift hier außerdem eins ins andere und obwohl sämtliche Handlungsstränge nach der erwähnt langen Anlaufzeit zueinander finden, passen sie einfach nicht sonderlich gut aneinander. Unpassend wirkt in diesem Sinne auch Carter Burwells Score, der dem seichten Geschehen eine seltsame Dramatik und Ernsthaftigkeit unterjubelt, statt locker und dem doofen Treiben der Protagonisten angemessen zu untermalen. Man denke da nur an den Soundtrack zu O Brother, Where Art Thou?...
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Einigermaßen gut funktionieren die paranoiden Züge des von George Clooney gespielten Aufreißers Harry. Deren Kopplung mit der tatsächlichen Überwachung des Geschehens durch mehere Parteien (Anwälte, CIA, Russen), wodurch Clooney hinter jeder Sonnenbrille einen Spion vermutet, ist als Allegorie auf das Sicherheits- und Überwachungsbedürfnis verschiedener staatlicher Organe sicher ganz amüsant und hätte als isoliertes Thema und bei entsprechender Ausweitung und Verschärfung sicher schon allein einen besseren Film abgeben können, als es Burn After Reading im Ganzen geworden ist. Ein Hauptproblem ist, dass es jeder Figur an Sympathiewerten mangelt. Die sonst so einnehmende Frances McDormand als Linda nervt nicht nur mit ihrem Spruch, sich selbst mithilfe der angestrebten Schönheits-Ops „neu erfinden" zu wollen, was im allgemeinen zwar eine zeitgemäße, aber im Gegensatz zu vielen anderen Coen-Protagonisten, keine unbedingt publikumsgewinnende Motivation ist. Man denke da nur an den Dude, der seinen Teppich ersetzt haben wollte...
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Brad Pitt macht sich in der Rolle des Chad zwar genüsslich zum Affen, dies wirkt aber, genauso wie bei Clooney, so bemüht, als hätten die beiden Superstars es einfach nur darauf anlegen wollen, einmal möglichst extrem gegen, bzw. mit ihrem Image zu spielen. Dass Pitt als Ersatz für jedes Wort, das dem beschränkten Chad nicht einfallen mag, ein schnell abgenutztes „Scheiße" einsetzt, erhöht seinen komödiantischen Faktor dabei auch nicht gerade. Man denke da nur an „Jesses!" aus Fargo... John Malkovichs cholerische Anfälle als Osbourne Cox machen auf die Dauer auch nicht viel her, die betrügerische Ehefrau, gespielt von Tilda Swinton, bleibt als Dauerzicke mit Frostmimik blass. Einzig Richard Jenkis bekommt als Fitnessstudio-Boss und Lindas Verehrer, die für seine schüchteren Annäherungsversuche wahrnehmungsresistent ist, ein paar nette Szenen, die als einzige irgendeine emotionale Regung gegenüber dem Sammelsorium der Charaktere auslösen: Mitleid. J.K. Simmons und David Rasche sind prinzipiell gern gesehen und bringen als völlig ahnungslose Obere des CIA ein nettes parodistisches Zwischenspiel, mehr aber nicht. Man denke da nur an John Goodman und William Forsythe in Arizona jr....
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Burn After Reading dem Vergleich mit anderen Werken der Coens zu unterziehen ist sicher nicht gerade die fairste Methode, da vieles im Film jedoch derart eindeutig gängige Elemente aufwärmt, die zuvor bei voller Hitze kochten und hier nur vereinzeltes Blubbern einsetzt, müssen die Brüder sich dies gefallen lassen. Unter dem Strich ist der Film schon ein wenig mehr, als bloß einfallsloses Selbstzitat, doch auch losgelöst vom Gesamtwerk der Coens ist er schlicht uninteressant, kaum witzig, es mangelt ihm an Bissigkeit, die Charaktere und Story zünden nicht und nicht einmal ein gewisses Vergnügen an der Starbesetzung an sich setzt ein. Handwerklich ist Burn After Reading solide bis gut umgesetzt, die Kamerafahrten zu Anfang und am Ende sind nett anzuschauen und in der ganzen optischen Gestaltung erlauben sich die Coens nicht die Mängel, die sich in ihre Story eingeschlichen haben. Die Lücke zwischen Regie und Buch klaffte bei den beiden wohl noch nie so weit auseinander. Man denke da nur an [beliebigen Coen-Film]...
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