Die alte Geschichte: hast du keine eigenen Ideen parat, verfilme die von anderen (Ländern) ganz einfach für den eigenen Markt noch einmal neu, dann sprechen auch alle englisch.
So geschehen bei zahllosen US-Remakes asiatischer Horrorfilme der letzten Jahre, da ist es nur zu logisch, wenn irgendwann die zweitkreativste Restwelt-Horrorindustrie der Moderne, die von Spanien jetzt dran ist.
Mit „Quarantäne“ widmet sich John Erick Dowdle dem spanischen Festivalerfolg und Handkameraschocker „[REC]“, der es schaffte, seinem Publikum in seiner komprimierten Terrorkinowirkung mal wieder ordentlich Angst zu machen.
Inhalt des Originals wie des Remakes ist das Band eines zweiköpfigen TV-Teams (Kameramann, Journalistin), die eigentlich nur eine Nacht auf einer Feuerwache dokumentieren wollten, aber über einen ersten Einsatz in ein Wohnhaus geraten, wo eine Art monströser Krankheit ausgebrochen ist, die die Mieter in tollwütige, blutgierige Monstren mutieren läßt. Wenn das jedoch erst mal feststeht, haben die Behörden das Gebäude jedoch schon komplett abgeriegelt und die Seuchenschutzbehörde quittiert Fluchtversuche mit scharfer Munition, was die Situation drinnen irgendwo zwischen Panik und Hysterie aufschäumen läßt.
Inhaltlich geändert hat man an der Vorlage denkbarerweise nur wenig.
Die Vorlage war ein gerade mal 70minütiges Stück Terrorkino vom Feinsten, das sich der aufufernden Situation zugunsten der Publikumsreaktion widmete und den Zuschauer den Insassen gleichsetzte, die sich auf die Extremsituation wie weilend eine Flipperkugel nie einstellen konnte.
Trotzdem ist es den Amis gelungen, den Film um 15 Minuten mehr aufzublasen, um ein Publikum nicht zu sehr zu brüskieren, daß die übliche Dramaturgie gewohnt ist.
Das bedeutete, dem Plot ein bißchen zusätzliches Fleisch anzuflanschen. Die noch ruhigen, freundlichen Szenen auf der Feuerwache wurden ausgeweitet, zum Krankheitsausbruch gab es ein paar mehr Theorien, einige Figuren wurden extra hinzugedichtet (wie einen alkoholisierten Mieter und einen ebenfalls befallenen Hund).
Was aber im Wesentlichen gewollt wurde, ist die Betonung der bedrohlichen Situation und genau da geht der Schuß leider verstärkt nach hinten los.
Anders als bei „[REC]“ setzt man die Seuchenschutzbehörde noch mehr als finstere Hintermänner in Szene, denen Menschenleben im Gebäude aus Sicherheitsgründen scheißegal sind und die noch Lebenden schon mal pro forma für evakuiert (und damit für tot) erklären. Die schotten die Insassen nicht nur ab, sondern drehen auch in kürzester Zeit das Licht ab (anders als im Original, wo das Licht nach etwa einer Stunde einfach nicht mehr ging), so daß der Restfilm in derartiger Halbfinsternis abläuft, daß das Paranoiakino wahre Triumphe feiern kann.
Dazu ergänzte man den Goregehalt (der schon ansehnlich war) um einen weiteren Zähler, was durch die Mehranzahl an Mietern natürlich unterstützt wurde. Einiges davon ist recht kreativ (so etwa der notgedrungene Mord durch die Handkamera, mit der der Kameramann eine Infizierte drastisch erschlägt), der Rest suhlt sich in Matsch, Blut, Eiter und anderen Körpersekreten, die aus mancherlei Öffnungen rinnen.
Hier wie dort gibt es relativ wenig Identifikationsfiguren, wobei der Zuschauer ja notgedrungen zu der Reporterin Angela Vidal greifen muß, weil sie ständig vor der Linse rumtanzt. Die journalistische Rotzigkeit hat man hier etwas runtergetönt, stattdessen kriegt man mit Jennifer Carpenter einen furchtbaren Fall von jugendlicher Viva-Generation-Moderöse geboten, die einem in kürzester Zeit herzerfrischen auf den Sack geht (die Frau ist schon in „Dexter“ ein verzichtbarer Inkompetenzfaktor).
Später ergibt sich auch „Quarantäne“ komplett der Massenhysterie und dem immer stärker werdenden Handkameragewackel (das Original blieb dagegen fast statisch) und standet in endlosem Geschreie und Hyperventiliere, wenn der Zuschauer wirklich mal interessiert die Ausschnitte der Umgebung sehen möchte, die die Kamera zuläßt.
Ansonsten hat man sich lediglich eine andere Variante für die Begründung der Krankheit einfallen lassen, die Szenen, in der sich die Insassen nicht eben durch sonderliche Überlegung oder Nachvollziehbarkeit in ihren Handlungen auszeichnen blieben drin, wirken aber durch die längere Charakterzeichnung noch etwas intensiver blöde (etwa wenn man versucht, ein offensichtlich infiziertes Kind ohne Hilfsmittel so einzufangen und dieses dann die Verfolger prompt zerfleischt).
Alles in allem immerhin ein akzeptabler Beitrag zur Remakewelle, jedoch nicht weniger unnötig, als die meisten Beiträge der Amis, denen nichts Neues zu vorliegenden Themen einfällt, wenn es darauf ankommt, einen schnellen Cash-In zu veranstalten. Das Problem: die Fans von „[REC]“ brauchen den gleichen Film eigentlich nicht noch mal, allerhöchstens vergleichende Neugier wird sie in die Säle treiben. Ansonsten wirkt der Film in dem Zombiefilm-Tsunami, der seit einigen Jahren am DVD-Markt herrscht, letztendlich dann zu beliebig, um mehr als einen Achtungserfolg zu erzielen. Drei Wochen auf der Spätfilmschiene und dann ab ins Videothekenregal – da wird die Kohle gemacht. (5/10)