In meinem Bekanntenkreis polarisierte dieser Film wie kaum einer zuvor. Während die einen Tränen lachen konnten, empfanden ihn andere als den langweiligsten Dreck ever. Und das obwohl jeder von ihnen den „Dude“ (ihr wisst schon) in sein Herz geschlossen hatte.
Nein, „Burn after reading“ ist ganz bestimmt kein zweiter „The big Lebowski“. Aber wer von den Coens tatsächlich erwartet hat, dass sie ihr Erfolgsrezept wiederholen, der muss die letzten Jahre im Tiefschlaf verbracht haben. Irgendwie haben es die beiden ja jedes Mal geschafft gegen die Erwartungshaltung der Zuschauer zu inszenieren und doch Erfolg damit zu haben. Und so ist es auch diesmal. „Burn after reading“ hat mich frontal erwischt und – ja, ich geb es zu – ich liebe diesen Film. Und um ehrlich zu sein, so ganz genau kann ich nicht mal sagen warum.
Gut, da wäre erst mal die Handlung – wenn es denn eine gäbe. Denn hier dreht sich alles mehr oder weniger um nichts. Wie schon beim großen Lebowski und dem Thriller "Fargo" hechten die Protagonisten einem nicht vorhandenen Stück Bedeutungslosigkeit hinterher dass im Endeffekt außer viel Verwirrung und einigen Leichen nichts gebracht hat. Nur im Unterschied zu den beiden Vorgängern treiben die Coens es hier gekonnt auf die Spitze, da wirklich andauernd darauf hingewiesen wird dass es tatsächlich um nichts, aber auch gar nichts geht. Die Personen, auf die unser Blick gelenkt wird, wissen davon natürlich gar nichts und steuern so auf einen ebenso vermeidbaren wie sinnlosen Showdown zu. Darstellerisch begeistert „Burn after Reading“ primär natürlich mit seinen großen Namen: Pitt, Clooney, Swinton, Malkovich, … - bis in die Nebenrollen wurde perfekt gecastet. Und das tolle daran: Man merkt jedem der Schauspieler seinen absoluten Spaß an der Sache an. Ja man spürt förmlich die kindliche Begeisterung: „Cool, ich darf in einem Coen-Film mitmachen!“ Clooney als polygamer, dauerjoggender Parkettbodenfanatiker, Pitt als hyperaktiver, simple-minded Fitnesstrainer und Malkovich als zynischer, lebensmüder Alkoholiker; sie alle meistern ihre Rollen mit Bravour. Vorweg warnend muss ich allerdings sagen, wer sich nicht mit skurrilen Charaktären begnügen kann, der wird bei „Burn after reading“ enttäuscht werden. Denn mehr gibt es eigentlich nicht. Die Story (wenn denn überhaupt wirklich eine vorhanden wäre) kommt schleppend in Gange, manche Szenen wirken beinahe meditativ und so etwas wie Spannung vermisst man ja seit jeher bei den Filmen der Brüder. Auch muss auf einen klassisch-tarantinoesken Soundtrack á la „Big Lebowski“ verzichtet werden. Stattdessen gibt es – völlig unpassend, und dadurch umso genialer – dramatische Musik im Stile eines Film Noir. Dazu passt auch die langsame und völlig unaufgeregte Erzählweise. Ich würde das weniger retro als einfach die Antithese zum modernen Kino bezeichnen. Es tut richtig gut nach all den höher-, weiter-, schneller-Filmen ein wenig Ruhe zu genießen (und das sag ausgerechnet ich, der "No country for old men" für DIE Entäuschung des letzten Jahres hält). Hier sind es die Kleinigkeiten: ein unausgesprochenes Wort, ein leises zucken der Mimik und der falsche Mann am falschen Ort zur richtigen Zeit. Mehr ist es nicht. Die Erwartungshaltung des Zuschauers an Agenten- und Spionagethriller – schon durch den aufwendigen Intro, der so gar nicht zum Rest des Films passen will, geschürt – wird so gekonnt untergraben, dass ich mich noch nie lieber verschaukeln ließ als hier. Alles wirkt mysteriös, jeder ist Spion, alle kämpfen gegen Jeden und doch passiert nichts.
Einfach Großartig!