Dass man ein Che-Biopic nicht völlig wertfrei gestalten kann, liegt auf der Hand. Nicht einmal die seriöse Geschichtsschreibung kommt übereinstimmend zu einem Urteil über die humanitären Verdienste Ches, kaum eine historische Persönlichkeit ist so umstritten wie er. Der Massenmörder und Schlächter hier, der Befreier und Menschenfreund dort. In einem sind sich alle einig: Che Guevara ist eine der größten (medial geprägten) Ikonen des 20. Jahrhunderts.
Soderbergh hat sich auf die Seite der Wohlgesonnenen und Bewunderer Ches verschlagen. Der einstige Guerillaführer und Revolutionär kommt überaus gut weg, er wird als besonnener, disziplinierter und bodenständiger Freiheitskämpfer hingestellt. Zumindest bodenständig und realitisch, wie im Film weitestgehend kolportiert, sind zwei Eigenschaften die dem echten Che völlig abgingen. Eine kritische Auseinandersetzung mit den schwierigen Stellen in Ches Vita sucht man in Soderberghs Film vergebens, konkret lassen sich gerade einmal zwei Situationen im Film benennen, die seine politische Härte stilisieren: sein Plädoyer für die Notwendigkeit der Exekution bei der Rede vor der UN in der Höhle des Löwen, den USA, sowie die Befehlserteilung zur Exekution selbst. Darin kann man ebenso viel Kritik als auch Pflichtbewusstsein sowie Dienst zum "Schutze des Volkes" hineininterpretieren. Dieser Aspekt banalisiert den kritischen Ansatz, wenn er denn überhaupt als solcher gemeint war.
Rein stilistisch ist "Revolución" dagegen recht gut gelungen, Gewehrsalven und Sperrfeuer im tiefsten Dschungel von Kuba wechseln sich mit Schwarz/Weiß Bildern von Ches brisanter Rede vor der UN in New York, die beinahe dokumentarisch anmuten. Auch die Interview-Schnipsel, die hier und da wenn es gerade passt eingestreut werden, passen ganz gut in den Gesamtkontext.
Die Geschichte von der Revolution selbst wird recht nüchtern erzählt und driftet überraschenderweise auch gar nicht in heldenhafte Lobeshymnen auf "El Che" ab. Seine Popularität beim Volk, die Begünstigung durch Fidel, sein Sorge tragendes Wesen und sein Sinn für Gerechtigkeit, mehr oder weniger historischer Fakt, werden sehr authentisch und nicht allzu schwülstig veranschaulicht.
Der Film vermittelt keineswegs den Eindruck, Che sei über alles erhaben, er wird durchaus verwundbar gezeigt (Asthma) und erfüllt gewissermaßen das Anforderungsprofil eines Anti-Helden, bietet bedauerlicherweise aber kaum Angriffsflächen, die eine kritische Betrachtung seiner Person zulassen. Auffallend ist, dass er zwar immer im Mittelpunkt des Geschehens steht, jedoch hält ihn Soderbergh augenscheinlich immer etwas auf Distanz, psychologisch, was seine Gefühle und Beweggründe seines Handelns anbetrifft, ebenso wie bildtechnisch: nicht selten wird Del Toro aus größerer Entfernung erfasst und verschwindet so in einheitlicher Militärkluft ab und an in der Anonymität des Guerillakrieges. Dadurch wird der Eindruck erweckt, Che kämpfe an vorderster Front mit. Dieser Sinneseindruck und die präzise Darstellung kriegerischen Handelns sind den hervorragenden Kameraeinstellungen zu verdanken, die Bildästhetik ist ein großes Plus in "Che: Part One".
Der Handlungsbogen lässt aber leider nicht besonders viel Spannung zu, die vielen dargestellten Gefechte sind zwar wunderbar eingefangen, oft aber nur sehr kurz und trocken und werden bisweilen recht mühselig im geschichtlichen Rahmen abgehandelt, für die Revolution signifikante Strategien und Guerilla-Taktiken sind kaum ersichtlich. Immerhin erzeugt man dadurch keinen unnötigen Pathos. Erst gegen Ende in der strategisch wichtigen Stadt Santa Clara entwickelt sich ein dramatisches und mitreißendes Szenario, das den Weg nach Habana bereitet.
Ein Satz zu den Darstellern: Neben- wie Hauptrollen sind herausragend besetzt, Demián Bichir als Fidel Castro hinterlässt einen bleibenden Eindruck, Benicio Del Toro spielt routiniert, smart, kühl und facettenreich, und gibt, im beengten Rahmen der Drehbuch-Vorgaben, ein erstaunlich gutes Abbild Ches wieder.
Insgesamt ein leicht überdurchschnittlicher Film mit einigen unübersehbaren Schwächen, Steven Soderbergh zugute halten kann man, dass er trotz der Beweihräucherung seines Protagonisten, kein Hollywood-typisches Heldenepos erschaffen hat, sondern sehr bescheiden von dem Commandante Ernesto Geuvara und seinen Errungenschaften erzählt, sinnbildlich hierfür ist das relativ fade und emotionslose Ende nach dem grandiosen Sieg der Revolution. Ohne geschichtliches Vorwissen sei von diesem Film allerdings abgeraten, nicht nur bekommt man dadurch ein etwas verzerrtes Bild des kubanischen Volkshelden serviert, sondern vielmehr noch ist es der Verständlichkeit des Gesamtzusammenhanges nicht sehr zuträglich, weil unter anderem Ches Vorgeschichte, seine Ideale und seine Motive nicht wirklich behandelt werden.
Wertung: 6,5/10