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In Russland brachte es das Regietalent Timur Bekmambetow mit den Fantasyspektakeln Wächter der Nacht und dessen Nachfolger Wächter des Tages zu Kultstatus. Mit fantastischen Actionszenen und einer absurden Story, die von Fabelwesen nur so strotzt, standen diese Filme aktuellen Hollywoodproduktionen in nichts nach. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der russische Regisseur auch im Westen an ein Actionspektakel trauen würde. Universal gab ihm, wie sollte es auch anders sein, die Verfilmung des blutigen Comicstoffes Wanted an die Hand. Und er presste auch wirklich jeden Tropfen Blut aus diesem Stoff heraus.

Wesley Gibson (James McAvoy), der als Accountmanager in einem Großraumbüro arbeitet, wird täglich von seinen Kollegen schikaniert und hat ein blondes Dummchen zur Freundin, die ihn mit seinem besten Freund betrügt. Dazu leidet er unter Angstattacken, die er nur mit Tabletten unterdrücken kann. Eines Tages wird er von der attraktiven Fox (Angelina Jolie) in einem Supermarkt vor einem Killer gerettet, der es auf sein Leben abgesehen zu haben scheint. Sie offenbart ihm, dass er der Sohn eines ehrwürdigen Mitglieds der Bruderschaft sei, das durch den gefährlichen Abtrünnigen Cross (Thomas Kretschmann) ermordet wurde. Der Anführer dieser Vereinigung Sloan (Morgan Freeman) weiht den ungläubigen Wesley ein und weckt in ihm die geheimnisvollen Kräfte, die es ihm ermöglichen sollen, den Mörder seines Vaters zur Strecke zu bringen. Die Bruderschaft ist eine Vereinigung von hochbegabten Killern, die es sich zur Aufgabe gesetzt haben, Menschen für Taten zu bestrafen, die sie eines Tages begehen werden. Ihre Opfer werden durch Vorsehung benannt, die auf der Interpretation der Webarbeit einer riesigen Maschine beruht. Als Wesley gelernt hat mit einer Pistole um die Ecke zu schießen, glaubt er an seine Kraft und beginnt seine Jagd auf den Killer.

Die physikalischen Gesetze werden hier ordentlich auf den Kopf gestellt. Männer springen zwischen Wolkenkratzern hin und her, Autos fliegen und drehen sich durch die Luft, als gäbe es keine Schwerkraft und Pistolenkugeln fliegen 180 Grad-Kurven. Das ist alles sehr schön anzuschauen und macht durchaus Spaß, auch wenn es alles sehr an Matrix erinnert und man nicht mehr wirklich verblüfft ist. Aber jeder halbwegs gute Actionfilm seit den Wachowksi-Brüdern muss sich mit dem stilistischen Element der Superzeitlupenaufnahme beschäftigen. Was wirklich stört ist das, wofür diese Effekte benutzt werden. So vergeht keine Actionszene, in der nicht in einer Superzeitlupenaufnahme der Schädel irgendeines Killers durchlöchert wird. Das Töten wird zu einem Stilmittel erhoben und soll möglichst schön aussehen. So verschwimmen auch sehr schnell die Grenzen zwischen Gut und Böse, denn keine der beiden Seiten übt sich in Rücksichtnahme. Grausiges Fanal ist die Entgleisung eines vollbesetzten Zuges auf einer Brücke, der anschließend in die Tiefe stürzt. An Bord befinden sich die kämpfenden Protagonisten, aber auch dutzende Passagiere, die wohl alle den Tod finden.

Was jedoch positiv ins Auge fällt, sind die vielen kleinen bild- und tongestalterischen Details, mit denen Bekmambetow gekonnt spielt. So werden Gefühle wie Angst, Wut oder Liebe besonders intensiv erlebbar, weil sich die Optik der (digitalen) Kamera und der Ton besonders verändert. Auch die leichte Selbstironie, mit der der Film beginnt, sie aber leider viel zu früh an den gezwungenen Ernst verliert, sticht heraus.

Etwas verloren wirkt hingegen der Hauptdarsteller James McAvoy, der durchaus sein schauspielerisches Potenzial in früheren Filmen unter Beweis gestellt hat. So lange er den untergebutterten Looser, aber dennoch liebenswürdigen Zyniker spielt, ist er brillant. Die Rolle des eiskalten Rächers nimmt man ihm leider nicht ab. Morgan Freeman und Angelina Jolie spulen souverän ihr Können ab. Ihre Rollen hätte aber auch genauso gut jeder andere spielen können.
Ein Charakterfilm ist dieser weiß Gott nicht. Das wird man von ihm auch nicht verlangen können. Erstaunlicherweise ist es aber gelungen, eine so hochgradige Besetzung für diesen trashigen Stoff zu gewinnen. Dieser Cast und die gelungenen, verspielten Spezialeffekte bringen die Pluspunkte, die ansonsten in einem Meer aus Gewalt und Blut ertrunken wären.

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