"Die weiße Göttin der Kannibalen" von Sergio Martino
Um ihren vermißten Macker zu suchen heuert eine reiche Schnepfe einen Trupp Kerle an, der den Verschwundenen in einem Dschungel bei Neu Guinea suchen soll. Sie selbst lässt sich nicht nehmen, an der gefährichen Expedition teilzunehmen. Nur dumm, dass der heilige Berg, den sie zu untersuchen sich vorgenommen haben, noch immer von einem ausgestorben geglaubten Kannibalenstamm bevölkert wird...
...und so kommt es wie es kommen muss: die meisten der Knallchargen dürfen vorzeitig aus dem Geschehen "ausscheiden". Schließlich sind diese Kannibalen gewöhnlich ohne Gnade und immer hungrig.
Eines mal vorab: ich hätte Sergio Martino einiges mehr zugetraut, aber andererseits hat der Film seine ganz eigenen Qualitäten, die ihn von seinen Subgenre-Kollegen abgrenzen.
Der Anfang dieser Produktion ist schon sehr schwach: einige Tiere sterben, ein dümmlicher Dialog und völliges Fehlen von Spannung. Dann tritt Stacy Keach auf, der im Gegensatz zu der Andress noch eine recht frische Ausstrahlung hat und den Film regelrecht vor dem Abgrund bewahrt. Hauptaugenmerk wird zunächst nicht auf die eigentliche Kannibalen-Thematik gerichtet, sondern auf das Mißtrauen der Gruppe untereinander (wenn der allzu offensichtliche Titel nicht wäre, dürfte der Gucker bis zur Hälfte des Films nicht einmal merken, dass es um Kannibalen geht). Ein großer Teil des Filmmaterials wurde allerdings benutzt, um Tieren beim sterben zuzusehen. Selbst wenn man mal die verachtenswerte Handlung, Tiersnuff zu filmen (und zu fördern) außer Acht lässt, so zeigt sich an der Fülle solcher Szenen doch die Hilflosigkeit eines kaum vorhandenen Drehbuches. Das hier hat gar nichts mehr mit "Die-Gefahren-des-Dschungels-aufzeigen" oder "Die-Grausamkeit-der-Eingeborenen-unterstreichen" zu tun. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass hierbei keine Attrappen benutzt wurden. Gerade bei Martino, dessen "Mannaja" doch sehr beeindruckend war, hätte man solche Exzesse nicht erwartet. Abgesehen von der seelischen Grausamkeit am Zuschauer gibt es in der ersten Hälfte kaum Gewalt gegen Menschen. Vergleichsweise viel Zeit wird auf die Charakterisierung der Figuren verwendet. Am Schluss wird die Gruppe natürlich fachgerecht dezimiert, gefressen, geköpft, aufgespießt, was auch immer. Hierbei wird der Film recht dynamisch und auch brutal, was die Produktion bei Exploitationfreunden sehr begehrt machen dürfte.
Der große Unterschied zu üblichen Kannibalenschockern?
Das (dünne) Skript und die Regie legen wert auf die Inszenierung eines Abenteuerfilms, so wird im Gegensatz zu den eher "Mondo"-gearteten Vorgängern nicht so sehr der Ureinwohner als Primitiver in den Mittelpunkt gestelltl.
Beste Idee des Films:
Der vermißte Forscher, der von den "Puka" ( den Kannibalen) zum Gott erkoren wird, nachdem sie ihm seinen Geigerzähler in seine Brust gestopft haben, der nun sozusagen als Herz weiterschlägt und den Gammel-Mann unsterblich macht.
Musik und Photographie sind schon in Ordnung, auch wenn man sich offensichtlich keine große Mühe gemacht hat.
Fazit: Wer den Tiersnuff-Terror irgendwie übersteht, wer also weder heult (man fragt sich, ob die Produzenten nicht absichtlich den kleinen Affen vor die Riesenboa geworfen haben) oder kotzt, darf sich bei Martinos Dschungel eigentlich ganz gut aufgehoben fühlen, immerhin hat die zweite Hälfte schon recht viel von einem Spielfilm (für eine Kannibalenproduktion).
PS: Das Verbot in Zensurland ist wirklich nicht gerechtfertigt, weil der Regisseur die blutigen Szenen bei weitem nicht so in den Vordergrund stellt wie seine Kollegen. Außerdem ist das Verbot nicht wegen der ekligen Tier-Real-Szenen ausgesprochen worden, sondern wegen der mittelmäßigen Spezialeffekte. Unsinn hoch vier.
Härtegrad: 6 von 10
Gesamteindruck: 5 von 10