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An einer japanischen Schule herrscht die nackte Gewalt: Brutale Schlägerbanden haben die Schülerschaft eisenhart im Griff und kämpfen gegeneinander um die Herrschaft. Als der neue Schüler Genji – Sohn eines mäßig erfolgreichen Yakuza – die absolute Macht anstrebt, eskaliert die Gewaltspirale in unbekannte Dimensionen.

In Takashi Miikes ebenso umfangreiches wie wechselhaftes Oeuvre passt diese wirre und wilde Manga-Verfilmung wie angegossen. Vollgestopft mit irren Ideen, die keinerlei Scheu vor absurder Übersteigerung haben, schrillen Figuren und blutigen Kämpfen, zeigt sich „Crows Zero“ als eines der inszenatorisch hochwertigsten Werke des japanischen Vielfilmers – Ausstattung, Setdesign, Kameraarbeit und Farbdramaturgie rangieren hier um Klassen höher als in so manchem anderen, bedeutend günstiger gedrehten seiner Filme. Dementsprechend wurde „Crows Zero“ auch zum bis dahin erfolgreichsten Film Miikes und spielte allein in Japan knapp 20 Millionen Dollar ein.

Wer Miikes Schaffen kennt (zumindest in Ausschnitten), wird hier allerhand typische Elemente wiederentdecken: Von Anfang an legt der Film ein hohes Tempo vor, das diverse Figuren und Handlungsansätze einführt und zielstrebig gegeneinander ausspielt. Scheinbar gewöhnliche Szenen werden immer wieder durch exzentrische Inszenierungsideen ins Groteske überhöht – da werden stakkatohafte Wiederholungen, Jump Cuts und Spielereien mit Farbe und Licht benutzt, um einzelnen Sequenzen ganz eigene Atmosphären zu verleihen: Man denke etwa an die Szene im Krankenhaus, in der einer der Protagonisten die Diagnose einer tödlichen Krankheit erhält und dabei die Innenszenerie beinahe schwarz-weiß verwaschen wird, während die Bäume im Hintergrund umso bunter und farbintensiver leuchten. Auch wird der gesamte Film durch einen enorm impulsiven und mitreißenden Rock- und Pop-Score getragen, der wiederholt Kampfszenen oder dramatische Momente enorm intensiviert. In Sachen Unterhaltungsfaktor lässt sich „Crows Zero“ so leicht nichts vormachen.

Im Gegensatz zu anderen Miike-Werken darf man sich hier allerdings um Gottes Willen nicht fragen, was der ganze Blödsinn inhaltlich eigentlich soll. Absurde Sujets wie die Schule, an der die wenigen sichtbaren Lehrer keinerlei Bedeutung haben und die brutale Straßengang-Gewalt herrscht, verweisen deutlich auf die Manga-Herkunft der Story. Die jungen Männer werden durchgehend in der typischen J-Pop-Ästhetik dargestellt, als wäre nichts wichtiger, als weibliche Teenie-Fans aufkreischen zu lassen – was allerdings wiederum durch die brutale Gewalt konterkariert wird, die hier mit einer gedankenlosen Selbstverständlichkeit als annehmbare Handlung und vor allem gutes Mittel zum Beweis der eigenen Männlichkeit glorifiziert wird, dass es einen gruseln kann. Auch die wenigen Frauen, die mal auftauchen, sind nur dazu da, angehimmelt und beschützt zu werden. Diese Rollentypisierung, die auch noch die meisten Männer möglichst cool inszeniert und sich gerne über sexuelle Probleme lustig macht, wirkt wie aus einem anderen Jahrhundert importiert. Politisch korrekt ist hier gar nichts, was natürlich zur wilden Story und Umsetzung hervorragend passt, aber mitunter so plump und hemmungslos pathetisch daherkommt, dass man nicht recht weiß, was man damit anfangen soll. Von einem tieferen Sinn der Handlung fehlt hier eh weit und breit die geringste Spur.

Dank des enorm hohen Tempos und der schrillen Figuren kann man das allerdings recht gut verschmerzen (ebenso wie eine gewisse Wirrheit des Figurengeflechts, das in all dem Tempo nicht wirklich übersichtlich entfaltet wird), denn „Crows Zero“ bietet starke Bilder, einen tollen Score und immer wieder überraschende formale Spielereien, die auch vor blödesten Ideen und miesesten Spezialeffekten (die Szene mit den menschlichen Kegeln!) nicht zurückschreckt. Dass er aufgrund der zahlreichen blutigen Kämpfe eine FSK-18-Freigabe erhalten hat, ist nachvollziehbar, angesichts anderer Werke von Miike, die viel krasser Grenzen überschreiten – man denke an „Audition“, „Visitor Q“ und ähnliches – aber auch etwas amüsant. „Crows Zero“ ist weder sein härtester noch sein bester Film, aber definitiv einer seiner unterhaltsamsten.

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