Review

Ich unterschätze sie ja gerne mal, die Coen-Brüder - besonders in diesem Jahr: Nicht besonders wegen ihrem Oscarprämierten "No Country for Old Men", den ich leider als sonderlich langatmig und stereotyp empfand, sondern wegen "Burn After Reading". Ihr neuster Film funktioniert vor allem als Pendant zu letzterem, dass wird bei den Schwerpunkten sichtbar: Während "No Country for Old Men" langsam und ruhig verläuft, dabei mit einer perfekten Visualisierung aufwarten kann, wird in "Burn After Reading" auf technische Spielereien verzichtet, man konzentriert sich auf die starke Charakterzeichnung, die eben zum schwersten Problem ihres Neo-Westerns wurde, weil die Personenkonstellation nur lieblos aus "Fargo" übertragen wurde. Von der Kritik her unterschätzt, ist "Burn After Reading" nicht nur einer der besten Filme dieses Jahres, sondern auch der bessere der Coens - zumindest mir direkten Vergleich.

Der praktizierte Stil, der den Film in sterilen und bewusst konventionell anmerkende Bilder verpackt, lässt die Coens in regelrechte Höhenflüge versetzen und fühlt sich dazu noch erfrischend innovativ an, ein Gefühl, dass wir lange vermissen mussten bei ihnen. Ja, sie scheinen gelernt zu haben aus ihren Fehlern und sich erstmals seit sehr langer Zeit wieder der „Kunst“ des Films zu widmen und einen originellen, subversiven Film schufen. Überraschend bodenständig wirkt „Burn After Reading“, wenn der Zuschauer den Clou durchschaut – den Film als normales Mainstream-Gut zu betrachten scheint fatal, die Coens spielen eben mit diesen Mustern. Georg Clooney, Brad Pitt und wie sie noch alle heißen, sie parodieren ihr eigenes Image – Georg Clooney als Personenschützer, der sein Intimleben zu seinem Hobby macht und seine Frau in jeder scheinbar freien Sekunde zu betrügen probiert und Brad Pitt, im realen Leben einer der populärsten Schauspielern Hollywoods, als hoffnungslos verblödeter Vollidiot, bereitet dem Zuschauer als Kronstück des Films eine besondere Freude.

Es spricht für die Coens, dass man ihren Darstellern allesamt den Spaß beim Dreh anmerkt, nicht zuletzt sind ihre Charaktere perfekt angepasst und Coen typisch immer einen Tick überkonstruiert, aber gerade deshalb so interessant zu verfolgen. Adäquat dazu, sollte die subtile Komik, zum Glück mal kein Holzhammerklamauk, auch den letzten Skeptiker gesättigt und zufrieden abspeisen. Die Komik scheint mir hingegen aber nur Ausdruck von Kritik zu sein, schließlich reflektieren Osbourne Cox und Konsorten eine Gesellschaft wider – hier bauen die Coen-Brüder einen intelligent-satirischen Unterton ein – aber nicht nur die feine Vorstadtgesellschaft bekommt, genau wie das CIA eins auf ’n Deckel. Letztlich bietet „Burn After Reading“ gute 90 Minuten subversives, intellektuelles Kino und sogar komplexer als man es an so mach’ anderer Stelle im Oeuvre der Coens vorfindet. Nur sollte man eben nicht den Fehler begehen und „normale“ Unterhaltung erwarten.

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